Champagnerkuesschen
vergessen, aber ich hatte gehofft, Katja vergisst es. Sportstudios und ich sind nicht kompatibel.
„Okay, am besten ist, du rufst gleich an und lässt dir für morgen einen Termin für eine Probestunde geben. Das wäre doch gelacht, wenn du nicht abnimmst“, sagt Katja.
„Mist, ich habe absolut nichts anzuziehen“, jammere ich weiter. „Und was ist, wenn meine Haare zu allen Seiten abstehen und ich aussehe wie ein Wischmopp?!“
„Hallooo! Erde an Julia!“, ruft Katja durch den Hörer. „Hör auf zu paniken! Die haben da mit Sicherheit eine Stylistin, die sich um dich kümmert. Das sind Profis, die haben tagtäglich mit gewöhnlichen Leuten zu tun, die zu Besuch in der Sendung sind. Und für deine Haare hast du Harald. Allerdings finde ich, du solltest dir viel mehr Sorgen um deine Antworten als um dein Aussehen machen.“
„Das Aussehen ist enorm wichtig. Ich meine, denk nur mal an Frauke Ludowig. Wie die manchmal zurechtgemacht ist – grauenvoll! Die sieht aus wie ihre eigene Oma. So möchte ich auf keinen Fall aussehen“, sage ich.
„Ich bin mir sicher, dass du ein gewisses Mitspracherecht hast, und, wenn du dir nicht gefällst, meckerst du einfach“, beruhigt mich Katja. „Du wirst schon nicht wie Frauke Ludowig aussehen. Außerdem ist die Frau auch schon über vierzig, da darf man so aussehen.“ Katja kichert.
„Dein Wort in Gottes Ohr“, seufze ich.
„So, Süße, ich muss Schluss machen. Sergej kommt gleich zur Abnahme seiner Jacht vorbei.“
„Weiß dein Chef eigentlich mittlerweile, dass ihr zusammen seid?“, frage ich. Die beiden lieben sich wirklich, aber das würde ihnen unter diesen Umständen wohl kaum jemand abnehmen. Die ganze Beziehung ist einfach mit zu vielen Klischees behaftet. Stinkreicher älterer Mann liebt jüngere gut aussehende Frau. Deshalb hat Katja die Affäre auch so lange vor allen geheim gehalten.
„Er ahnt, dass da was läuft zwischen mir und Sergej. Aber er hat mich nie darauf angesprochen, und ich werde es ihm bestimmt nicht auf die Nase binden. Hat so seine Vorteile! Seitdem ist mein Chef immer äußerst zuvorkommend zu mir und lässt seine Launen an anderen aus.“ Sie kichert erneut.
„Du altes Miststück“, falle ich in ihr Lachen ein.
„Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert“, antwortet Katja. „Du, ich muss echt los. Wir sehen uns heute Abend. Ich bin so gegen acht Uhr zu Hause.“
„Okay, bis nachher“, verabschiede ich mich und lege auf.
Nachdem ich das heutige Redaktionsmeeting überlebt habe, beschließe ich, dass es Zeit für einen Kaffee ist! Ich werde mir eine kleine Pause genehmigen und mich mit einer Gala bewaffnet in das kuschelige Café um die Ecke setzen. Ich greife spontan zum Telefon und wähle Bennis Nummer.
„Hallo Julia.“ Er klingt geschäftsmäßig und kühl. „Ist was passiert?“
„Hallo Bennilein“, säusele ich in den Hörer. „Duuu, ich wollte gerade einen Kaffee trinken gehen. Hast du Lust, mitzukommen? Ich muss dir unbedingt was erzählen.“
„Benjamin!“ Oh je, das war die Stimme der Eisernen Lady , wie Katja und ich Bennis Mutter nennen. Elisabeth Hirsekorn (sie trägt noch immer den Namen ihres verstorbenen Mannes) ist die Perfektion in Person. Die Frau kommt nie zu spät, ist stets perfekt geschminkt, und ihre Kleider sitzen, als wären sie ihr direkt auf den durchtrainierten Leib geschneidert worden (wahrscheinlich sind sie das auch). Ich konnte bisher keinen Fehler an ihr entdecken, bis auf die Tatsache, dass sie zu perfekt ist. Manchmal habe ich direkt ein wenig Angst vor ihr, denn ich bin, was Perfektion anbelangt, das genaue Gegenteil von dieser Frau.
„Julia, ich bin mitten in einem wichtigen Gespräch. Ich habe jetzt wirklich keine Zeit, mit dir gemütlich einen Kaffee zu trinken. Was wolltest du mir denn sagen?“, fragt Benni.
„Ich kann ja warten, bis du fertig bist und dann gehen wir zusammen. Du musst schließlich auch mal eine Pause machen“, schlage ich vor.
„Wie stellst du dir das vor? Ich kann doch nicht einfach all meine Termine absagen, um mit dir Kaffee trinken zu gehen“, antwortet Benni gehetzt. „Außerdem wollte ich meine Mutter anschließend zum Flughafen fahren.“
„Wieso das denn? Kann nicht jemand anderes deine Mutter zum Flughafen bringen?“ Ich weiß, dass klingt nicht nett – aber die Frau war jahrelang die Verlagschefin und hat einen eigenen Chauffeur. Da muss sie doch nicht meinen armen Benni als Taxifahrer
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