Champagnerkuesschen
schrecklich. Die meisten meiner Bekannten halten mich schusselig und naiv. Benni behauptet, ich hätte einfach ein schlechtes Timing für Dinge. Ich persönlich glaube an Schicksal. Denn, wäre ich nicht so schrecklich betrunken gewesen, hätten Benni und ich uns wahrscheinlich nie näher kennengelernt – da fällt das bisschen Kotze auf seinen Chucks kaum ins Gewicht.
Ich ziehe mir eine Jogginghose und ein Sweatshirt über. Gott sei Dank habe ich mir, in weiser Voraussicht, ein kleines Klamottendepot in Bennis Kleiderschrank angelegt, sodass ich nicht in Strapsen und schwarzem Mantel raus muss.
Da Bennis Kleiderschrank Zwergengröße hat, war ich gezwungen, seine langweiligen Anzüge in doppelten Lagen über die Kleiderbügel zu hängen, um genügend Platz für meine Klamotten zu schaffen. Ich fand es völlig überzogen, als er ein Riesentheater darum gemacht hat. So ein paar Knitterfalten im Anzug fallen doch niemandem auf.
Als ich allerdings einen Teil seiner Bücher durch meine Rosamunde Pilcher -Sammlung ersetzen wollte, hat Benni gestreikt. Und auch mein Vorschlag, seine Bücher einfach in sein Büro auszulagern, stieß auf wenig Gegenliebe. Also habe ich meine Bücher vor seine Bücher ins Regal gestellt. Ich finde, das ist eine faire Lösung. Außerdem setzen meine Bücher mit den bunten Einbänden einen schönen Kontrast zu Bennis ansonsten eher weiß gehaltener Wohnung.
„So, ich muss los.“ Benni gibt mir einen Kuss auf die Nase. „Du sieht ein bisschen blass aus. Willst du dich nicht lieber wieder hinlegen? Ich sag Miriam einfach, dass du krank bist.“ Er zwinkert mir zu. Ein Gefühl von Dankbarkeit und Liebe überflutet mich. Manchmal hat es eben so seine Vorteile mit dem Verlagschef liiert zu sein.
„Wirklich? Das würdest du für mich tun?“ Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und gebe Benni einen Kuss.
Benni nickt. „Klar. Ich möchte doch, dass es dir gut geht. Außerdem, so wie du gerade aussiehst, ist es besser, wenn dich keiner im Büro sieht.“
Wumm! Das hat gesessen. Mein Liebesgefühl verflüchtigt sich augenblicklich.
„Was soll denn das? Du tust ja gerade so, als ob ich wie eine Vogelscheuche herumlaufe“, sage ich.
Benni legt den Kopf leicht schräg. „Wie eine hübsche Vogelscheuche“, sagt er schließlich und lacht.
„Blödmann“, entgegne ich wütend. „Dann such dir doch ne Neue.“
„Julia, das war ein Scherz“, beschwichtigt Benni. „Du siehst einfach ein bisschen müde aus. Das ist alles. Leg dich doch einfach noch mal hin. Ich sag Emma und Miriam, dass du dich nicht gut fühlst.“ Er sieht mir in die Augen. „Ich finde dich immer wunderschön, vor allem, wenn du ungeschminkt bist.“
Das ist auch so ein Märchen, das die Männer ihren Frauen auftischen. Würden zwei Frauen einen Raum voller Männern betreten, beide ungefähr gleich hübsch, die eine ungeschminkt und die andere Frau zurechtgemacht ... dreimal darf man raten, auf wen sich die Männer zuerst stürzen würden ...
„Süße, ich muss los. Rufst du mich später an?“ Er gibt mir einen flüchtigen Kuss auf den Mund. Seine Lippen sind herrlich weich.
„Bis nachher“, rufe ich ihm hinterher.
Nachdem ich Bennis Wohnung notdürftig aufgeräumt habe, fahre ich nach Hause und gönne mir noch eine Prise Schlaf im eigenen Bett. Als ich wieder einigermaßen hergestellt bin, entscheide ich mich, den Rest des Tages mit absolutem Müßiggang zu verbringen. Alles, was ich dazu brauche, ist ein gutes Buch, eine heiße Tasse Zimt-Pflaume-Tee und eine kuschelige Decke. In unserer Wohnung steht ein herrlich gemütliches Sofa, das förmlich nach mir ruft.
Bevor ich bei Katja eingezogen bin, war die Wohnung eher zweckmäßig eingerichtet und hatte den Charme einer Bahnhofshalle. Alles stand an seinem Platz, und dank der klinischen Sauberkeit, die bei Katja herrschte, hätte man locker vom Fußboden essen können; aber nur theoretisch, da Katjas Kühlschrank eigentlich nur mit einer Flasche Champagner befüllt war.
Das hat sich zum Glück geändert!
Eine Auswahl an Aufschnitt (darunter Kinder-Bärenwurst), diverse Käsesorten, frische Milch und Joghurts haben einen festen Platz in unserem Kühlschrank gefunden. Das Wohnzimmer ist auch viel wohnlicher geworden, seit eine kuschelige Fleecedecke mit dem malerischen Namen Orphelia , die ich kostengünstig bei einem großen schwedischen Möbelhaus erworben habe, Katjas graues Designersofa ziert. Auf dem stylishen Couchtisch steht jetzt eine große
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