Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Champagner-Fonds

Champagner-Fonds

Titel: Champagner-Fonds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Grote
Vom Netzwerk:
zu sprechen.
    »Unser Verhältnis zu Ihrem Land hat sich nach dem Krieg total gewandelt«, meinte Louise, woran ihr Großvater den wichtigsten Anteil habe. »Sein deutscher Arbeitgeber hat ihn versteckt, als das Ende des Krieges abzusehen war, damit er zuletzt nicht doch noch deportiert oder erschossen würde. Und dann haben sie gemeinsam seine Flucht geplant.«
    »Es wird schwierig gewesen sein, quer durch Feindesland, ohne Sprachkenntnis   ...«
    »Eben nicht«, sagte Louise und lachte verschmitzt. »Mein Großvater hat in der Gefangenschaft Deutsch gelernt und hatte unverschämtes Glück. Er war am Kaiserstuhl bei einem Winzer   ...«
    Philipp hatte neulich bei ihrer Andeutung in dieser Richtung schon mal kurz daran gedacht.
    »...   mit der Familie sind wir bis heute eng befreundet, wir sind sozusagen zu einer Familie geworden. Wir verstehen uns mit allen großartig, bis auf Helena. Sie ist die Enkelin meines Großvaters, ich meine des deutschen. Zwischen uns beiden kam es zum Bruch. Oft sind es die Ehemänner, die Freundschaften auseinanderbringen. Das ist zwanzig Jahre her.«
    »Andersrum funktioniert es genauso gut«, warf Philipp ein und sah seine Befürchtungen bestätigt. »Aber wenn man sich auseinanderbringen lässt?«
    »Mag sein, aber das interessiert mich wenig. Helena ist exakt in meinem Alter, wir waren dicke Freundinnen. Dann hat sie einen Kölner geheiratet, durch ihn habe ich zwei Worte gelernt, die ich vorher nicht kannte: Kölscher Klüngel. Damit ging unsere Freundschaft in die Brüche.«
    »Wieso das?«, fragte Philipp und tat so neugierig wie möglich, um seinen Schrecken zu überspielen. »Sie waren hoffentlich nicht in denselben Mann verliebt?« Das konnte nicht sein, dass er sich erst in die eine und dann in die andere der zerstrittenen Freundinnen verliebte.
    Louise schaute an Philipp vorbei, während sie sprach. »Es fing damit an, dass Helenas Mann ihre Familie nicht mehr gut genug war. In seinen Augen waren das Bauern, zwar Weinbauern, aber trotzdem Bauern. Das hat er sie spüren lassen. Er, ein Niemand aus der Großstadt, hat sich eingebildet, was Besseres zu sein, über ihr zu stehen, hat nur an Netzwerken geknüpft, auch hier hat er es versucht. Wiesosie sich das hat gefallen lassen, ist mir schleierhaft. Vielleicht hat sie auch einen Hang zu   ... derartigen Kreisen, jedenfalls hat sie sich rüberziehen lassen. Das nehme ich ihr übel. Sie hatte keinen Grund, ihre Familie zu verleugnen. Er wollte groß ins Champagnergeschäft einsteigen, den wichtigen Importeur abgeben, dabei hatte er von Wein und Champagner nicht den geringsten Schimmer. Er hat die absurdesten Forderungen gestellt – er hat sich aufgeführt wie der Klaebisch persönlich. Daran ist letztlich meine Freundschaft mit Helena gescheitert.«
    »Wer ist das, Klaebisch?«
    »Ach, das ist bei uns ein geflügeltes Wort. Klaebisch war während der Besatzung der ›Weinführer Champagne‹. Sein Schwager war der deutsche Außenminister Ribbentrop, und der war wiederum der Schwiegersohn des deutschen Sektkönigs Otto Henkell. Henkell Trocken wird Ihnen ein Begriff sein? Damals, im Krieg, war es Frankreich verboten, ins Ausland und an Franzosen zu verkaufen – nur an Deutsche war es erlaubt. Da haben viele den Nazis billigen, mit Kohlensäure versetzten Wein untergeschoben. Auf den Etiketten stand, dass sie für die Wehrmacht reserviert waren, ›zur Aufrechterhaltung der Moral der Truppen‹, wie es hieß. Dieser Klaebisch soll ein Pfau gewesen sein, der hat die Uniform nie ausgezogen und liebte den Prunk. Meine Großmutter erinnerte sich gleich an ihn, als Helena mit ihrem Mann hier auftauchte, deshalb der Vergleich. Er hat genauso erbärmliche Preise für Champagner geboten wie Klaebisch. Schilling heißt sie heute, sie hat zwei Töchter, die auch nach dem Vater schlagen. Vielleicht ist er Ihnen mal über den Weg gelaufen? Man weiß ja nie   ...«
    »Ich hatte nicht das Vergnügen«, antwortete Philipp, und es war nicht gelogen.
    »Dieser Schilling hat bei uns mit seinem großspurigen Auftreten kein Bein auf den Boden bekommen.«
    »Und Sie glauben, Madame, mir würde das gelingen?«
    »Sie stehen bereits mit beiden Beinen mittendrin.«
    Meinte Louise die Champagne, oder sprach sie von ihrem Château? Die Nacht jedenfalls verbrachte er im Gästezimmer. Um zu später Stunde nach Avize zurückzufahren, hatte er zu viel getrunken, aber er war nüchtern genug, den gebotenen Abstand zu halten, obwohl Louise ihm sehr

Weitere Kostenlose Bücher