Champagnerkuesschen
Augenbrauen nach oben. Er hält nicht viel von Horoskopen. Überhaupt geht die ganze Esoterikwelle vollkommen an Benni vorbei. Männer sind ja immer so schrecklich rational, und da bildet Benni keine Ausnahme. Als ich ihm zu seinem Geburtstag letztes Jahr das Buch Wünsche ans Universum geschenkt habe, hat er mich sofort gefragt, ob ich den Kassenzettel noch habe. Ich persönlich finde, so ein bisschen Inspiration von außen kann nicht schaden.
„Für Schwung hat sie gesorgt“, kichert Harald und prostet mir zu. Die anderen Gäste scheinen das ebenfalls zu finden, jedenfalls ist der Geräuschpegel deutlich angestiegen. Alle unterhalten sich angeregt miteinander. Worüber nur?!
Ich nehme einen tiefen Schluck aus meinem Glas. Das tut jetzt gut! Wenn mein neues Lebensjahr so weiter geht, werde ich noch zur Alkoholikerin, so viel ist sicher.
„Ich bin ja bei dir“, meldet sich Katja zu Wort. Ich werfe meiner Freundin einen dankbaren Blick zu.
„Gut. Ich sorge dann mal für Nachschub bei den Getränken. Ich denke, nach dieser ... äh ... Überraschung, können wir alle einen Schluck vertragen.“ Benni grinst mich schief an.
„Katja, kümmerst du dich um Julia?“
„IchbindochkeinkleinesKind“, protestiere ich, wobei meine Zunge dem Tempo meiner Gedanken irgendwie nicht ganz folgen kann.
„Das nicht, aber ein bisschen außer Kontrolle“, entgegnet Benni trocken. „Bis gleich, Geburtstagskind.“ Er kommt mir ganz nah. „Du siehst zum Anbeißen aus. Wenn wir alleine wären, würde ich dich an Ort und Stelle vernaschen ...“
Eine heiße Welle überflutet mein Gesicht bei dem Gedanken an das, was Benni alles mit mir anstellen würde. Vielleicht war mein Auftritt doch nicht so schlecht. Etwas unschlüssig bleibe ich mit Katja und Harald zurück.
„Ich glaube, ich hol uns noch ein Schlückchen zu trinken“, flötet Harald.
„Ich muss mal kurz für kleine Mädchen“, sage ich. Katja nickt verständnisvoll. Sie kennt mein Problem, denn, im Gegensatz zu ihr, habe ich von Natur aus eine schwache Blase. Ich könnte locker einen Toilettenführer für Europa schreiben, da ich im Laufe der Jahre so etwas wie einen natürlichen Instinkt zum Auffinden von Toiletten entwickelt habe. Diese Eigenschaft hat sich schon mehr als einmal als recht nützlich erwiesen.
„Aber zuerst würde ich dir gerne noch jemanden vorstellen“, unterbricht mich eine bekannte Stimme.
Ich erstarre vor Schreck, als ich Emma entdecke. Emma, meine Sekretärin! Am liebsten würde ich in einer tiefen Erdspalte versinken. Lieber Gott, wenn es dich gibt, dann wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt dich zu zeigen und mich zu erlösen. Nichts! Also gut! Jetzt heißt es: Gute Miene zum bösen Spiel machen! Ich drehe mich um.
„Hallo Julia. Darf ich dir meinen Freund David vorstellen? David, das ist Julia! Die beste Redakteurin und Chefin der Welt.“ Emma strahlt übers ganze Gesicht. Die Tatsache, dass ich immer noch in Unterwäsche und Mantel bekleidet vor ihr stehe, scheint sie zu ignorieren. David hingegen scheint sich der Situation durchaus bewusst zu sein, denn er sieht mich mit großen Augen an, ganz so, als sei ich eine durchgeknallte Pornodarstellerin, die sich zum Vergnügen auf Partys tummelt. Mit im Schlepptau ist Thomas, mein Kollege aus dem Büro. Thomas sieht aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Jedoch nicht aus Trauer, sondern vor Lachen. Ich könnte vor Scham im Boden versinken. Ich lege eine möglichst gleichgültige Miene auf und tue so, als wäre es die normalste Sache der Welt, halbbekleidet auf der eigenen Geburtstagsfeier herumzulaufen.
„Hallo David“, sage ich betont locker. „Super, dass du auch mitgekommen bist.“ David wirft Emma einen zweifelnden Blick zu. Ich reiche ihm die Hand. Er zögert einen Moment, bis ihn Emma von der Seite anstupst. Ob es an meiner Aussprache liegt?
„Ganz meinerseits“, entgegnet David und zieht Emma dicht zu sich heran. Fast so, als fürchte er, mein Zustand könnte ansteckend auf sie wirken. Thomas´ Blick haftet auf meinem Ausschnitt.
Ich will sagen: „Und, alles klar bei dir?“ Tatsächlich kommt heraus: „Und allesch klaar beidir?“
Harald bricht in wieherndes Gelächter aus. Ich werfe einen bitterbösen Blick in seine Richtung, was ihn sofort verstummen lässt. Allerdings zucken seine Mundwinkel verdächtig, und Tränen laufen ihm seine rosigen Wangen runter.
„Entschuldigt, aber ich muss euch das Geburtstagskind kurz entführen.“ Erlöst mich Katja
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