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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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rechtzeitig genäht hatte, Häuptling Dosenschildkröte in echtem safrangelbem Gewand, das einer der Mönche beim Gehen versehentlich zurückgelassen hatte und dem Pastor-Häuptling sehr zusagte, weil es seinen Wanst verbarg und statt dessen seine Schultern zeigte, doch mit dem Scheren des Kopfs hatten seine Zugeständnisse geendet) fanden sich demutsvoll mit dem ihnen vom Schicksal erkorenen Los ab und verpflichteten sich öffentlich, das Wunderkind in der angebrachten Weise aufzuziehen. Diese Reinkarnation, behaupteten sie, sei eine schallende Ohrfeige und ideologische Schlappe für alle, die wähnten, die Wissenschaft könne alles erklären. Man hätte es hier mit der Manifestation einer höheren Wahrheit inmitten der schnöden Welt zu tun. Ohne Zweifel dürfe man erwarten, daß Rimpoche – das sei der selbstgewählte Name des Knaben, ein Name, den schon viele hochangesehene Lamas der Vergangenheit getragen hätten – in Zukunft zahlreiche Suchende auf den Achtfachen Pfad der Erleuchtung führte…
    Und so weiter.
    Über ihre vorherige Kirchengemeinde äußerten sie erstaunlich wenig.
     
    Ebenso fiel kaum ein Wort über die Tatsache, daß die in den Vereinigten Staaten wohnhaften tibetischen Exilanten Rimpoche gewissermaßen in Scharen fernblieben. Mehrere ihrer Pressesprecher schmähten ihn als Verräter, Wendehals, Abtrünnigen, Renegaten und Quisling. (Offenbar benutzten sie alle das gleiche Wörterbuch.) Mehr als genug entschädigte für ihre Abwesenheit allerdings der Ansturm ganzer Rotten von selbsternannten Experten der tibetischen Esoterik, die schon am nächsten Tag über ihn herfielen.
    Ratlos, ein bißchen ängstlich, zuletzt allerdings unverhohlen gelangweilt leistete Rimpoche sein Bestes, um die Erwartungen der Menschen zu erfüllen. Er bekam Unterricht in Tibetisch, bis er schließlich eine gewisse Begabung dafür enthüllte und seine Eltern in der Öffentlichkeit vorführte, weil er es besser als sie beherrschte; danach wurden die Lektionen gestrichen, angeblich weil er zu gegebener Zeit dem normalen Schulsystem eingegliedert werden sollte.
    Diese Aussicht erschreckte einige seiner reicheren Anhänger (und ein paar von ihnen waren in der Tat sehr reich), weswegen sie darauf beharrten, daß er Privatunterricht erhielt. Präriemond und Dosenschildkröte täuschten Zögern vor, aber erteilten letzten Endes doch ihr Einverständnis.
    Einem Erleuchteten die gegenwärtige Existenz hilfreich zu erleichtern, bewies natürlich die Tugendhaftigkeit der Menschen, die ihm halfen.
    Weil Rimpoche von morgens bis abends Leute umgaben, die einhellig beteuerten, er sei höchst bemerkenswert, ganz außergewöhnlich, ein unglaubliches Phänomen und/oder wahrhaft göttlich, sah er keinerlei Grund zum Anzweifeln solcher Aussagen. Gelegentlich sorgte es ihn, er könnte irgendwann doch die Menschen enttäuschen, die sich soviel von ihm versprachen, doch packte diese Unsicherheit ihn nur selten und jedesmal nur für kurze Zeit. Als er sechs Jahre alt war, wohnten er und seine Eltern in einer luxuriösen Villa, hatten drei Autos und zur Erledigung der Finanzverwaltung/Buchhaltung und des Schriftverkehrs zwei Sekretärinnen samt Computer zur Verfügung. Von acht Jahren an erschien sein Foto auf dem Titelblatt jeder Ausgabe der Zeitschrift Das Licht der Lamas, eines Periodikums, das nicht nur auf Glanzpapier gedruckt wurde, sondern das man auch als CD, per E-Mail und als Tonkassette vertrieb; in letzterem Fall ersetzte eine kurze mündliche Vorrede erst in tibetischer, dann englischer Sprache das Foto. Präriemonds und Dosenschildkrötes frühere Erfahrungen hatten sich für sie als überaus nützlich herausgestellt; sie zählten nicht zu den Menschen, die alte Fehler wiederholten, und das zu beweisen, hatten sich vorgenommen; und sie erzielten dabei Erfolge.
    Mit minimalen Einschränkungen.
    Rimpoche erfuhr, daß er Verwandte hatte, die ihm bis dahin unbekannt gewesen waren: zwei Brüder Dosenschildkrötes, ihre Frauen und Kinder, seine Schwester und ihr Kind (einen Ehemann hatte sie zur Zeit nicht) sowie Präriemonds Eltern, Brüder, Schwägerinnen und zwei schwule Neffen, die immer wieder einmal zu Besuch antanzten und das Wohlwollen ihrer Gastgeber maßlos strapazierten, bis bei verschiedenen Banken Zahlungen eingingen und sie für zumindest einige Zeit verschwanden.
    Aber jedesmal kamen sie wieder.
    Als er zu einem älterem Teenager heranwuchs, bereiteten seine Eltern ihn darauf vor, sein eigenes Konto zu führen,

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