Change
vertröstete mich – ganze drei Tage sollte ich warten, weil sie vorher noch andere Auditions hatten – jetzt sagte er es mir direkt ins Gesicht. Ich schluckte nur und gab trotzdem mein Einverständnis, zum vereinbarten Termin ins Studio zu kommen.
Es war recht warm, als ich drei Tage später vor dem Studio aus dem Taxi stieg. Die Aufregung trieb mir Schweißperlen auf die Stirn, doch dann riss ich mich zusammen. Wenn ich jetzt schon so nahe dran war, mich umzudrehen und aufzugeben, konnte dies nie etwas werden. Ich hatte mich schon durch so verdammt viele Situationen durchgeschlagen, da konnte ich nun unmöglich halt machen. Ich wusste, dass ich singen konnte – selbst Mike war damals von meiner Stimme hingerissen gewesen. Und er hatte mir ans Herz gelegt, für meine Musik weiterzuleben – weiterzukämpfen. Nun tat ich dies. Mit den Gedanken an Mike, der mir auf tröstliche Weise Kraft gab, da ich wusste, dass er stolz auf mich gewesen wäre, trat ich ein.
Der Erste, der mich begrüßte, war ein Mann Ende zwanzig, der sich als Derek Connor vorstellte. Er lächelte mich offen an und schien sich tatsächlich zu freuen, dass ich gekommen war. Meine Lippen formten ein schüchternes Lächeln, dann räusperte ich mich.
„Jetzt bin ich also hier.“
„Ja, aber ich fürchte, die Jungs sind noch dabei, einen anderen Sänger anzuhören. Aber mach dir keine Gedanken, wenn du so gut bist wie auf den Tapes zu hören war, bist du unser Mann.“, unterbrach mich Derek, lächelte ununterbrochen und zwinkerte mir zu. Argwöhnisch lauschte ich seinen Worten, versuchte, aus ihnen schlau zu werden. Es gefiel mir nicht, was ich da hörte.
Bevor ich jedoch etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür zum Proberaum, aus dem das verzerrte Kreischen einer elektrischen Gitarre klang, sowie ein flott gespieltes Schlagzeug. Ein schwarzhaariger Jugendlicher in meinem Alter kam heraus, schloss die Tür auch gleich wieder und sah mich dann mit unverhohlener Neugierde an.
„Sebastian, das ist Aiden. Er ist gerade gekommen.“, stellte mich Derek Connor kurzerhand vor, da ich selbst kein Wort herausbrachte. Ich musterte den mir als Sebastian vorgestellten Musiker. Er war nicht ganz so groß wie ich, sah jedoch nett aus, als er mich anlächelte und mir die Hand gab.
„Hi, hab dein Tape noch gut in Erinnerung. Ich bin Sebastian, der Bassist von ‘Sudden Thing’. Lass dich nicht davon einschüchtern, dass die da drinnen immer noch einen anderen Sänger anhören – der ist ziemlich schlecht.“, feixte der Bassist sogleich, machte es mir so leicht, ihn spontan zu mögen. Auch meine Anspannung ließ nach – wenn auch nur minimal.
„Aber wenn du schon einmal hier bist, kannst du eigentlich auch gleich mit rein kommen. Dir schon mal die Songs anhören.“, schlug er dann vor, öffnete die Tür, die er vor nicht wenigen Sekunden geschlossen hatte, und trat, ohne sich umzublicken, in den Proberaum.
„Komm – die stört es nicht, wenn du mit zuguckst – die kriegen dich nicht mal mit, wenn du dich hinter den Verstärker stellst.“, raunte Sebastian mir ins Ohr, als ich ihm nachgelaufen war und dicht hinter ihm stand. Ich zuckte vor dieser direkten Nähe zurück, doch der mich angrinsende Musiker überging dies und drückte mich leicht hinter die wuchtigen, schwarzen Gitarrenverstärker. Sie standen unmittelbar neben dem Eingangsbereich des Proberaums und verdeckten den Blick auf den Gitarristen ebenso wie auf einen Keyboarder, den ich nur hörte.
Ein wiederkehrendes Motiv erklang im Raum, dann setzte der Sänger ein, dessen Stimme im Vergleich zu den danach anspringenden Instrumenten und dem Schlagzeug viel zu leise wirkte. Sein daran angeschlossener Rappgesang klang nicht viel besser, er nuschelte zu stark, um ihn gut zu verstehen. Der sich in meinem Blickwinkel befindliche Sänger fiel besonders durch seine langen dunkelblonden Haare auf, die er zu einem lockeren Zopf gebunden hatte. Sein hellrotes Shirt zog meine Aufmerksamkeit auf ihn – doch schnell musste ich feststellen, dass Sebastian Recht hatte. Der Sänger war wirklich nicht gut. Stocksteif stand er da, zeigte keinerlei Emotionen, obwohl der Text des Songs dazu einlud – eine verzweifelte, wütende Stimme der rebellischen Resignation.
Nach einem Textaussetzer, trotz des Zettel, auf den der Dunkelblonde starrte und sicher die Worte, die er dann sang, ablas, stoppte die Gitarre abrupt, Sebastian neben mir zog entschuldigend die Schultern hoch und trat dann aus dem
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