Champagner und Stilettos
Bettkante des Mädchens. »Aber wenigstens haben Sie auf die Weise hergefunden und wissen nun, wie wichtig die regelmäßige Einnahme von Vitaminen ist.«
»Und gibt’s da … vielleicht so Probepackungen, die Sie mir mitgeben können, oder so?« Alisha ließ noch immer den Kopf hängen.
»Das müsste sich machen lassen.« Brooke lächelte, obwohl sie sich im Stillen Vorwürfe machte, dass sie Alisha nicht gefragt hatte, ob sie sich die Vitamine überhaupt leisten konnte. »Mal sehen. Sie haben noch sechzehn Wochen bis zum Geburtstermin … Ich hinterlege Ihnen einen ausreichenden Vorrat im Schwesternzimmer, okay?«
Alisha schaute erleichtert auf. »Danke«, sagte sie leise.
Brooke drückte ihr den Arm und trat wieder durch den Vorhang. Nachdem sie Alishas Vitamine besorgt hatte, hastete sie in den tristen Pausenraum im vierten Stock, ein fensterloses Kabuff mit einem Resopaltischchen, einem Mini-Kühlschrank und einer Wand voller Spinde. Wenn sie sich beeilte, konnte sie vor ihrem nächsten Termin noch schnell einen Happen essen und eine Tasse Kaffee trinken. Froh, den Raum leer und die Kaffeekanne voll vorzufinden, holte Brooke das Tuppertöpfchen mit den Apfelschnitzen aus ihrem Spind und bestrich sie mit Bio-Erdnussbutter. Kaum hatte sie den Mund voll, klingelte prompt ihr Handy.
»Alles okay?«, meldete sie sich mümmelnd.
Verdutztes Schweigen am anderen Ende. »Aber sicher, Kindchen«, antwortete ihre Mutter dann. »Wieso auch nicht?«
»Weil ich sehr viel zu tun habe, Mom. Deshalb ist es ein bisschen schwierig mit dem Telefonieren.« Eine Lautsprecherdurchsage übertönte die letzte Hälfte ihres Satzes.
»Wie bitte? Ich hab dich nicht verstanden.«
Brooke seufzte. »Egal, nicht so wichtig. Was gibt’s denn?« Sie stellte sich vor, wie ihre Mutter in ihren üblichen Khakihosen und Mokassins in der kleinen Küche ihrer Wohnung in Philadelphia auf und ab wanderte. Obwohl sie sich mit endlosen Lesegruppen, Theaterzirkeln und Wohltätigkeitsaktivitäten die Zeit vertrieb, schien sie immer noch viel zu viel davon übrig zu haben, weshalb sie ständig ihre Kinder anrief und fragte, warum sie nicht zurückriefen. Natürlich war es schön, dass ihre Mutter ihren Ruhestand genießen konnte, aber als sie noch täglich von sieben bis um drei unterrichtet hatte, war sie wesentlich weniger klettig und anstrengend gewesen.
»Warte mal …« Statt der Stimme ihrer Mutter war kurz die von Oprah zu hören, bevor auch die abrupt abbrach. »So, das ist besser.«
»Wow, du hast Oprah abgeschaltet. Dann muss es ja wirklich wichtig sein.«
»Sie interviewt schon wieder Jennifer Aniston. Ich kann’s nicht mehr hören. Ja, sie ist über Brad hinweg. Ja, sie genießt es, über vierzig zu sein. Ja, es ist ihr noch nie besser gegangen. Wir haben’s kapiert. Wieso müssen wir es dann ständig wieder aufwärmen?«
Brooke lachte. »Hör mal, Mom, kann ich dich später zurückrufen? Meine Kaffeepause ist fast um.«
»Sicher, Kindchen. Dann musst du mich aber daran erinnern, dir das von deinem Bruder zu erzählen.«
»Was ist los mit Randy?«
»Nichts ist los mit Randy – im Gegenteil sogar. Aber das kann warten. Du hast ja keine Zeit.«
»Mom …«
»Es war rücksichtslos von mir, dich während deiner Schicht anzurufen. Ich hab einfach nicht –«
Brooke seufzte hörbar. »Muss ich dich erst anflehen?«
»Ist schon gut, Liebes. Ich hab mir einfach den falschen Moment ausgesucht. Wir können später darüber reden.«
»Okay, Mom. Hiermit flehe ich dich an, mir von Randy zu erzählen. Bitte sag mir, was mit ihm los ist. Bitte!«
»Also gut, wenn du drauf bestehst … Randy und Michelle sind schwanger.«
»Sie sind was ?«
»Schwanger, Schätzchen. Sie kriegen ein Kind. Sie sind noch ganz am Anfang – in der siebten Woche, glaube ich –, aber der Arzt sagt, es scheint alles in Ordnung zu sein. Ist das nicht wunderbar?«
Im Hintergrund ging der Fernseher wieder an, leiser diesmal, aber man hörte trotzdem Oprahs unverkennbares Lachen.
»Wunderbar?« Brooke legte ihr Plastikmesser hin. »So würde ich das nicht nennen. Sie kennen sich doch erst seit einem halben Jahr. Sie sind nicht verheiratet. Sie leben ja noch nicht mal zusammen.«
»Seit wann bist du denn so prüde?«, fragte Mrs. Greene vorwurfsvoll. »Ich hätte nie gedacht, dass meine kultivierte, kosmopolitische Tochter so eine Spießerin ist.«
»Mom, was ist denn bitte schön spießig daran, wenn man sagt, dass die Leute erst mal eine feste
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