Champagnerwillich: Roman
N!
Schlagartig beginne ich, die Kontrolle und mein Gleichgewicht zu verlieren.
»Das ist ja wirklich ein Zufall«, sage ich mit letztem Atem. Danach konnte eigentlich nur mein sofortiger Herzstillstand und der akute Ausfall aller lebenswichtiger Organe folgen!
»Wenn ich geahnt hätte, dass ihr euch kennt, dann hätte ich euch schon viel eher vorgestellt!«
Right sieht mir in die Augen, wie er es bei unserer ersten Begegnung auf Rebeccas Party getan hat. Mit diesem Blick hat er mir den Kopf verdreht, mir in die Seele geschaut, mein Herz gebrochen und den Verstand geraubt. Ich denke an den berauschenden Moment auf dem Dach und wie Right mir sagte, ich solle diesen Augenblick auf ewig in meinem Herzen bewahren und mich immer daran erinnern, wenn ich in einer beengenden Situation stecke.
Muss jedoch leider feststellen, dass es Situationen gibt, die weitaus beengender sind als ein Aufzug!
»Das war nicht Ihr einziger Fehler, Herr Bayker«, sage ich und merke, wie Tränen in mir aufsteigen.
»Ihr habt wohl beruflich miteinander zu tun …« Cathalina lächelt erfahren.
»Jil ist meine äh, meine äh …« Ben verliert die Fassung. Er steht kurz davor, seine Ehe zu zerstören.
»… Shoppingberaterin«, falle ich ihm ins Wort.
»Aha, ich verstehe!« Cathalina sieht das Päckchen in meiner Hand. »Du hast sie engagiert, um für mich ein Geschenk zu kaufen, weil du weißt, dass ich es nicht ausstehen kann, wenn ich dir an deinem Geburtstag beim Auspacken der Geschenke zusehen muss, ohne selber beschenkt zu werden. Das ist zu süß von dir, Darling!« Sie schnappt sich das Päckchen und wirft sich ihrem M – A – N – N erneut um den Hals.
Right und ich starren uns an.
Tränen kullern über meine glühenden Wangen.
Ich stehe da wie ein Fisch, den man gerade aus dem Wasser gezogen hat und der sich entschieden hat, nicht im wilden Todeskampf albern hin und her zu zappeln, sondern in Würde zu sterben. Mit anderen Worten, die Akinesie hat voll und ganz Besitz von mir ergriffen. Einzig meine Augenlider reiße ich auf. Der restliche Körper ist wie gelähmt.
So verharre ich und sehe zu, wie Cathalina mein »Hiermit ist Ihr Konto gesperrt«-Geschenk aufreißt.
»Oh, mein Gott! Eine Herrenuhr für Damen. Das ist ja so stylisch. Damit bin ich definitiv absolut en vogue beim nächsten Brunch in unserem Golfclub«, sagt Cathalina vor Glück. Ich wische mir die Tränen von den Wangen, bevor Cathalina sie wahrnimmt, und starre auf die Uhr an ihrem Handgelenk.
Und Right starrt auf mich.
»Die war bestimmt sündhaft teuer! Ich sagte Ihnen ja, Kindchen, man muss sich seinen Ehemann schon gut aussuchen.« Cathalina betrachtet den Schmuck von allen Seiten mit wertendem Blick, bis sie die Gravur auf der Rückseite entdeckt.
»You are nobody till somebody loves you!« , liest sie mit ergriffener Stimme vor.
»Das ist ja so romantisch von dir.«
Right und ich sehen uns an.
Die Party.
Der Aufzug.
Der Hauptbahnhof.
Die Dachterrasse.
Der Putztag.
Paris.
Mein Herz explodiert wie ein Feuerwerkskörper an Silvester.
»Sie haben Recht, Frau von Ocupenga. Einen Mann sollte man sich wirklich gut aussuchen, bevor man leichtfertig sein Herz verschenkt.«
»Jil, ich …«
»… ich sollte jetzt besser gehen.«
Mit diesen Worten verlasse ich Rights Büro und sein indisponibles Leben.
Sei tapfer und versuche, erst im Auto anzufangen zu heulen, rede ich mir zu, aber ich schaffe es nicht einmal bis zum Aufzug. Tränen kullern über meine brennenden Wangen, und ich schluchze so laut auf, dass ich in der Eingangshalle damit ein älteres Ehepaar erschrecke.
»Die Welt ist schlecht, und alle Männer sind schlecht, und vor allem Cathalina von Ocupenga ist schlecht«, weine ich und lasse meinen Kopf unter Tränen auf mein Lenkrad fallen. Es ist unfassbar. Es bedarf nur eines kleinen dekuvrierenden Moments, und man muss nur ein paar Buchstaben austauschen, und schon wird aus einem einfach unglaublichen RIGHT ein unglaublich einfaches WRONG!
Gelernte Wörter: Akinesie = Bewegungshemmung;
indisponibel = nicht verfügbar;
dekuvrierend = entlarvend.
29
ALLES GUTE
ZUM HOCHZEITSTAG!
H err Schnüttge.«
»Frau Schöneberg.«
»Ich hätte gerne mal die Meinung eines Experten gehört … Ist die Ehe eigentlich noch zeitgemäß?«
»Das ist schwer zu sagen. Ich weiß nur, dass ich mehr Frauen in Therapie habe, die sich von ihren Männern trennen wollen, als anders herum.«
»Oh. Wie kommt es dazu?«
»Der häufigste
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