Champagner und Stilettos
konservative Wall-Street-Ambiente gepasst hatte, betonte jetzt optimal ihren knackigen Po und die perfekten Beine. Wäre Nola nicht ihre Freundin, hätte Brooke sie wie die Pest gehasst.
Brooke spähte auf ihren BlackBerry. »Zwischen 10ter und 11ter Straße. Das ist doch genau, wo wir hier stehen, oder? Wo ist denn nun dieser Club?« Sie schrie auf. Aus den Augenwinkeln hatte sie einen dicht vorbeihuschenden Schatten gesehen.
»Ach, Brooke, jetzt entspann dich mal. Die hat mehr Angst vor dir als du vor ihr.« Nola wedelte die Rattensichtung mit strassglitzernd beringter Hand beiseite.
Brooke beeilte sich, über die Straße zu kommen, da die geraden Hausnummern auf der anderen Seite waren. »Du hast gut reden. Du könntest sie spielend mit deinen Louboutins erledigen. Ein Stilettostich mitten ins Herz. Meine Stiefel haben noch nicht mal Absätze!«
Nola lachte und stöckelte anmutig hinter ihr drein. »Da, ich glaube, wir haben es gefunden.« Sie deutete auf das einzige Haus in der Straße, das nicht abbruchreif aussah.
Über eine schmale Treppe gelangten sie zu einer fensterlosen Kellertür. Julian hatte ihr erklärt, dass diese Konzerte an den unterschiedlichsten Orten stattfanden. Immer abgefahrenere neue Locations, um die Neugier der hippen Szene anzustacheln. Deshalb hatte sie sich den Club irgendwie als kleinere Version von Joe’s Pub vorgestellt, in dem immer irgendwelche Bands live spielten. Aber was war das hier? Keine Schlange auf dem Gehsteig, keine leuchtende Laufschrift mit den Namen der auftretenden Künstler, nicht einmal die übliche Türsteherin, die sich mit ihrem Klemmbrett in der Hand wichtigmachte und die Wartenden anwies, sich hinten anzustellen und nicht zu drängeln.
Brooke drückte beklommen die schwere Tür auf. Kaum hatte sie den halbdunklen Raum betreten, wurde sie eingehüllt in einen warmen Kokon aus leisem Gelächter und dem unverkennbaren Geruch nach Marihuana. Der Raum war nicht größer als ein Wohnzimmer, und alles – die Wände, die Sofas, sogar die Front der kleinen Eckbar – war üppig mit weinrotem Plüsch überzogen. Eine einzelne Lampe, die auf dem Flügel stand, warf ein sanftes Licht auf den leeren Hocker. Hunderte von kleinen Teelichtern spiegelten sich in den Tischplatten und der Decke, ein Look, der unheimlich schräg und sexy war, ohne gruftig zu wirken.
Die Gäste sahen allesamt so aus, als hätte man sie direkt von einer Cocktailparty in Santa Barbara nach New York verpflanzt. Vierzig bis fünfzig zumeist junge, attraktive Leute, die sich an Whiskeygläsern festhielten und elegant an ihren Zigaretten zogen. Die Männer trugen fast einheitlich Jeans, und die wenigen, die noch in ihren Büroanzügen steckten, hatten den Schlips abgenommen und den Kragen gelockert. Kaum eine der Frauen trug Highheels oder die typische Ausgehuniform der New Yorkerin, das Kleine Schwarze, sondern stattdessen wunderschön gemusterte Tuniken, lange, klimpernde Ohrgehänge und wie angegossen sitzende Jeans. Brooke hätte sich am liebsten auf der Stelle ihr schwarzes Pullikleid vom Leib gerissen. Manche bändigten ihre langen, wallenden Mähnen mit hippiebunten Stirnbändern. Kein Mensch wirkte im Mindesten angespannt oder gestresst – sehr ungewöhnlich für Manhattan –, was Brooke nur noch beklommener machte. Es war ein völlig anderes Publikum als das, was sie sonst von Julians Auftritten kannte. Wer waren all diese Leute, und warum sahen sie alle tausendmal besser aus als sie?
»Atmen«, befahl Nola ihr flüsternd.
»Wenn ich schon so ein Lampenfieber habe, wie muss es da erst Julian gehen?«
»Komm, wir besorgen uns erst mal was zu trinken.« Nola warf die blonden Haare zurück und wollte Brooke gerade durch die Menge in Richtung Bar lotsen, als neben ihnen eine vertraute Stimme ertönte.
»Rot, weiß oder stärker?« Wie der Geist aus der Flasche war Trent neben ihnen aufgetaucht. Er war einer der wenigen im Anzug und schien sich unbehaglich zu fühlen. Vermutlich war es das erste Mal seit Wochen, dass er aus dem Krankenhaus rauskam.
»Hey!« Brooke umarmte ihn herzlich. »Du erinnerst dich doch an Nola?«
Trent lächelte. »Aber natürlich.« Er wandte sich Nola zu und küsste sie auf die Wange. Irgendwas in seinem Tonfall schien zu sagen, natürlich erinnere ich mich an dich, weil du damals meinen Kumpel abgeschleppt hast und er ziemlich beeindruckt war von deinem horizontalen Einfallsreichtum. Aber Trent war viel zu diskret, um darüber Scherze zu machen, selbst
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