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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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Problem?«
    »Seitdem habe ich minütliche Wahnvorstellungen, dass ich bis zum PR-Event keine neuen Models finde und dass ich am Ende diese Schuhe selbst tragen muss und sich die ganze Firma mal wieder über mich totlacht.«
    »Mach dir keine Sorgen. Models gibt es doch wie Sand am Meer. Erzähl ihnen einfach, dass Brad Pitt seine Karriere in einem Hühnchenkostüm steckend im Supermarkt begonnen hat. Wo ist denn eigentlich Nathan. Ich dachte, ihr wart für heute Abend verabredet?«
    »Der ist beim Ikebana.«
    »Verstehe!«
    »So? Ich verstehe das nicht! Ich meine, wieso wusste er das denn nicht vorher. Finden diese Kurse etwa wiegeheime Geldübergaben statt, bei denen der Übergabeort und die Zeit erst kurz vorher bekannt gegeben werden? Was ist dieses Ikebana überhaupt?«
    »Das ist eine Art Floristenkurs auf Japanisch.«
    »Aha.« Ein großes Fragezeichen steht in meinem Gesicht.
    »Dort lernt man, wie man Blumen zusammensteckt und dabei seinen inneren Frieden findet.«
    »Soso! Finde ich das jetzt spannend, oder finde ich das nur traurig, dass Nathan das spannend findet?«
    »Was ist denn bloß los mit dir?«
    »Wieso mit mir? Mir scheint eher, dass alle Leute um mich herum immer verrückter werden. Ja, genau so ist es, die Welt wird immer verrückter! Das erklärt auch den neuen Mercedes von meinem Psychiater!«
    »Jil, ich sage dir, du solltest dir mal über deine derzeitige Stimmung Gedanken machen. Meinst du nicht, dass deine schlechte Laune weniger mit Ikebana und mehr mit Nathan oder Mark oder beiden zu tun hat?«
    Hmmm. Es ist manchmal schrecklich lästig, wenn ein Mensch durch dich durchschaut wie durch Eiswürfel. Also schleiche ich in mein Zimmer, drücke Nathans Kaschmirpulli an mich und beginne nachzudenken.
    Über Nathan. Über Mark. Und über mich.
    Und über Ikebana.
    Gelernte Wörter: Mänade = sich wild gebärdende, rasende weibliche Person;
    Kavitation = Hohlraumbildung;
    tartareisch = unterweltlich.

16

ROMEO HASST JULIA
    H err Schnüttge.«
    »Frau Schöneberg.«
    »Meinen Sie, man könnte etwas gegen meine allgegenwärtige Entscheidungsunfähigkeit machen?«
    »Das kommt darauf an. Wären Sie denn lieber etwas mutiger? Oder ziehen Sie ein bedachteres Leben vor?«
    »Hmmm. Ich bin noch unentschlossen.«
    »Das habe ich mir schon fast gedacht.«
    »Verstehe.«
    Gelegentlich, wenn ich nachdenke, kommt, wenn ich gerade unter einem günstigen magnetischen Spannungsfeld stehe, auch irgendetwas dabei heraus. So bin ich nach mehrwöchigen Überlegungen zu der Erkenntnis gekommen, dass mein Leben wunderbar ist und dass ich jetzt nur noch meinen inneren Frieden suchen muss. Ich sollte in Betracht ziehen, mich der Yoga-, Ikebana-, Kamasutra-Welle anzuschließen. Als ich mich auf einer Matte Kopfstand machen sehe, holt mich Nathan zurück in die Wirklichkeit. Er rollt sich von seiner Seite des Bettes auf meine, zieht mich an seine Brust und grunzt mir verschlafen entgegen.
    »Jil, hast du den Tisch für Donnerstagabend bestellt?«
    »Wieso Donnerstag? Du hast doch Mittwoch gesagt?«
    »Nein. Ich habe Mitte der Woche gesagt. Und die Mitte der Woche ist nun einmal Donnerstag!«
    Hmmm!
    Brauche dringend etwas von diesem inneren Frieden! Gleich morgen.
    Es ist geradezu unglaublich! Neben Stretchröcken und schlechter Bräunungscreme scheint der Briefkasten mein ärgster Feind zu sein. Er liegt jeden Morgen auf der Lauer wie ein lästiger Paparazzo, der dich immer an der gleichen Stelle erwischt, um dir deine gute Laune mit schlechten Nachrichten zu verderben. Nicht selten versuche ich, mich mit einer Zeitung vorm Gesicht an ihm vorbeizuschleichen. Aber wie es sich für einen guten Paparazzo gehört, wenn er dich heute nicht kriegt, dann eben morgen. Diese Hartnäckigkeit ist geradezu unerträglich. Habe schon überlegt, den Briefkasten einfach abzumontieren, aber dann bekomme ich auch keine Make-up- und Parfümproben mehr zugeschickt. Und wer lässt sich schon gern die kleinen Überbrückungsgeschenke bis zum nächsten Geburtstag nehmen? Ich benutzte diese Proben zwar nie, bin aber trotzdem überglücklich, dass ich sie habe. Das ist so ähnlich wie mit Highheels von Dior oder Espressomaschinen, die mit einem Designpreis ausgezeichnet wurden.
    Ich wollte mich also heute Morgen mal wieder mit Sonnenbrille und der Vogue vorm Gesicht an ihm vorbeischleichen, aber ich konnte schon von weitem den weißen Briefumschlag durch das Briefkastenfenster sehen. Widerwillig fingere ich den Umschlag aus dem Briefkasten.

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