Champagnerwillich: Roman
Format.«
Emm, ja genau. Das habe ich mir auch schon gedacht. Bekanntermaßen führt ja jede Art von Unterforderung zu Schlendertum.
»Und deswegen bekommen Sie ab heute unseren größten Kunden zugeteilt: FußBett.«
Wer um alles in der Welt ist FußBett ?
»Sie werden sich jetzt wahrscheinlich fragen, wer um alles in der Welt ist FußBett ? Tja, ich muss Ihnen sagen, das weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass die Summe, die diese Firma uns zahlt, wenn wir ihr neues Produkt der Öffentlichkeit vorstellen, äußerst potent ist.«
Potente Summe? Sollte meinen Kontostand bei Gelegenheit vielleicht mal mit Viagra hochpäppeln.
»Frau Schöneberg, ab heute arbeiten Sie für Eckhard P. Besörski, PR vom anderen Stern, in einer ganz neue Liga. Hier ist die Akte FußBett. Arbeiten Sie sich schon mal ein. Um 16 Uhr ist dann Vorstandsbesprechung, in der Sie denneuen Kunden sicher vorstellen können. Nichts Besonderes. Nur ein paar Folien, Fakten, Fundamente. Sie wissen ja, wie immer.«
Ja klar, und Frikadellen-Käse-Spießchen bringe ich auch noch mit. Herr Besörski lädt einen Papierberg auf meinem Schreibtisch ab, der eher an die Entleerung einer Altpapiertonne erinnert als an verwertbare Unterlagen.
Er setzt zum Abgang an und verabschiedet sich mit den Worten: »Ach, und um 12 Uhr kommt Ihr Praktikant.«
Mein eigener Praktikant! Bin gerade auf einen Schlag zwei Zentimeter gewachsen. Überlege kurz, ob ich alle meine Freundinnen anrufen und ihnen erzählen soll, dass ich jetzt meinen eigenen Praktikanten habe. Lasse aber in Anbetracht von Folien, Fakten, Fundamenten den Hörer doch wieder fallen und widme mich den unangenehmen Pflichten einer Karrierefrau.
Der Arbeit.
»Guten Morgen, schöne Frau.«
Huch! Was ist das? Vor mir steht ein marineblauer Viskoseanzug mit rosa Hemd, Hubschraubermotivkrawatte und weißen Socken, in dem eine Mischung aus Guido Westerwelle und Charlie Brown steckt. Man mag über humoristische Krawatten streiten und ob Marineblau noch in Mode ist, aber eines steht fest, mit seinen weißen aufgerauten Baumwollsocken hat Charlie Westerwelle die visuelle Schmerzschwelle deutlich überschritten. Ich wünsche mir, ich würde irgendwann einmal einen Journalisten treffen, der in den 20-Uhr-Nachrichten der Nation erklärt, dass Männer nie, nie, niemals weiße Socken tragen dürfen. Es sei denn, sie haben weiße Hosen an oder treiben Sport. Aber mal ehrlich, Männer, wie oft tragt ihr weiße Hosen oder treibt Sport?
»Gestatten, mein Name ist Vinzenz Schrammbaum. Ich bin Ihr neuer Praktikant.«
13 Uhr. Mittagspause. Meine zwei Stolzzentimeter sind in Anbetracht der Tatsache, dass hinter dem Auftrag FußBett die PR für einen Ökoschuh namens Softilette steckt, und der Erkenntnis, dass mein Praktikant ganz offensichtlich zu viele dieser Motivationshormone produziert, wieder weggeschmolzen.
Mein Leben scheint ein Gerechtigkeitsdefizit zu haben. Ich bin wirklich schrecklich deprimiert. Daran ändert der Salat à la Kantine, der vor mir steht, auch nichts. Charlie Westerwelle sitzt mir mit seinem Schnitzel gegenüber und erklärt, dass das System Ehe tot sei. Und dabei hatte ich gerade begonnen, ihn nett zu finden. Auf diese Diskussion muss ich mich nun wirklich nicht einlassen. Außerdem ist es mir lieber, wenn Vinzenz spricht, als wenn er isst. Er gehört nämlich eindeutig zur Gruppe der SALKs. SALKs, das sind die S tark- A kustische- L ebensmittel- K onsumenten. Die meisten SALKs können ja gar nichts dafür, aber wenn mich eines so erschauern lässt, dass ich fast selbst vomieren könnte, dann ist es das Geräusch, das beim Zermalmen von zähem Fleisch oder knackigem Gemüse entsteht, das Schmatzen und die freie Sicht auf die verschiedenen Stufen der menschlichen Nahrungsverwertung, das Klappern von Besteck, wenn es gegen die Zähne stößt, und zum Schluss das Schlecken der Zunge über die obere Zahnreihe, um diese von Essensresten zu befreien. Vinzenz beherrscht diese Disziplinen. Bei allem nötigen Respekt. Aber das ist nun wirklich zu viel. Ich trete vorübergehend die Flucht zur Toilette an und nehme mir fest vor, einige Passagen aus dem Knigge in meine Praktikantenverpflichtungen mit aufzunehmen.Meine Güte, ich muss diesen Vinzenz irgendwie mögen, da ich mir zuvor noch nie die Umerziehung eines SALKs zur Aufgabe gemacht habe.
Kaum habe ich die Klotür verriegelt, höre ich die Stimme von Pamela Berger. Sie ist eine der Frauen, die Röcke geschlitzt bis nirgendwo tragen und die
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