Champagner und Stilettos
möglich ab und rubbelte sich im Nu trocken. Julian war nicht im Schlafzimmer, ein Glück. Verstohlen – als hätten sie Besuch, der jeden Augenblick versehentlich hereinplatzen könnte – schlüpfte sie in Jeans und ein langärmeliges T-Shirt. Mit dem nassen Haar ließ sich nichts weiter machen als es rasch durchzukämmen und zum Pferdeschwanz zu binden. Sie warf einen Blick auf ihr ungeschminktes, leicht gerötetes Gesicht im Spiegel und konnte nur hoffen, dass Julian es als Abglanz ihres gesunden, glücklichen Inneren deuten würde, so unwahrscheinlich das auch war. Erst als sie ins Wohnzimmer ging und ihren Mann Seite an Seite mit Walter auf der Couch sitzen und den Immobilienteil aus der letzten Sonntagsausgabe der Times lesen sah, kam Freude in ihr hoch.
»Willkommen daheim«, sagte sie. Hoffentlich klang es nicht so angespannt, wie sie sich trotz allem fühlte. Sie setzte sich neben ihn. Er lächelte sie an und ließ ihr eine für ihren Geschmack ziemlich lauwarme Umarmung zuteilwerden.
»Hey, Baby. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, zu Hause zu sein. Diese ewigen Hotelzimmer hängen mir dermaßen zum Hals raus …«
Nachdem er mitten in der Geburtstagsfeier für ihren Dad verduftet war, hatte Julian sich erst Ende September wieder für zwei Nächte in New York eingefunden, von denen er eine im Studio verbrachte. Dann war er erneut losgezogen, zu einer dreiwöchigen Promotiontour für sein neues Album, und obwohl sie sich mit E-Mails, Skype und Telefon tapfer über Wasser gehalten hatten, wuchs die Entfernung zwischen ihnen spürbar.
»Und, ist was Gutes dabei?«, fragte sie. Sie hätte ihn gern geküsst, wurde aber das schleichende Unbehagen nicht los.
Er deutete auf eine Anzeige für ein »Luxusloft in Tribeca«, das mit drei Schlafzimmern, zwei Bädern, einem Arbeitszimmer, einer gemeinschaftlich genutzten Dachterrasse, einem Gaskamin, Portierservice rund um die Uhr und einem Steuernachlass protzte – und zwar für den »Downtown-Spitzenlage«-Sonderpreis von 2,6 Millionen Dollar. »Schau dir das an. Die Preise fallen wie verrückt.«
Machte er Witze, oder meinte er es ernst? Wie jedes New Yorker Pärchen zogen sie oft die Sonntagmorgen-Immobilien-Orgie ab, kreisten Anzeigen ein, die Lichtjahre außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten lagen, und sinnierten laut, wie es wohl wäre, tatsächlich so etwas sein Eigen zu nennen. Aber das hier klang irgendwie anders.
»Ja, es ist ein echtes Schnäppchen. Kaufen wir doch gleich zwei und legen sie zusammen. Vielleicht auch drei«, sagte sie lachend.
»Ernsthaft, Brooke, zwei-sechs ist sehr anständig für ein Loft in der Größe mit vollem Service in Tribeca.«
Sie starrte das Wesen an, das da neben ihr saß, und fragte sich, was um alles in der Welt mit ihrem Angetrauten geschehen war. War das derselbe Mann, der noch vor zehn Monaten grimmig darum gefochten hatte, den Mietvertrag für das Apartment am Times Square, das sie beide hassten wie die Pest, zu verlängern, weil er keine zusätzlichen tausend Dollar für eine Umzugsfirma berappen wollte?
»Hör zu, Rook«, argumentierte er weiter, obwohl sie gar nichts gesagt hatte, »ich weiß, es klingt völlig abgehoben, wenn man richtig darüber nachdenkt, aber wir können uns so was leisten. Bei allem, was jetzt nach und nach reinkommt, schaffen wir locker zwanzig Prozent als Anzahlung. Und mit den ganzen Auftritten, für die ich die Verträge schon in der Tasche habe, plus den Tantiemen von den Plattenverkäufen wäre die monatliche Abzahlung kein Problem mehr.«
Auch dazu fiel ihr nichts ein.
»Würdest du denn nicht gern in so was wohnen?«, fragte er und zeigte auf das Foto von einem ultramodernen Loft mit offenen Versorgungsleitungen an der Decke und Industrieschick in jeder Ecke. »Das ist doch der Hammer.«
Jede Faser in ihrem Inneren schrie Nein. Nein , sie wollte nicht in einem umgemodelten Lagerhaus wohnen. Nein , sie wollte nicht ewig weit weg in diesem mega-angesagten Tribeca leben, wo es Galerien vom Feinsten und todschicke Restaurants gab, aber nirgendwo eine normale Tasse Kaffee oder einen schlichten Burger. Nein , wenn sie zwei Millionen für eine Wohnung raushauen könnte, war das da mit Sicherheit das Letzte, wofür sie sich entscheiden würde. Fast kam es ihr vor, als säße sie hier mit einem wildfremden Menschen, und das, nachdem sie doch nun oft genug gemeinsam von einem Townhouse in Brooklyn oder, wenn das den Rahmen sprengte – was bisher immer der
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