Champagnerkuesschen
geht, wirft sie mir noch einen Blick über die Schulter zu. Könnten Blicke töten, dann würde ich jetzt röchelnd auf dem Boden liegen. Andreas dreht sich wieder zu mir um. Meine Güte, der Mann hat wirklich sensationell schöne Augen.
Die Augen eines Mannes waren schon immer meine große Schwäche. Eigentlich stehe ich ja auf braune Augen, so wie Bennis. Mein schlechtes Gewissen meldet sich und mit ihm die Frage, was ich hier eigentlich mache. Ich spüle sie mit einem großen Schluck einfach hinunter. Würde sich Benni mehr um mich, als um den blöden Verlag kümmern, müsste ich nicht mit fremden Männern Wein trinken. So!
„Julia Zoe Löhmer.“
Wie ein Schlachtruf klingt mein Name durch den Raum. Ich drehe mich erschrocken um und mit mir mindestens noch zehn andere Gäste. Vor mir steht mein alter Klassenkamerad Chris, Freund und bekannter Wüstenmaler Chris Lüchow. Mein Artikel über Chris und seine Malerei ist der Grund, warum mein Name letztes Jahr auf der Jubiläumsausgabe der Holiday Dream stand und ich vor der versammelten Presse auf das Podium gebeten wurde, wo mir Benni eine Liebeserklärung gemacht hat.
„Chris! Was für eine Überraschung! Ich dachte, du wärst noch in Marokko.“
Ehrlich gesagt sieht Chris so aus, als befände er sich noch mitten in der Wüste. Er trägt ein weißes Leinenhemd, dazu eine seiner berühmt-berüchtigten weißen Pluderhosen. Seine braun gebrannten Füße stecken in Jesuslatschen. Wie man deutlich unter der Leinenhose erkennen kann, hat Chris auf eine Unterhose verzichtet. Hastig wende ich meinen Blick ab. Alles in allem wirkt Chris in dieser Bar fehl am Platz. Aber das hat Chris noch nie gestört. Chris ist eben ein Freigeist.
Chris macht eine Verbeugung. „Salam aleikum. Gegrüßt seist du, schönste aller Blumen.“ Er gibt mir einen Kuss auf die rechte Wange. „Ich bin seit knapp einer Woche wieder zurück aus dem Land der Wüste.“
Ich muss unwillkürlich lachen, als ich Andreas´ ungläubigen Gesichtsausdruck sehe. „Darf ich vorstellen, das ist Christian Lüchow, ein alter Freund von mir. Chris ist ein bekannter Wüstenmaler. Chris ...“ Ich wende mich Andreas zu. „Das ist Andreas Neumann. Andreas ist Moderator bei Hamburg1 .“
Die beiden Männer nicken sich förmlich zu. „Hallo“, sagt Andreas und reicht Chris die Hand. Sein Lächeln ist deutlich sparsamer als in der letzten halben Stunde. „Nett, Sie kennenzulernen.“
„Ebenso“, antwortet Chris. „Darf ich mich kurz zu euch setzen?“
„Selbstverständlich. Bitte, nehmen Sie doch Platz“, fordert ihn Andreas auf. Ich rutsche instinktiv ein Stück von Andreas ab. Die ganze Situation ist mir wirklich hochpeinlich. Eigentlich sollte Benni neben mir sitzen und nicht ein wildfremder Mann. Ich knabbere nervös an meiner Unterlippe.
„Sie sind also Künstler?“, fragt Andreas höflich.
„Ja, ich bin Maler. Die Wüsten Marokkos sind sozusagen meine Leidenschaft. Seit ich meinen ersten Sonnenaufgang in der Wüste erlebt habe, war für mich klar, dass ich dieses Schauspiel auf der Leinwand festhalten muss.“ Chris ganzes Gesicht strahlt. „Aber bitte nennen Sie mich doch Chris.“
Andreas nickt. „Gerne. Andreas.“
„Sag mal, Julia, wo steckt eigentlich Benni?“ Chris lässt seinen Blick über die Gäste des Lokals streichen.
Ich zucke mit den Schultern. „Tja, ähm, wahrscheinlich noch im Büro. Er hat in letzter Zeit schrecklich viel zu tun.“
„Ach so.“ Chris klingt nicht sonderlich überzeugt. „Und was machst du hier, wenn ich fragen darf?“
„Julia ist in meiner Sendung aufgetreten“, mischt sich Andreas in unser Gespräch ein. „Sie war der Star des heutigen Tages.“
„Mensch Julia, du hast ja richtig Karriere gemacht. Erst Redakteurin bei der Holiday Dream und jetzt im Fernsehen.“
Andreas verzieht amüsiert den Mund. „Ach was, Andreas übertreibt. Ich habe nur ein paar Tipps zum Thema Reisen gegeben. Nichts Besonderes!“, winke ich ab. „Außerdem habe ich vor laufender Kamera mit meiner Mutter telefoniert und mich vor der ganzen Nation zum Affen gemacht.“
„Du hast im Fernsehen mit deiner Mutter telefoniert?“ Chris sieht mich ungläubig an. „Oje, Mama Löhmer live! Das kann nur eine Katastrophe gewesen sein.“
Ich sehe, wie sich Andreas auf die Lippen beißt, um nicht laut loszulachen. „Ich fand es äußerst liebenswert. Julia ist ein Naturtalent. Man hatte bei ihr nicht für einen Moment das Gefühl, dass sie aufgeregt war. Das ganze
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