Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

Titel: CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
Vom Netzwerk:
dass in unserer Welt Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit …
ääh –«
    »Verboten sind?«,
beendete sie hilfsbereit seinen Satz und lächelte dabei spitzbübisch. »Keine
Sorge, ich werde so tun, als ob ich dich gar nicht kenne.«
    Bei seinem herzhaften
Auflachen flatterten die Vögel in den Bäumen aufregt durcheinander. »Na schön,
du holde Fremde, bleib trotzdem dicht an meiner Seite«, kicherte er immer noch
belustigt. In stiller Eintracht und im gebührenden Abstand voneinander gingen
sie weiter. Der heiße Wüstenwind liebkoste sie, schmiegte ihren Hidschab eng an
den Hals und trug ihr den Duft der Blumen in die Nase. Hannah wusste nicht, was
sie hier, auf der anderen Seite der Grenze erwartete, doch sie war bereit, sich
mit offenen Augen und allen Sinnen auf das Abenteuer einzulassen – sich auf
Hakim einzulassen – und seine Welt durch seine Augen kennenzulernen.
    Als sie durch den
verschnörkelten halbrunden Steinbogen der Medina hindurchgingen, streifte Hakims
Arm unbeabsichtigt ihre Taille. Das Prickeln in ihrem Körper verstärkte sich und
dieses Gefühl war noch stärker als die zarte Liebkosung des Windes.
    »Alles in Ordnung?«,
fragte er stirnrunzelnd.
    »Ja«, erwiderte Hannah
und fühlte, wie eine verräterische Röte ihre Wangen erhitzte. Verzweifelt
versuchte sie den Aufruhr in ihrem Innersten zu verbergen. Zum Glück konnte
Hakim ihr laut schlagendes Herz nicht hören, dachte sie erleichtert, denn die
orientalische Altstadt war bunt beleuchtet, chaotisch und vor allem eins:
ohrenbetäubend laut. Mit dem Einbruch der Dunkelheit schien die Medina zum Leben
zu erwachen und mit ihnen die Anwohner darin.
    »Bleib dicht neben
mir«, bat Hakim mit eindringlicher Stimme. Langsam bahnten sie sich einen Weg
durch das Menschengewirr inmitten knatternden Mopeds, hektisch klingelnden
Radfahrern, Autos und quietschenden altersschwachen Eselskarren. Das staubige
Straßenpflaster der langgezogenen Gasse war von Rissen durchlaufen und Hannah
musste aufpassen, dass sie nicht in eines dieser tiefen Schlaglöcher lief und
lang hinschlug. Im Schatten vor den Häusern saßen alte Frauen in dunkelbraunen,
körperlangen Abayahs neben Körben voller duftender Gewürze und kunstvoll
aufgeschichteten Pyramiden aus Orangen und Gemüse.
    Kurz darauf bahnten sie
sich einen Weg zu einem großen Marktplatz. Zwischendurch mussten sie immer
wieder einen Bogen um eingestürzte Häuser machen, die den Raketen zum Opfer
gefallen waren. Dieser Anblick war für Hannah keine Überraschung, solch traurige
Trümmerberge gab es leider auch in Sderot zuhauf. Sie versuchte die schweren
Gedanken zu verscheuchen. Hakim schien ihre Gedanken zu spüren und leitete sie
zu einer kleinen Tribüne, auf der sich ein bunter Reigen aus
Geschichtenerzählern, Schlangenbeschwörern, Wahrsagern und Gauklern versammelt
hatte.
    Fasziniert sah Hannah
sich um und nahm die Eindrücke in sich auf. Eine zarte einschmeichelnde,
träumerische Melodie eines arabischen Liebesliedes drang in ihre Ohren. Sie
vermischte sich mit dem süßen Aroma der Jasminketten und dem eindringlichen
Flötenspiel des Schlangenbeschwörers. Die Melodie zog Hannah in ihren Bann, bis
sie irgendetwas aus ihrer Versunkenheit riss.
    Sie fühlte ein leichtes
Kribbeln in ihrem Nacken. Jemand schien sie zu beobachten. Hakim war es nicht,
denn er beugte sich in diesem Moment hinunter, um ein paar Münzen auf die Decke
der Sängerin zu werfen. Suchend irrten ihre Augen durch die Menge der
buntgekleideten Künstler auf der Tribüne. Aber alle waren mit ihrer Vorführung
beschäftigt und niemand von ihnen schien von ihrer Gestalt Notiz zu nehmen.
Erleichtert atmete sie auf.
    Wahrscheinlich hatte
sie sich dieses Gefühl nur eingebildet. Doch dann wanderte ihr Blick auf den
rechten Rand der Bühne. Dort saß ein alter Mann im Schneidersitz auf einem
bunten Flickenteppich. Sein langes Gewand und sein Turban waren von demselben
elfenbeinschimmernden Weiß wie sein langes Haar. In seinem dunklen, von
unzähligen Falten durchfurchten Gesicht schimmerten seine schwarzen Augen wie
kleine Kohlenstücke, die fast beschwörend auf sie gerichtet waren. Ein Schauer
rann ihr über den Rücken.
    Nervös berührte sie
Hakim am Arm, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und fragte nahe an
seinem Ohr: »Kennst du den Mann dort drüben in der Ecke?«
    Erstaunt folgte Hakim
der Richtung ihres Kopfnickens. Als er die Gestalt in dem heiligem

Weitere Kostenlose Bücher