Champagner-Fonds
zurück, und er bedeutete Thomas, dasselbe zu tun. Ihn beschlich der Verdacht, dass der Winzer Touraine von ihrem Besuch benachrichtigen würde, sobald sie das Haus verließen. Bislang war die Verbindung zu Drappier und Louise nicht bekannt, und das musste so bleiben. Thomas äußerte allerdings den Verdacht, dass das abweisende Verhalten des Winzers auch darin begründet sein mochte, dass er Deutsche nicht leiden konnte.
Da ihr Gespräch nicht länger als fünfzehn Minuten gedauert hatte, machten sie sich früh auf den Rückweg. Philipp überlegte, ob sie noch in Château-Thierry bei Pannier vorbeifahren sollte. Es gab dort einen Amerikaner, der ihm von einem Optionsgeschäft berichtet hatte, wofür eine Million gezahlt worden war. Der Champagner war nie abgerufen worden, die Million war verloren. Aber Philipp fühlte sich immer unwohler. Das Spiel war vorbei. Was er als interessante und zusätzliche Variante seines Berufs begriffen hatte, entwickelte sich zu einer ernsten Angelegenheit, deren Folgen nicht abzusehen waren.
Das Motorrad vor dem »Maison Delaunay« war fast ein gewohnter Anblick. Sie kamen den Berg herab, Philipp kuppelte aus und ließ den Wagen langsam von hinten auf das am Straßenrand stehende Motorrad zurollen. Der Fahrerbemerkte sie nicht, erst als Philipp einen Meter hinter der Maschine den Motor im Leerlauf hochjagte, fiel der Fahrer vor Schreck fast über den Lenker, wobei sein Helm zu Boden polterte. In panischem Entsetzen raste er los, prallte in der nächsten Kurve fast gegen eine Mauer und verschwand.
Thomas ergötzte sich an der Szene, stieg aus, nahm den Helm und steckte ihn in Siegeslaune auf die höchste Sprosse des eisernen Gartenzauns des »Maison Delaunay«, wie den Kopf eines Feindes. Die Kampfansage war eindeutig.
»Ich fahre heute nach Hause, ich wüsste nicht, was wir momentan noch tun könnten«, meinte Thomas nach dem Mittagessen, »außer dass wir heute Abend mal beim General vorbeischauen und ihm die Flasche bringen. Vielleicht weiß der noch was.«
»Ich möchte dich bitten, erst morgen zu fahren, ich habe heute noch einiges zu erledigen, und ich möchte nicht, dass du unter diesen Umständen allein in Köln bist.«
»Unter welchen Umständen?«
»Tu nicht so, als wüsstest du nicht, was ich meine. Sei nicht leichtsinnig, Thomas. Wir werden überwacht, ich habe eine von denen ins Krankenhaus gebracht, mit dem Fonds stimmt vieles nicht, es würde mich nicht wundern, wenn das hier ein groß angelegter Schwindel wäre ...«
»Du willst nur zu deiner Champagnerwitwe«, sagte Thomas und merkte sofort, dass er sich im Ton vergriffen hatte.
Philipp nahm es gelassen auf. »Möglicherweise ergibt sich eine geschäftliche Verbindung ...«
»So erklärt man das heute seinen Kindern? Nur was soll ich Helena erzählen, wenn du nicht kommst?«
»Sag ihr, was du willst. Aber heute bleibst du hier. Basta!«
Am späten Nachmittag war Philipp wieder bei Louise. Sie erläuterte ihm ihre Geschäftsideen, gab ihm einen Überblick über den wirtschaftlichen Stand ihres Unternehmens und sprach von der Chance einer gemeinsamen geschäftlichen Zukunft. Es war nicht ausgesprochen, doch es schwang in ihren Worten mit, dass sie dabei nicht nur berufliche Perspektiven meinte, sondern durchaus auch persönliche. Philipp sah darin keine böse Absicht. Er begann Louise zu schätzen, sie hatte Witz, sie gefiel ihm, verstand ihr Geschäft und ließ sich nicht einschüchtern, aber er hatte sich noch nicht entschieden. Der Umbruch war nah, er bewegte sich darauf zu, doch es ging ihm zu schnell. Außerdem widerstrebte es ihm, wieder die Nummer zwei zu sein.
Er trat an den Bach in ihrem Garten, der zwischen den bemoosten Mauern unter schattigen Bäumen angenehm murmelnd dahineilte. Nach dem heißen Tag hatte er seine Kühle genossen, der Abend war warm genug, um lange draußen zu sitzen, und Louise ließ in der steinernen Laube zum Abendessen decken. Eine Flasche Rosé steckte im Sektkühler. Wie aufmerksam, dass sie sich daran erinnert hatte, dass dieser ihm am besten gefallen hatte.
Als der geschäftliche Teil ihrer Unterredung beendet war, wandten sie sich dem Essen zu. Dabei sprachen sie über sich, über Freunde, was sie an ihnen schätzten, jeder erfuhr, was dem anderen wichtig war. Es war ein sehr intimes Gespräch. Sie erzählten von ihren Kindern und wie sie damit zurechtkamen, allein zu leben. Es sagte keinem von beiden zu. Fast zwangsläufig kamen sie auf Deutschland
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