Champagnerwillich: Roman
euch dann am Abend des PR-Events von FußBett unter die Gäste, trinkt ein bisschen und lacht ein bisschen …«
»Äh, Moment mal. Ich soll dieses Tetuikleid …«
»Etuikleid!«
»Ja, diesen komischen Fetzen anziehen. Der sieht ja so was von spießig aus. Schätzchen, du weißt wohl nicht, wen du vor dir hast. Ich bin schon für Marc Jacobs gelaufen.« Verständnislos verdreht das blonde Model die Augen.
»DU bist schon für Marc Jacobs gelaufen?« Die Brünette lacht. »Wo hat er dich denn hingeschickt. Zum Kaffee holen?«
»Ach, halt die Klappe! Diese Softilette ist das Abscheulichste, was ich je gesehen habe. Das ist doch wohl eheretwas für ein Bauerntrampel und nicht für ein Topmodel wie mich.«
»Aber sie sind sehr gesund für die Füße!« Meine Argumentation ist scheinbar etwas überarbeitungswürdig in Anbetracht der Tatsache, dass die Blondine gerade auf der nächstbesten Couch zusammenbricht.
»O Gott. Ich bekomme Migräne. Ich muss meinen Manager anrufen.«
»Es tut mir wirklich Leid«, versuche ich zu schlichten.
»Jetzt hör mal zu, du kleine, unwichtige PR-Tussi. Wenn ich keinen Bock auf einen Job habe, dann mache ich ihn auch nicht.« Die blonden Haare fallen in einer stolzen Geste in den Nacken. Mit hochrotem Kopf und blitzenden Augen schaut sie mich an und kaut auf ihrem Kaugummi herum. »Und ich muss mir wohl kaum von einem Kartoffelsack wie dir sagen lassen, ob ich diesen Job machen muss oder nicht.«
Kartoffelsack! Diese visuelle Kavitation meint doch nicht etwa mich?
»So, wie du aussiehst, hättest du in dieser exklusiven Branche null Chance. Also erzähl mich nichts von Dingen, von denen du nichts verstehst, Mädel!«
PENG!
Ich höre meine Nerven auseinander reißen.
Mein Kopf meldet Zugriffsverweigerung auf funktionierende Gehirnbereiche, und mein Körper signalisiert die dringliche Ausführung von Antiaggressionsmaßnahmen!
Im nächsten Moment sehe ich, wie meine Hand auf die Wange des Models klatscht, und ihr Kaugummi dabei im hohen Bogen aus ihrem Mund hervorschießt.
»Ihr seid gefeuert!«
»Pha! Ich werde dich anzeigen. Wegen Körperverletzung!«
Da ist er, der Moment, auf den ich mein Leben lang gewartet habe!
Meine Augen funkeln wie ein Diamantregen bei den Worten: »Schätzchen, tu das, aber du solltest wissen, mein Freund ist Anwalt!«
Ich drehe mich auf meinen Manolo-Blahnik-Absätzen zur Tür und verlasse den Raum so majestätisch, wie es Frauen in Filmen machen, nachdem sie ihren tartareischen Mann darüber aufgeklärt haben, dass ihn der Seitensprung mit der minderjährigen Blondine die Hälfte seines Vermögens kosten wird!
Wie im Rausch mache ich mich auf den Weg nach Hause, doch mit jedem Schritt verflüchtigt sich dieses köstliche Gefühl. Habe ich etwas falsch gemacht? Überreagiert? Puh, bin ganz schön geschafft! Brauche jetzt erst einmal ein heißes Bad und einen Earl-Grey-Tee. Als ich durch die Wohnung schlurfe und dabei meine Kleidungsstücke hinter mir auf den Boden fallen lasse, entdecke ich, dass das Lämpchen des Anrufbeantworters blinkt.
»Hi Jil. Hier spricht Nathan. Ich wollte dir nur für heute Abend absagen, weil ich doch meinen Ikebana-Kurs habe. Ich rufe dich an! Ich liebe dich!«
Ich dachte, ich überstehe diesen Tag ohne unnötigen Kalorienkonsum, aber in Anbetracht der Tagesbilanz beschließe ich, wohl doch lieber eine Familienpackung American Cookie Icecream mit Schokomandelsplittern aus dem Winterschlaf zu wecken.
Nach einem Samt-Schaumbad und einem 500 Gramm Eimer Eiscreme fühle ich mich schon besser. Als Luisa ihrenSchlüssel ins Schloss steckt, sitze ich nach Badeschaum duftend und mit zwei Gläsern Chardonnay auf der Couch.
»Hi, Luisa. Gut, dass du endlich kommst!«
»Hi, Puppe. Was ist denn los?«
»Ich habe heute einem Model eine geknallt!«
Luisa wirft ihren Schlüssel und ihre Jeansjacke über einen Sessel, setzt sich zu mir auf die Couch und schnappt sich eines der Chardonnay-Gläser.
»Echt? Warum?«
»Ja, weißt du. Sie hat die ganze Zeit wie eine Kuh auf ihrem Kaugummi rumgekaut.«
»Ich verstehe. Ein SALK also!«
»Sie hat mich außerdem noch Kartoffelsack genannt und dass ich zu hässlich wäre, um etwas von der exklusiven Modebranche zu verstehen. Dabei weiß sie noch nicht einmal, was ein Etuikleid ist.«
»Meine Güte, Jil. Der hätte ich keine runtergehauen, die hätte ich sofort gefeuert!«
»Was ich dann dummerweise auch gemacht habe.«
»Mensch, Puppe. Wo ist denn dann das
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