Chanur-Zyklus 1 - Das Schiff der Chanur
denkst, sie könnten bereit sein, uns den Rücken zu decken?«
»Nein«, sagte sie, »das tue ich nicht. Nicht, solange ihnen das keinen Gewinn verspricht. Was machen sie eigentlich? Sie nehmen doch keine Fracht an Bord.«
»Aber sie entladen, bereiten sich auf hohe Geschwindigkeiten vor. Container strömen heraus wie Maden.«
Pyanfar nickte. »Also will die Station diese Fracht in Sicherheit sehen. Und Tahar wird sie rasch ausladen bis zu dem bisschen, das sie immer zu behalten pflegt. Die ›Persönlichkeit‹ hat klein beigegeben, das ist klar; ein paar der ansässigen Gesellschaften haben angefangen, über Verluste zu heulen, und Tahar wird so lange hierbleiben, wie es ihr gefällt. Dadurch gewinne ich Zeit.«
»Götter, das gibt eine Rechnung!«
»Er ist teuer, unser Außenseiter, in jeder Beziehung.«
Sie wandte sich um, als Hilfy mit einem großen Tablett durch den Türbogen des Eingangs kam. Zwei Becher und zwei Portionen Frühstück standen darauf. »Danke«, sagte Pyanfar und nahm Teller und Becher... hielt inne und betrachtete Hilfy, die stehen geblieben war, um sich die Situation auf den Bildschirmen anzuschauen. Nach wie vor kamen Sendungen von der
Hasatso
herein, mit gelegentlichen Unterbrechungen, die die Intervalle der Bremsmanöver kennzeichneten. »Wird noch eine Weile dauern«, sagte Pyanfar. »Sofern sie nicht einen medizinischen Notfall haben, bezweifle ich, dass sie nach dem Wendepunkt noch einmal beschleunigen; vielmehr werden sie langsam einfliegen, und es dauert noch Stunden bis dahin. Geh zurück ins Quartier! Ich meine, was ich sage.«
Ein paar Häfen früher hätte sich Hilfy vielleicht aufgelehnt, die Ohren zurückgelegt und geschmollt. Jetzt nickte sie nur und ging. Pyanfar warf Haral, die der davongehenden jungen Frau hinterher sah und einmal nachdenklich nickte, einen kurzen Blick zu.
»Huch«, sagte Pyanfar und schaute ins Frühstück, und für eine Weile saßen sie und Haral nur da, beobachteten den Scanner und aßen. »Ich will dir was sagen, Kusine«, sagte Pyanfar schließlich. »Du nimmst dir frei, und ich übernehme.«
»Nicht nötig, Käpt‘n.«
»Sei nicht edel. Ich habe einiges zu erledigen. Und eines kannst du für mich tun. Wenn du hinuntergehst, sieh mal nach Tully! Stell sicher, dass mit ihm alles in Ordnung ist!«
»Okay«, sagte Haral. Sie stand auf und stellte die Teller wieder auf das Tablett. »Aber er ist in Ordnung, Käpt‘n. Chur hat sich bei ihm hingelegt und hält ein Auge auf ihn.«
Pyanfar hatte gerade den letzten Schluck Gfi zu sich genommen, um Haral den Becher zu reichen. Jetzt knallte sie ihn aufs Tablett. »Götter und Donner - habe ich für ihn nun getrennte Unterkunft angeordnet oder nicht?«
Harals Ohren senkten sich in Bestürzung. »Chur sagte, er sei beunruhigt, Käpt‘n; hat sich ein Lager im Waschraum gemacht, damit er nicht allein ist, wenn er aufwacht. Sie sagte - Verzeihung, Käpt‘n -, sie hätte ihm ein Beruhigungsmittel gegeben, weil er so schlecht aussah. Du warst im Bett, Käpt‘n, da habe ich es entschieden.«
Pyanfar stieß einen kurzen Atemzug hervor. »So. Na ja. Deprimiert, sagt Chur.«
Haral nickte. »Wir sollten ihn aufnehmen«, meinte sie.
»Sagt Chur.«
»Amm.« Haral begriff plötzlich diesen Gedankengang, und ihre Schnurrbarthaare sanken herab. »Tut mir leid, Käpt‘n.«
»Ein
er,
um der Götter willen!«
»Nicht so, als wenn er Hani wäre, Käpt‘n.«
»Nein, so nicht«, sagte Pyanfar nach einem Moment.
»In Ordnung. Bring ihn unter, wo du willst! Das ist Sache der Besatzung, nicht meine. Lass ihn arbeiten! Er behauptet, Scan-Techniker zu sein. Lass ihn Wache sitzen! Wer ist als nächste dran?«
»Ker
Hilfy.«
»Mit jemandem von den Erfahreneren. Eine, die ihre Fehler schon gemacht hat.«
Haral grinste und rieb sich die schwarze Narbe, die über ihre Nase verlief. »Aye. Eine von uns wird sich seiner annehmen.«
»Raus mit dir!«
Haral ging. Pyanfar glitt vom Tisch herunter und schaltete die gewünschten Funktionen auf ihr Pult um, setzte sich in den tief gepolsterten Sessel und ging die eingegangenen Nachrichten der zurückliegenden Stunden durch. Es gab dabei nichts anders als das, wovon Haral schon gesprochen hatte, Tahars Auseinandersetzung bezüglich des Bleibens und die Anfänge der
Sternjäger-Krise.
Sporadische Informationen kamen weiterhin herein: die
Hasatso
berichtete von vier Überlebenden... - Vier! Eine kalte Niedergeschlagenheit senkte sich auf sie. Vier von der Siebenerbesatzung
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