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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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an sein Sterbebett und bot alle ihm geläufigen Überredungstechniken zu dem Versuch auf, ihnen einsichtig zu machen, wie sehr ihr Vorhaben den Lehren widersprach, die sie von ihm angenommen hatten. Die Reinkarnation sollte, wie es immer gewesen war, ihren natürlichen Verlauf nehmen! Denn was mochte einer Seele zustoßen, die dem Wechsel in einen neuen Körper geweiht war, wenn sie in einem Leib zu bleiben gezwungen wurde, den sie längst hätte verlassen müssen? Was für ein Greuel! Was für eine Katastrophe! Gar nicht auszudenken… Also bitte!
    Er sprach so nachdrückliche und überzeugungskräftige Worte, daß er beinahe selbst glaubte, was er da redete, und als er – wie er dachte – die Augen zum letztenmal schloß, geschah es in der Erwartung, daß seine Verehrer seinen Wunsch respektierten.
    Doch in Wirklichkeit hatten sie es nicht getan.
    Wären mir nach dem Abtauen nicht diese Beruhigungsmittel verabreicht worden, ich hätte getobt, Mord und Totschlag verübt.
     
    Langsam kehrte er geistig in die Gegenwart zurück. Als erstes bemerkte er, daß Nixy seine Hände hielt. Sie weinte wieder; auf ihren Wangen waren schmale, glänzende Tränenspuren zurückgeblieben. Ihre lapislazuliblauen Augen allerdings leuchteten, und Quaddel hatte den Eindruck, daß sie drauf und dran war, etwas zu sagen, das ihn aufmunterte, vielleicht sogar tröstete.
    Ehe sie jedoch ein einziges Wörtchen von sich geben konnte, sprang Kardinal Nummerneun aus seinem Sessel auf und verfiel in Gezeter.
    »Ich kann’s nicht glauben… Ich kann’s einfach nicht glauben! Sie hatten so ziemlich das tollste Religionsgeschäft laufen, von dem mir je zu Ohren gekommen ist – von unserem abgesehen, als es noch in Schwung war –, und Sie haben die Brocken hingeschmissen, alles sausen lassen, Sie haben das Handtuch geworfen, ohne wenigstens Ihre eigene Wiedergeburt zu arrangieren! Liebes Herrgöttchen, Sie hätten ‘ne ernsthafte Konkurrenz zu unserer Kirche aufziehen können, weil Sie nicht unseren Ballast an geistig verdrehter Dogmatik mitzuschleppen brauchten! Natürlich hätte sie keinen Bestand über den Zeitpunkt hinaus gehabt, an dem klar geworden ist, daß Menschen nicht reinkarnieren, aber bis dahin… Ach! Ich könnte heulen!«
    Er stampfte so gewaltsam mit dem Fuß auf, daß er sich schmerzhaft den Knöchel stauchte; er sank in den Sessel, rieb sich das Bein und schimpfte unterdessen gedämpft vor sich hin.
    Hast du Idiot denn von dem, was ich erzählt habe, kein Wort gehört? Hast du nicht kapiert, was für ein Leidensweg mein Dasein gewesen ist? Verspürst du denn mit mir, der ich vom zweiten Lebensjahr an gezwungen gewesen bin, ein Leben der Lüge zu führen, keinerlei Bedauern?
    Eine allumfassende, grauenvolle Kälte durchdrang Quaddels Gemüt.
    Aber zumindest Nixy verstand ihn. Jedenfalls hatte es den Anschein. Quaddel befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen und wollte Nixy nach ihrer Meinung fragen, da schleuderte die Päpstin ihre Zigarre auf den Fußboden und zertrampelte sie.
    »Raus mit ihnen!« brüllte sie. »Wache!«
    Zwei Gardisten, die am Schlüsselloch gelauscht haben mußten, stürmten herein.
    »Ich kann es nicht ausstehen, wenn man mich verarscht!« schrie die Päpstin, als meinte sie niemanden bestimmtes, während Quaddel und Nixy unsicher aufstanden. »Wenn ich diesen Auswurf eines Wurmlochs erwische, der behauptet hat, Guido Sansepolcro Verdi sei von den Toten zurückgekehrt, der größte Gauner der Menschheitsgeschichte, einer der treuesten Diener von Mutter Kirche, der Mann, von dem wir uns erhofft haben, er könnte uns von diesem verstunkenen Drecksplaneten wegbringen und den Weg zu einer Welt bahnen, auf der wir die Gelegenheit vorfinden, für unser Unternehmen eine solide ökonomische Grundlage zu schaffen…! Scheiße! Wenn ich bloß daran denke, wieviel von unserem besten Wein wir für diese beiden Flaschen vergeudet haben! Ich bin nur froh, daß ich’s mir verkniffen habe, diesen Nullen auch noch welche von meinen Zigarren anzubieten!«
    Außer Atem deutete sie mit gestrecktem Arm dramatisch schnaufend Richtung Ausgang. Unwillkürlich fragte sich Quaddel, wiewohl der Chefbürokrat bei dieser Geste aussähe, und wider Willen mußte er schmunzeln. Als er Nixy anblickte, erkannte er, daß sie den gleichen Gedanken hatte. Sie lächelten sich an. Dann grinsten sie breit.
    »Von uns brauchen Sie keinen Schutz mehr zu erwarten!« heulte die Päpstin. »Von mir aus sollen die Demonstranten, die die Gier

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