Chanur-Zyklus 5 - Chanurs Legat
wahr?
Py hatte sie von Tully abgeschnitten, hatte sie von ihren liebsten Freundinnen im ganzen Universum abgeschnitten und sie nach Hause geschickt – wohin Py nicht gehen konnte. Niemals mehr.
Das also – war ein Problem, nicht wahr? Es war Chanurs Problem. Tante Py hatte sie ausgeschickt, es zu lösen, und hatte selbst alles abgeschüttelt, was mit Chanur und Chanurs Politik und mit dem Clan zu tun hatte – für immer.
Ein furchtbar trauriger Gedanke – für Tante Py.
Py war böse geworden, als sie nein gesagt hatte. Py hatte Dinge ausgesprochen – vielleicht weil Pyanfar Chanur Schmerz empfand, wer weiß? Pyanfar würde es nie zugeben.
Deshalb war es zu der Katastrophe auf Kshshti gekommen, deshalb hatte sie ein paar schwere Jahre gehabt, und sie haßte ihren unbetrauerten Gatten leidenschaftlich.
Aber
warum
kochte sie vor Wut?
Warum
saß sie hier an ihrem einigermaßen ordentlichen, Schreibtisch und regte sich auf und wollte einem jungen Mann, der keine andere Verbindung mit Py als ein jahrelang zurückliegendes Gespräch auf einem Dock hatte, Böses antun? Hilfy hatte die Gewohnheit, sich selbst zu analysieren. Sie hatte wunde Punkte, und sie wußte, wo sie lagen: Sie mochte Alpträume haben, nach denen sie sich übergeben mußte, aber sie erlaubte ihnen nicht, ihre wachen Stunden zu beherrschen, und sie ließ sich von ihnen nicht daran hindern, wie eine vernünftige Geschäftsfrau zu handeln… Jawohl, bei den Göttern, sie verhandelte mit einem Kif, wenn er ihr etwas anbot, das sie brauchte. Sie geriet nicht in Panik bei dem Gedanken, nach Kshshti zu reisen. Sie war imstande, daran zu denken, daß sie nach Kefk gehen würde, über die Grenze ins kifische Territorium, und so, wie es jetzt aussah,
würden
sie nach Kefk gehen.
Deshalb hatte sie gar kein Problem, abgesehen von den gelegentlichen Gedanken an die Vergangenheit. Sie war frei, sie ging, wohin sie wollte, sie hatte keine Probleme, die ein finanzieller Glücksfall und Frieden in der Familie nicht lösen konnten.
Aus welchem Grund hatte sie dann solche unguten Gefühle wegen Hallan Meras?
Instinkt? Etwas, das Mißtrauen verdiente? Etwas, das sie bedrohte? Den Eindruck hatte sie bei dem Gespräch zwischen ihm und dem Kif nicht gehabt. Und im allgemeinen verstand sie ihr eigenes Verhalten besser.
Anziehung? Sie hatte bemerkt, daß er männlich war. Na und?
Sie war zu erschöpft, zu abgelenkt und zu gereizt durch anspruchsvolle Stsho, aufdringliche Mahendo’sat und ein Schiff mit potentiellen juristischen Problemen, um über irgendwelche Nebensachen nachzudenken.
Sie begriff es einfach nicht – in dem einen Augenblick war sie vollständig gelassen, wenn sie dem Jungen von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand, und dann, bei abstrakten Überlegungen, wobei er nicht einmal anwesend war…
Das reichte, daß man über sich selbst den Kopf schüttelte.
Aber es ging nicht einmal um Hallan Meras persönlich. Nein.
Er war nur ein Problem…
Ein Sicherheitsproblem, was das Handbuch betraf. Wenn sie Na Hallan sagte, er solle eine bestimmte Information auf ewig für sich behalten, vertraute sie fest darauf, daß er es versuchen würde. Aber hier handelte es sich um den Jungen, der einen Tc’a gezeugt hatte, indem er ein Hebegerät zurücksetzte.
Und, nein, sie war nicht bereit, ihn in die Crew aufzunehmen.
Vielleicht war das der Grund für ihren Zorn, daß sie zwar nicht die
Stolz
waren, aber daß sie, wenn ihnen die Zeit dazu gelassen worden wäre, auf ihre eigene Weise, auf Hilfy Chanurs Weise, ebenfalls ein einzigartiges Gebilde hätten werden können. Es hätte nichts gegeben, was ihr Leben komplizierte, kein Familienzwist, keine Fehden, keine Günstlingswirtschaft. Keine Partnerprobleme. Keine Eifersucht.
Und jetzt hatten sie dazu keine Chance mehr. Jetzt mußte sie etwas ganz anderes tun, sie mußte sich Tante Pys Ideen, Tante Pys persönliche Überzeugung zu eigen machen.
Vielleicht war das der Grund, warum die Hallan-Sache sie so aufbrachte. Vielleicht lag es daran, daß sie sah, wie alles in Stücke fiel, und wußte, Hallans Fehler waren nicht harmlos.
Denn weil die ganze Crew versuchte, ihn davor zu bewahren, daß ihm das Fell abgezogen wurde, und deshalb ein Vorhaben unterbrach, bei dem es auf Leben und Tod ging, war er zuerst eine verwundbare Stelle geworden, und jetzt hinderte er sie daran, ihre Crew so zu formen, wie sie es wünschte.
Das mochte es sein. Deshalb hatte sie das Verlangen, ihn umzubringen, weil ein Teil von
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