Champagnerwillich: Roman
meinem Stuhl auf, wobei die beiden Kühlpads platschend aufmeinen Knien landen. Sarah beugt sich vor und schaut mich mit traurigen Augen an.
»Ich halte das einfach nicht mehr aus, in seiner Nähe zu sein, ohne ihn zu … Ich werde die Sache mit Viktor beenden.«
»Das ist sicher das Vernünftigste. Ich bin wirklich stolz auf dich!« Ich springe von meinem Stuhl auf, schließe Sarah in die Arme und verschmiere dabei den Lack von zwanzig frisch lackierten Fingernägeln.
Gelernte Wörter: hypertroph = überzogen;
insolent = unverschämt;
Maussaderie = Abgeschmacktheit.
26
PUTZTAG!
NEIN, SCHON WIEDER?
H err Schnüttge.«
»Frau Schöneberg.«
»Ich würde sehr gerne noch mal auf die unter Hypnose suggerierte Schokoladenallergie zurückkommen.«
»Ich kann da wirklich nichts für Sie tun. Sie müssen einfach ein bisschen an Ihrer Disziplinlosigkeit arbeiten.«
»Aber wissen Sie, Disziplinlosigkeit ist auch nicht so verkehrt. Stellen Sie sich doch nur mal vor, ich wäre in meiner Disziplinlosigkeit etwas disziplinierter.«
»Hmmm. Ich werde das in Ruhe erörtern, und Sie werden währenddessen weniger nachdenken!«
»Verstehe.«
Es gibt nichts Langweiligeres als einen Putztag. Und nichts Ekeligeres. Und nichts Frustrierenderes. Da helfen auch frei gewordene Energien aufgrund von akuten Verliebtheitszuständen nicht wirklich weiter. Ich meine, es wird ja doch wieder dreckig. Das ist ein ewiger Kreislauf, und der Schmutz ist dir immer einen Schritt voraus. Man weiß ja noch nicht einmal, wo er herkommt. Wahrscheinlich schleicht er sich nachts heimlich im Schutze der Dunkelheit in meine Wohnung, um es sich dann auf all meinen Sachen gemütlich zumachen. Und was für uns Touristen die Balearen sind, ist für die hiesige Staubflocke der obere Bilderrahmenrand oder die Ritze hinterm Kleiderschrank. Na, wenigstens weiß man, wo er hingeht: ins Abflussrohr!
Selbiges starre ich gerade an, während ich meine Haare mit einem Tuch zusammenbinde und mir zwei pinke Plastikhandschuhe über die frisch manikürten Hände streife.
Im Radio läuft »… waiting for some hot stuff, waiting for some hot stuff, waiting for some hot stuff, baby tonight …« .
Ich beginne, meinen Lappen durch das Putzwasser zu ziehen und wische dann rhythmisch über den Badewannenrand, während ich »… waiting for some hot stuff …« um einige Dezibel lauter als das Radio durch das Badezimmer trällere. Eine Gesangskarriere konnte ich schon früh ausschließen. Als ich am Spiegel vorbeikomme, funktioniere ich den Stiel des Mops als Mikrofon um, »… waiting for some hot stuff, baby tonight …« , und fuchtle mit einer Hand wie die zugedröhnten Gestalten in Pulp Fiction energisch vor meinen Augen herum.
Hmmm. Stelle fest, dass Putzen doch Spaß machen kann. Dabei wird nur dummerweise die Wohnung gar nicht sauber. In diesem Sinne ist Musik wohl ganz und gar nicht auxiliar!
Gerade wringe ich den mit Schmutz und Haaren und einer toten Fliege verdreckten Putzlappen angewidert im Waschbecken aus und freue mich über die ersten Erfolge meiner hoch anstrengenden Remedur, als …
Tüdülüdülü!
Fantastisch!
Das Telefon klingelt!
Da kann ich ja unmöglich weiterputzen. Beflügelt lasseich die Plastikhandschuhe von meinen Händen flitschen und nehme den Hörer ab.
»Schöneberg.«
»Hi Jil, ich bin’s.«
»Ben!« Meine Körpertemperatur steigt schlagartig auf Jamaikaniveau. »Was machst du gerade?«
»Ich sitze im Büro und starre eine Abrechnung auf meinem Laptop an. Aber sie erscheint mir wie ein Wirrwarr aus Zahlen, und ich kann mich einfach nicht darauf konzentrieren, sie in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Ich gebe mir wirklich Mühe, aber mir kommt einfach immer wieder dein Lächeln in den Sinn.«
»Was können wir denn da nur tun?«
»Tja, ich denke, da hilft nur eines. Ich brauche dich ganz schnell ganz nah bei mir. Sonst kann ich für nichts garantieren. Buchhaltung, Abrechnungen, Verträge, das endet hier sonst ganz schnell in einem Chaos! Ich vermisse dich. Gehst du mit mir an der Isar spazieren?«
»Hmmm. Eigentlich habe ich Luisa hoch und heilig versprochen, die Wohnung zu putzen, weil sie heute Abend Besuch von Jamie bekommt. Ich kann sie auf keinen Fall hängen lassen, zumal ihre Augen bei dem Namen Jamie eigenartig zu glänzen begannen. Aber ich könnte doch heute Abend bei dir vorbeikommen. Ich meine, wenn du mir verrätst, wo du wohnst.«
»Heute Abend? Hmmm. Weißt du was, wenn du putzen musst,
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