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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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Das ist keine Kreditkartenabrechnung und auch keine Handyrechnung. Ich nehme an, das Schlimmste ist auszuschließen, undschlendere langsam zur Wohnungstür, während ich den Umschlag mit dem Wohnungsschlüssel öffne.
    Aber was ist das?
    Ein Brief vom AMTSGERICHT!!!
    Sehr geehrte Frau Schöneberg … Vorladung am Montag, den … Anklage wegen Körperverletzung … bitten wir Sie … Gerichtssaal 2 … Ihren Verteidiger … Straftat gegenüber Ursula Granada … mit freundlichen Grüßen … Im Namen des Volkes!
    Wer um alles in der Welt ist Ursula Granada?
    O mein Gott! Das gefeuerte Softilette-Model!
    Das kann doch nicht wahr sein. Ich überfliege wieder und wieder die Zeilen. Meine Knie werden weich wie Wackelpudding, und mein Herz rast. KONTROLLE!!! Mit Mühe klammere ich mich am Treppengeländer fest und sehe zu, wie mir meine Tasche aus der Hand rutscht, der Inhalt klimpernd über die Stufen kullert und der Zettel vom Amtsgericht langsam durch das Treppenhaus flattert.
    Jetzt ist wirklich ein ausgesprochen guter Augenblick, um mein »Finde deine innere Ruhe und zu dir selbst«-Projekt zu starten. Ich habe es extra auf meine Bedürfnisse (fast jung, fast dynamisch und fast erfolgreich) zugeschnitten. Normalerweise würde ich ja mit Schokolade anfangen, aber diese Art von Frieden hält nur bis zum nächsten Blick in den Spiegel. Hier ist mein Innererfriedenherstellungsplan:
    Erster Punkt: Verdränge die Realität.
    Zweiter Punkt: Ignoriere die Realität.
    Dritter Punkt: Untergrabe die Realität.
    Beherrsche alle drei Punkte ziemlich gut. So kommt es, dass ich 23 Minuten später mit frisch pedikürten Chanel-Rouge-Noir-Fußnägeln, gekurten und konditionierten Haaren und einer Kamille-Vanille-Entspannungsmaske im Gesicht auf der Couch liege und in der Vogue blättere. Das ist Entspannung.
    Stelle fest, der innere Frieden riecht nach Nagellack, Kamillentee und Druckerschwärze. Tssisisis. Was diese berühmten Menschen so alles machen. Oh, eine Seite mit Models. Schnell weiterblättern … Glamouröse Shoppingtipps aus Paris, Fashionaffairs in Rom, Garnelenspieße in Champagnersoufflee auf Mykonos und Sex unter dem Sternenhimmel von Saint-Tropez.
    Also, die High Society ist ja schrecklich dekadent. Warum lebe ich nicht in dieser Welt? Was denken sich die Chefredakteure dieser Magazine eigentlich? Ich zeige dir das, was du nie haben wirst. Ätsch! Es gibt Tage, da funktioniert die Illusion, ein Teil der High Society – just by reading the magazine – zu werden, einfach nicht.
    Heute ist einer dieser Tage! Wenn Illusionen platzen, stirbt mehr als nur das warme Gefühl in dir. Und die Realität lacht ihrem Opfer schamlos ins Gesicht. Die Welt ist grausam. Ich schicke meinen inneren Frieden nach Disneyland, der letzten Illusion auf Erden. Dort kann er tagsüber mit Donald Duck kalorienfreies Popcorn essen und sich nachts auf Goofies Ohr legen, um Ruhe zu finden. Hole ihn dann in ein paar Jahren wieder ab. Und jetzt mache ich mir diese entsetzlich klebrige Kamille-Vanille-Maske vom Gesicht!
    »Siehst du, mein Süßer, wir haben einen Tisch bekommen, obwohl Donnerstag ist und obwohl ich erst vor einerStunde reserviert habe.« Nathan streicht sich die Haare aus dem Gesicht, stolpert auf dem Weg von seiner Fahrertür zu meiner über den Kotflügel und nestelt nervös an meinem Türgriff herum, bis ich die Tür von innen aufmache.
    »Warum bist du denn so schrecklich nervös?«
    »Wer, ich?«
    »Nein, der kleine Japaner mit dem Kondom auf dem Kopf, der uns schon seit Stunden verfolgt.«
    »Was, welcher kleine Japaner?«
    »Das war ein Witz.«
    »Ein Witz. Hihi. Ja, natürlich.«
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Hihi. Jetzt hör aber auf!«
    Unglaublich. Was geht hier vor sich? Mein Freund scheint unter die Verrückten gegangen zu sein. Aber wie kann es auch anders kommen, wenn ich schon mal in ein romantisches Fünf-Sterne-Restaurant mit efeuumrankten Backsteinen und kleinen Teelichtern in den Fenstern ausgeführt werde, wo der Châteauneuf du Pape 500 Euro kostet, pro Glas, und Matthew McConaughey am Nachbartisch sitzt.
    »Was wirst du essen?«, frage ich beim Blick über die tageszeitungsgroße, mit rotem Samt bezogene Speisekarte, an der eine kleine, goldene Quaste herunterbaumelt.
    »Ich nehme das Gleiche wie du.«
    »Okay. Ich denke, ich werde einen Salat nehmen.«
    »Ja, gut. Nehme ich auch. Moment mal, einen Salat? Ich glaube, ich sehe doch noch mal lieber in die Karte.«
    Na, da hat er ja gerade noch mal

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