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Champagnerwillich: Roman

Champagnerwillich: Roman

Titel: Champagnerwillich: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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und noch höher als meine!
    Grazil bewegt sie sich auf Frans Schreibtisch zu und legt in einer dominanten Geste ihre glitzernde Kuverttasche ab. Ihr dezent dekadenter Goldschmuck klimpert bei jeder Bewegung, und ihre braunen, langen Haare sind mit einer vergoldeten Haarspange, die ihr ihr Vetter dritten Grades bestimmt zum ersten Turniersieg ihres reinrassigen Windhundes geschenkt hat, zu einer Hochsteckfrisur aufgetürmt.
    »Cathalina von Ocupenga«, sagt die 1,70 Meter hohe, mit Dekadenz und Hochmut beklebte Litfasssäule mit spitzen Lippen. »Ich habe einen Termin bei Herrn Schöneberg!«
    »Tja, es wird wohl noch einen Moment dauern«, entschuldigt sich Fran erneut und bittet Cathalina von Ocupenga in der Sitzecke neben mir Platz zu nehmen.
    »Guten Tag. Mein Name ist Jil Schöneberg«, sage ich, ohne ihr meine ungepflegte Hand entgegenzustrecken. »Ich bin die Schwester von Herrn Schöneberg. Sind Sie eine Kundin von ihm?«
    »So könnte man es sagen«, entgegnet Cathalina von Ocupenga mir hypertroph und zieht beim Anblick meiner Fingernägel kritisch ihre gezupften Brauen hoch. Frau von Ocupengas Nägel sind perfekt manikürt, und an ihrer rechten Hand prangt ein kaffeebohnengroßer Diamantring.
    »Das sind doch mindestens drei Karat! Ist der von Tiffany?«, entfährt es mir.
    »180 000 Euro!«, verkündet sie und hält mir den Ring unter die Nase. »Ein Geschenk meines Mannes. Unser Hochzeitsring! Merk dir eins, Schätzchen, wenn du schon einen gottverdammten Mann in dieser gottverdammten Welt heiratest, dann ja wohl nur mit Tiffany am Finger!«
    »Und mit Adelstitel?«, frage ich geistesabwesend.
    »Ich bitte Sie! Von Ocupenga ist der langjährige Adelstitel MEINER Familie. Mein Mann hat seinen doch eher etwas bürgerlichen Nachnamen behalten.«
    »Cathalina von Ocupenga! Welch eine Freude, Sie zu sehen.« Tanguy ist gerade aus seinem Büro gekommen und stürmt nun mit der höchst albern wirkenden Geste eines Handkusses auf Frau von Ocupenga zu.
    »Sie sehen wie immer bezaubernd aus. Kommen Sie doch in mein Büro.«
    »Sehr gerne, Herr Schöneberg«, entgegnet sie Tanguy mit einem süffisanten Lächeln.
    »Tanguy! Sagtest du nicht, dass du um fünf Uhr mit mir reden wolltest? Also, ich habe wirklich nicht viel Zeit …«
    Doch mein Versuch, mich zwischen die Arbeitsidylle meines Bruder und Frau von Ocupenga zu schieben, scheitert kläglich.
    »Jil, du siehst doch, dass ich hier eine wichtige Kundin habe!« Wie ein schlechter Playboy zwinkert er Cathalina zu. Ich merke, wie mein Magen erste Krämpfe anmeldet.
    »Also, ich rufe dich dann an! Auf Wiedersehen, Jil!« Etwas übertrieben und äußerst insolent deutet Tanguy mir mit einer verrenkenden Kopfbewegung den Weg zur Tür. Eine absolut überflüssige Geste, weiß ich doch immer, wenn ich mit Tanguy in einem Raum bin, wo sich unverschlossene Türen und Notausgänge befinden.
    Dreißig Minuten später sitze ich mit Sarah bei Maggie, halte zwei bekittelten Damen meine gespreizten Finger entgegen und beschließe, die Hochzeitstagsfeier meiner Eltern einfach allein zu planen. Wir haben beide diese wunderbar entspannenden Kühlpads auf den Augen, die so lecker nach frischen Aprikosen und sonnengefärbten Pfirsichen riechen. Im Hintergrund läuft What a wonderful world von Frank Sinatra, und Maggie stellt zwei frisch aufgebrühte Tassen Milchkaffee zwischen Sarah und mich.
    »Und was macht eigentlich dein Chef?«, frage ich zwischen einem zarten Nagelhautpeeling und einer matten Grundierung.
    »Ach, bitte. Frag nicht. Gestern habe ich in der Mittagspause ein sechsteiliges Kofferset von Bottega Veneta für seine Ehefrau gekauft.«
    »Du musst immer noch die Sachen für seine Ehefrau kaufen? Was für eine Maussaderie!« Ich ziehe erstaunt eine Braue hoch, wobei mir ein Kühlpad vom Auge rutscht. Prompt ernte ich einen strengen Blick von Maggie, die mir das Pad wieder auf mein Auge legt.
    »Ja, ja. Eine Maussaderie! Was immer das heißen mag … Autsch! Passen Sie doch auf!«, fährt Sarah frustriert eine Kosmetikerin an, die sich wohl mehr auf Sarahs Worte als auf ihre Fingernägel konzentrierte.
    »Ich verstehe nicht, warum du dir das antust?«
    »Jil, heutzutage braucht man einfach von einem Profi gepflegte Fingernägel.«
    »Ich meine die Sache mit Viktor.«
    »Ich weiß. Habe gestern ein Dutzend Bewerbungen an alle namhaften Firmen in München geschickt. Eine Kündigung kann ich mir wirklich nicht leisten.«
    »Du hast was?« Ungläubig richte ich mich in

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