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Change

Change

Titel: Change Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luisa Raphael
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sich leicht – zu leicht. Eine knappe Woche hielt ich es sogar sehr gut ohne Koks aus, ging zur Arbeit, beschäftigte mich in der freien Zeit damit, meine Kenntnisse im Klavierspielen wieder aufzufrischen und verbrachte manchmal sogar Stunden nur damit, Mike zuzusehen, wie er etwas zeichnete oder fremde und eigene Stücke am Klavier interpretierte. Noch wahrte Mike Abstand, zwang mich zu nichts, verlangte auch keine körperliche Nähe, sondern gab mir so viel Freiraum, wie seine beengte Wohnung zuließ. Die Angst, die mich häufig vor dem Einschlafen ergriff und für die ich mich schämte und mich schrecklich schwach fühlte, Mike könne mich im Schlaf überwältigen und Dinge tun, die ich nicht wollte, verflüchtigte sich, sobald ich ihn ansah – da war er wieder der Mike, den ich kannte und der nie so etwas tun würde. Doch meine inneren Dämonen hörten trotzdem nicht auf damit, mir Dinge einzuflüstern, die ich nicht hören wollte und die sich mein geschwächter Geist angsterstarrt aufnahm.
    Ich glaubte zu wissen, warum Mike so darauf bedacht war, mich nicht zu bedrängen – er hatte Angst, ich könnte dann fliehen und wieder zum Koks greifen. Und das wollte er ja auf jeden Fall verhindern.
    Doch während die Zeit schleppend langsam verrann, spürte ich, wie alle Angst, Nervosität und Freude darüber, Mike ständig so nahe zu sein und Zeuge davon zu werden, was er den ganzen Tag tat, mehr und mehr verblassend in den Hintergrund trat, überlagert vom Gefühl des brennenden Dranges zu koksen. Es kostete mich viel Kraft, den Trieb, nach der Arbeit noch schnell meinem Dealer einen Besuch abzustatten, zu unterdrücken, sodass ich jedes Mal völlig fertig war, wenn ich mich schweißüberströmt und gereizt sofort auf Mikes umfunktionierte Couch legte und versuchte, meinen aufgedrehten Körper zu beruhigen.
    Mikes beunruhigte Blicke ignorierte ich komplett, ansonsten würde er mich noch mehr aufregen. Es machte mir so schon genug zu schaffen, wie mein Körper und Geist darauf reagierten, keinen Stoff mehr zu bekommen. Und den Gedanken, dass dies hier nur der Anfang war, konnte ich kaum ertragen. Noch schaffte ich es, durchzuhalten. Noch.

23. Kapitel
     
     
    Juni 1994 - Aiden
     
     
    Irgendwie hatte ich mir in weiser Voraussicht eine Woche Urlaub geben lassen. Das war auch gut so, denn nach knapp drei Wochen ohne Stoff kam ich eines Morgens nicht mehr vom Sofa hoch. Ich fühlte mich wie erschlagen, eine bittere Erkenntnis lies mich in ein schwarzes Loch der Ausweglosigkeit fallen. Zum ersten Mal war mir bewusst, dass ich nie wieder in meinem Leben Kokain haben konnte. Dass ich nie wieder den Rausch der Droge spüren konnte. Nie wieder das Gefühl des Verlangens in mir besänftigen konnte. Ich realisierte, dass es keinen Ausweg gab – und spürte, wie die Welt um mich herum wegbrach. Alles um mich herum war unbedeutend, verschwommen und konnte meinen Fall in eine schwarze Tiefe nicht aufhalten. Das einzige, das diesen Fall aufhalten konnte, war mir verboten worden. Ich fühlte mich so verloren, verlassen, von allem in Stich gelassen.
    Ich war so allein – um mich herum existierte nichts mehr. Laut schluchzte ich auf, krümmte meinen schmerzenden Körper zusammen, begann unkontrollierbar zu zittern. Heulkrämpfe schüttelten mich, unzählige Tränen quollen aus meinen brennenden Augen, doch weder die Pein in meinem Körper noch die unglaubliche Angst und Verzweiflung wurden gemildert – im Gegenteil. Panik schwappte wie eine heiße Welle über mir zusammen, der Gedanke, dass es mir jetzt jeden Tag noch schlimmer gehen würde ohne Koks, förderte die Angst vor dem Weiterleben. So wollte ich nicht weiterleben. Wenn ich daran dachte, stets allein, stets verlassen, stets nach Stoff lechzend – das konnte ich nicht aushalten.
    Ein Schrei entlud sich meiner Kehle, krampfhaft riss ich die schwere, mich erdrückende Decke von meinem zitternden Körper, spürte sofort die Kälte, die wie eisige Finger an meinem Körper entlang strichen, mich in die Tiefe zogen. Ich fiel noch immer, schrie noch immer. Meine Stimme kollabierte, brach zusammen, setzte einige Töne höher wieder ein. Ich spürte den Schmerz, der daraufhin auch meinen Hals in Beschlag nahm, doch dieser Schmerz war unbedeutend - verglichen mit der Pein schmerzender Knochen; der immer höhere Wogen schlagenden Verzweiflung, dass dieser Zustand, in dem ich mich befand, niemals enden würde. Ich brauchte Koks! Sofort – oder ich würde nicht mehr weiterleben

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