Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Champion Jack Barron

Champion Jack Barron

Titel: Champion Jack Barron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
Vom Netzwerk:
Land, eine Milliarde in China und vier Milliarden in der ganzen Welt, und sie alle hassen euch so, wie ich euch hasse, geht zum Teufel, ihr elenden Bleichlinge!“
    Und so wie der bohemienische Speichellecker sich an die Klunte wendet, die ihm ins Gesicht gefurzt hat, dachte Greene: Es sind Leute wie du, Malcolm, die diesen Job so abstoßend machen.
    Greene warf sich in seinen Sessel und betrachtete den kleinen Bildschirm auf dem Schreibtisch, neben den beiden Postkörbchen. Instinktiv griff er nach der Packung Acapulco Gold, die auf dem makellosen Schreibtisch lag, doch dann überlegte er es sich anders. So sehr er auch in diesem Augenblick des Tages eine gute Lunge voll Pot brauchte – es war kein kluger Zug von einem, der sich irgendwo befand, wo alles unter dem Einfluß von allem in einer Mittwochnacht war. Er betrachtete den toten Schirm seines Vidphons verstohlen. Es war gut möglich, daß dieser Schirm in den nächsten paar Stunden zum Leben erwachte und das sardonisch lächelnde Gesicht des guten alten Jack Barron zeigte.
    „Jack Barron“, seufzte Greene laut. Nicht mal ein Freund konnte es sich leisten, stoned zu sein, wenn er einen öffentlichen Anruf von Jack bekam. Nein, im Angesicht von hundert Millionen Menschen konnte er das keineswegs.
    Aber es hatte sich auch noch niemals ausgezahlt, auch nicht in den vergangenen Jack-und-Sara-Tagen, irgendwie zu versuchen, Jack Barron zu bestechen. Wie-war-doch-gleich-sein-Name – wer erinnert sich noch daran? – hatte einst den Fehler gemacht, Jack Barron zu einer Birch-Grillpartie einzuladen, und dann hatte Jack ihn überwuchert wie ein verdammter Pilz.
    Und dann – gab es keinen Wie-war-doch-gleich-sein-Name mehr. Nur eine Kamera, ein paar Vidphone und den guten alten Jack Barron.
    Wenn doch nur … dachte Greene, die altvertrauten Mittwoch-Nacht – „Wenn-doch-nur“-Gedanken … wenn doch Jack nur noch bei uns wäre. Mit Jack auf ihrer Seite hätte die K. S. G. eine echte Chance zum Durchbruch, könnte den Anwärter schlagen. Wenn doch nur …
    Wenn Jack bloß nicht so ein Ausflipper wäre. Wenn er nur etwas von dem behalten hätte, was wir scheinbar alle in den Siebzigern verloren. Aber was hatte Jack gesagt (und oh, wie recht er doch hatte, und wußte ich es nicht schon immer!): „Luke“, hatte Jack Barron gesagt, und Greene erinnerte sich an jedes Wort. Jack hatte immer die Gabe gehabt, eine Phrase wie eine Lanze ins Gehirn zu bohren, „es ist bestimmt ein häßlicher Moment, wenn man sich zum Ausverkauf entschließt. Aber ein noch häßlicherer Moment, der häßlichste Moment überhaupt, ist es, wenn man sich zum Ausverkauf entschließt, und niemand kauft etwas.“
    Und was sollte man darauf antworten, dachte Greene. Was soll man darauf antworten, wenn man gerade mit einem großen Maul und einer schwarzen Haut ins Gouverneursgebäude in Evers, Mississippi eingezogen ist? Was würdest du antworten, Jack, du schwarzer Bleichling, du weißer Nigger du?
    Lukas Greene stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus. Der Name der Show mußte ein Insiderwitz sein, ein echter Insiderwitz, dem Inneren von Jacks haarigem kleinen Kopf entsprungen …
    Denn (seit er Sara zum Abschied gewinkt hatte) wer, zum Teufel, konnte schon dem Champion Jack Barron etwas anhaben?
     
    Keine Nacht zum Alleinsein. Bei solchen Gedanken ertappte sich Sara Westerfeld ungewollt, während sie unter dem sardonisch blinzelnden Blick des toten Glasauges des portablen Fernsehgerätes, das sich plötzlich irgendwie in ihre Gedanken infiltriert zu haben schien, in ihrem Wohnzimmer saß, wo Don und Linda und Mike und der Wolfmann unwissentlich als Wächter gegen die Einsamkeit standen – Geister einer vergangenen Mittwochnacht –, und gegen ihren Willen erkannte sie (und erkannte gegen ihren Willen, daß sie das immer erkannte), daß es eine lange Zeit her war (denk nicht an das exakte Datum, du kennst das exakte Datum, aber denk nicht daran), seit sie zum letzten Mal eine Mittwochnacht mit weniger als drei Leuten verbracht hatte.
    Dann lieber noch Spiele mit Don Sime spielen (werde ich – oder nicht – ist heute die Nacht – oder werde ich jemals?), als so wie ich heute nacht hier die ganze Nacht herumsitzen, wie ich es mir vielleicht insgeheim wünsche, während das tote Glasauge mich anfleht, es einzuschalten. Nein, doch lieber nur hier sitzen und mit halbem Ohr dem Gelaber des Wolfmannes zuhören und den Verstand von seinem idiotischen Reden-nur-um-mich-selbst-reden-zu-hören umnebeln

Weitere Kostenlose Bücher