Champagner und Stilettos
zurück ins Schlafzimmer. Eine winzige Genugtuung, aber immerhin. Sie würde das hier überstehen.
13
Götter und Krankenschwestern
passen nicht zusammen
»Nicht vergessen, ihr zwei: Händchen halten, lächeln und locker bleiben. Ihr seid glücklich und verliebt und schert euch keinen Dreck um irgend so eine billige, publicitygeile Schlampe. Die habt ihr nicht auf dem Schirm. Sind wir so weit?«, trötete Leo in der Limousine, keinen Meter von ihnen entfernt.
»Wir sind so weit …«, murmelte Julian.
»Steigt der Adrenalinspiegel? Das soll er auch! Fühlt ihr es?« Er spähte aus dem Fenster zu der Frau mit dem Klemmbrett, die per Handzeichen den Künstlern signalisierte, wann es für sie losging. Julians Marsch über den roten Teppich sollte um Punkt sechzehn Uhr fünfundzwanzig beginnen, laut Brookes Handy also in exakt einer Schreckensminute.
Fühlen wir was genau? , hätte Brooke gerne gefragt. Fühlen wir uns beschissen? Fühle ich mich, als würde ich mich freiwillig auf einen Todesmarsch begeben? Tja, wenn ich auch nur einen Funken gesunden Menschenverstand hätte, würde ich auf der Stelle umkehren, aber da ich viel zu konfliktscheu bin, um so ein Bohei zu machen, gehe ich brav hin wie ein Lamm zur Schlachtbank. Jawohl, du Armleuchter, ich würde mal sagen, genau das »fühle« ich.
»Ich will euch nichts vormachen, Leute – das sind die reinsten Piranhas.« Leo breitete die Hände aus. »Ich sag’s bloß, damit ihr wisst, was auf euch zukommt. Ignoriert sie einfach, lächelt und genießt den Moment. Ihr macht das super.« Sein Handy brummte, er sah kurz drauf, drückte dann auf den Knopf, mit dem die Zentralverriegelung aufgehoben wurde, und wandte sich Brooke und Julian zu.
»Es ist Zeit. Los geht’s!«, krähte er und stieß die Tür der Limousine auf. Im nächsten Moment blendete Brooke das Blitzlichtgewitter, drang ihr schmerzhaft durch Mark und Bein, doch das war noch gar nichts im Vergleich zu den Fragen, die auf sie einprasselten.
»Julian! Wie fühlen Sie sich bei Ihrer ersten Grammy-Feier?«
»Brooke! Möchten Sie einen Kommentar zu den Bildern in der neuesten Ausgabe der Last Night abgeben?«
»Julian! Schauen Sie hierher! Hierher! Haben Sie eine Affäre?«
»Brooke! Drehen Sie sich um! Hierher, zur Kamera! Wen tragen Sie heute?«
»Brooke! Wenn Sie einen Satz zu dem Partyluder vom Chateau sagen könnten, wie würde er lauten?«
»Julian! Nach links! Ja, genau so! Halten Sie an Ihrer Ehe fest?«
»Julian! Ist es ein unwirkliches Gefühl, über den roten Teppich zu laufen, wo Sie vor einem Jahr noch niemand kannte?«
»Brooke! Glauben Sie, es ist Ihre Schuld, weil Sie äußerlich nicht der Hollywoodnorm entsprechen?«
»Was würden Sie all den jungen Frauen sagen, die uns jetzt zusehen?«
»Julian! Würden Sie sich wünschen, dass Ihre Frau Sie öfter auf Reisen begleitet?«
Es war, als hätte jemand um drei Uhr morgens plötzlich im Schlafzimmer die Flutlichtanlage eingeschaltet: Brookes Augen spielten einfach nicht mit, und jedes Zwinkern bereitete ihr nur noch größere Pein.
Sie wandte sich kurz zu der kamerafreien Zone hinter ihnen um und sah Nicole Kidman mit Keith Urban aus einer schwarzen Stretchlimousine steigen. Warum gebt ihr euch mit uns ab, wenn es hier echte Promis gibt? , hätte sie am liebsten gebrüllt. Erst als sie sich erneut umdrehte und feststellte, dass ihre Augen sich an die grellen Lichtblitze gewöhnt hatten, sah sie ein endloses rotes Meer vor sich. War es eine Meile lang? Zwei? Zehn? Die Leute, die schon ein Stück weiter waren, wirkten ganz ungezwungen, um nicht zu sagen entspannt. Sie standen in kleinen Grüppchen auf dem Teppich herum, schwatzten seelenruhig miteinander oder mit den Reportern, posierten routiniert für die Kameras und setzten bei jeder Drehung ein professionelles Breitwandlächeln auf. Ob sie, Brooke, das auch so hinbekam? Falls sie, das war die sehr viel drängendere Frage, den nächsten, nicht enden wollenden Teppichabschnitt irgendwie überlebte?
Und dann kamen sie in Gang. Sie setzte einen Sandalettenfuß vor den anderen, das Kinn hochgereckt, die Wangen höchstwahrscheinlich flammend rot, und ließ sich von Julian durch das Gewühl führen. Auf halbem Weg zum Eingang legte ihnen Leo je eine heiße, schweißnasse Hand auf die Schulter, schob sich mit dem Kopf zwischen sie und sagte: »Da vorne rechts kommt einer von E!News. Wenn er ein Interview will, bleibt stehen und redet mit ihm.«
Brooke sah in die Richtung. Ein
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