Champagnerwillich: Roman
zugleich! … Okay, das ist nicht witzig, ich weiß, aber mein Verstand hat seit der ersten Flasche Bacardi völlig neue Höhen erkundet.«
»Trotzdem danke, Süße.«
Hmmm. Ich sollte sicherheitshalber doch noch eine Viktor-Voodoopuppe besorgen. Und ich denke, Sarahs Idee mit der Armbanduhr ist gar nicht so schlecht. Ich war ja schon immer der Meinung, dass sich die besten Gedanken sowieso erst unter Alkoholeinfluss entfalten können. Anders kommen kreative Werbestrategen und hippe Stardesigner auch nicht zu ihren grandiosen, weltbevölkerungsbeeinflussenden Imaginationen.
Gut! Das gefällt mir! Ich liebe es, mir beim Juwelier im Schaufenster einen funkelnden Solitär, der an einer zarten Platinkette baumelt, oder einen schlichten Brillanten, der an einem Ring funkelt, auszusuchen. Ich kaufe ihn nie sofort. Ich stelle zuerst einen Finanzplan auf, der genau beschreibt, wie lange und wie viel ich für einen Zweikaräter sparen müsste, und gebe das Geld dann auf halber Strecke für Schuhe und Taschen aus. Die weiblichen Gene! Ich bin geradezu machtlos. Und das, obwohl es fünf wirklich gute Gründe gibt, die die »Diamonds are a girl’s best friend« -These eindeutig bestätigen:
Diamanten sind schlicht und ergreifend. Sie haben eine direkte biochemische Verbindung zum weiblichen Endorphinproduktionszentrum.
Diamanten sind unverwundbar. Du kannst sie mit Strass und Perlen betrügen, sie werden es dir niemals vorhalten.
Diamanten sind auf ewig treu. Sie strahlen dich auchdann noch an, wenn du gerade aus Platzmangel an der sechsten Parklücke vorbeigefahren bist.
Diamanten sind unvergänglich. Um sie ein Leben lang an sich zu binden, muss man keinen Ehevertrag unterschreiben und niemals Fußball schauen.
Diamanten sind oberflächlich schön und haben doch einen tieferen Wert. Im Übrigen steigt der Wert des Investors in fast allen Fällen proportional zum Wert des Diamanten!
Ich schiebe mich also an all den funkelnden Steinchen und Sternchen vorbei und komme wie geblendet an der Glasvitrine mit den Herrenuhren an.
Schön! Schön! Schön!
Eine Dame, deren Pumps und Bleistiftrock, Baumwollbluse und Nagellack malvenfarben sind, kommt auf mich zu und lehnt sich über die Glasablage.
»Guten Tag. Kann ich Ihnen helfen?«
Hmmm … Sag ich jetzt »Nein, danke!«, wird mich die Verkäuferin allenfalls mit einem abwertenden Blick abspeisen. Sage ich jedoch »Ja, bitte!«, wird sie vermutlich gestresst die Augen verdrehen.
Im Einzelhandel kann man nur verlieren!
»Ja, bitte!«, antworte ich vorsichtig. »Ich suche eine stilvolle Herrenuhr für meinen, ähm, Verlobten.«
Ja, ich weiß … aber Übertreibung macht anschaulich. Außerdem muss ich doch Frau Malve die emotionalen Dimensionen dieses Kaufes klar machen.
»Ich verstehe«, würdigt Frau Malve meine Geschenkidee, »eine Uhr ist ja auch zeitlos und zeitreich zugleich.« Das scheint sich wohl zu einem Running Gag zu entwickeln. Mit skeptischem Blick versuche ich den Alkoholpegel von Frau Malve einzuschätzen.
»Ich finde diese dort drüben ganz nett. Könnte ich die vielleicht mal sehen?« Ich deute auf drei edle Herrenuhren mit weißem Zifferblatt und braunem Lederband.
Die Verkäuferin breitet sie huldvoll vor mir aus.
»Ich denke, das ist genau das, was ich gesucht habe«, sage ich, während ich unauffällig versuche, die winzigen Preisschilder zu lesen.
Geschafft!
O mein Gott!
Kaufe ich hier gerade eine Uhr oder einen Kreuzfahrtdampfer?
»Ja, für die wahre Liebe kann es gar nicht exklusiv genug sein, nicht wahr?«, entgegnet mir die Verkäuferin mit einem milden Lächeln, während ich noch wie paralysiert auf das Schildchen starre.
»Diese Preise sind aber ganz schön exklusiv!«, entfährt es mir auf einmal.
»Wenn Sie die Uhren nicht bezahlen können, muss ich sie leider wieder zurücklegen«, sagt Frau Malve mit Genugtuung und greift nach dem Schmuck.
»Oh, nein. Geld spielt keine Rolle! Wissen Sie, für meinen VERLOBTEN ist mir nichts zu teuer!«
Zumindest nicht bis zum nächsten Kontoauszug! Zum Glück ist mein Kreditrahmen dehnbarer als Kaugummi, seit ich meinem Kreditbewilliger von meinen Schweizer Konten erzählt habe.
Und dabei sind diese Konten gar nicht in der Schweiz.
Und auch sonst nirgendwo.
Dennoch befürchte ich, dass mein Kreditrahmen nach diesem Kauf endgültig vor dem Platzen steht.
»Ich nehme diese hier!« Triumphierend halte ich das teuerste und schönste der drei Uhrenmodelle Frau Malve vor die Nase.
»Oh!
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