Champagner und Stilettos
seinem Kaffee; es war unklar, ob er Julians Ankündigung überhaupt gehört hatte. »Wir haben morgen die Bennetts und die Kamens zum Dinner da, und deine Mutter macht sich deswegen natürlich wieder ganz verrückt. Herrgott, als ob die Entscheidung zwischen Seezungenröllchen und geschmorten Rippchen eine Frage von nationaler Bedeutung wäre. Und die Blumen erst! Letztes Wochenende hat sie den halben Nachmittag mit Aussuchen zugebracht, und sie schwankt immer noch. Ich habe es ihr schon tausendmal gesagt: Kein Mensch interessiert sich für die Blumen; sie werden nicht mal bemerkt. Ist dasselbe wie auf diesen luxuriösen Hochzeiten. Da gibt man Zehntausende für Berge von Orchideen aus, oder was sonst gerade Mode ist, und wer schaut die verdammten Dinger überhaupt an? Eine kolossale Verschwendung, wenn ihr mich fragt. Das Geld wäre in erstklassigen Speisen und Getränken sehr viel besser angelegt – deswegen geht man doch auf so eine Feier.« Er trank einen Schluck und sah sich in der Runde um. »Hm, wo waren wir gerade stehen geblieben?«
Cynthia überspielte taktvoll den peinlichen Moment: »Also, wenn das nicht die beste Nachricht ist, die man sich vorstellen kann!« Brookes Vater nickte beifällig. »Wo wird dein Auftritt denn stattfinden? Wie viele Leute sind dazu eingeladen? Weißt du schon, was du spielen wirst?«, fuhr Cynthia eifrig fort. Ausnahmsweise fand Brooke ihre Neugierde einmal nicht nervtötend. Das waren genau die Fragen, die seine Eltern ihm hätten stellen müssen. Aber darauf konnte man lange warten. Julian war sichtlich erfreut über Cynthias Interesse.
»Es findet in einem kleinen Club downtown statt, und mein Agent sagt, sie hätten etwa fünfzig Leute aus der Branche eingeladen – vom Rundfunk, Fernsehen, MTV und so, Konzertmanager, Produzenten, was weiß ich. Wahrscheinlich wird nicht viel dabei rauskommen, aber es ist immerhin ein gutes Zeichen, dass Sony mit der Plattenaufnahme zufrieden ist.«
»Sie organisieren selten Konzerte für Leute, die sie neu unter Vertrag haben«, erklärte Brooke stolz. »Julian ist viel zu bescheiden – das hier ist echt eine Riesenchance.«
»Na, wenigstens eine gute Nachricht«, sagte seine Mutter, als sie wieder auf der Couch Platz nahm.
Julian presste die Lippen zusammen und ballte unwillkürlich die Fäuste. »Mom, sie haben mich monatelang in jeder Weise unterstützt, während das Album Gestalt annahm. Erst haben die Ober-Muftis ein bisschen rumgemault, sie wollten mehr Gitarrensound, okay, haben sie gekriegt, aber seitdem ist alles in Butter. Darum weiß ich wirklich nicht, was dieser ironische Ton soll.«
Elizabeth Alter sah ihren Sohn einen Moment lang mit verwirrter Miene an. »Ach, Schätzchen, ich hab doch von L’Olivier gesprochen. Die gute Nachricht ist, dass sie genug von den Calla-Lilien vorrätig haben, die ich wollte, und dass mein Lieblingstischdekorateur einen Termin frei hat, um sie zu arrangieren. Sei doch nicht so empfindlich.«
Brookes Vater warf ihr einen Blick zu, als wollte er sagen, was ist denn mit der los ? Brooke zuckte mit den Schultern. Genau wie Julian hatte sie sich längst damit abgefunden, dass seine Eltern sich niemals ändern würden. Darum hatte sie auch hundertprozentig zu ihm gestanden, als er das Angebot der Alters abgelehnt hatte, dem jungen Paar eine Eigentumswohnung auf der Upper East Side zu kaufen, ganz in der Nähe ihrer eigenen. Darum mühte sie sich lieber mit zwei Jobs ab, als den »Zuschuss« anzunehmen, mit dem sie sie unterstützen wollten, denn natürlich wären daran auch Bedingungen geknüpft gewesen.
Bis Carmen verkündete, der Brunch sei angerichtet, war Julian völlig verstummt und hatte sich – Brooke nannte es seinen »glasigen Blick« – in sich selbst zurückgezogen. Cynthia sah in ihrem Polyesteranzug verschwitzt und zerknittert aus. Selbst Brookes Vater, der sich immer noch wacker um verbindliche Konversation bemühte (»Nimmt der Winter denn dieses Jahr nie ein Ende?«), wirkte entmutigt. Normalerweise hätte Brooke sich für das ganze Elend verantwortlich gefühlt – schließlich waren sie alle ja nur wegen ihr und Julian hier zusammengekommen –, doch heute ließ sie mal den Dingen ihren Lauf. Warum soll nur einer leiden ?, dachte sie und entschuldigte sich, um zur Toilette zu gehen, steuerte aber stattdessen die Küche an.
»Wie läuft’s da drinnen, Kindchen?«, fragte Carmen, während sie Aprikosenmarmelade in eine Silberschale löffelte.
Brooke hielt ihr mit
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