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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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völlig unmöglich. Du bist ja erst gestern aus der KryoSuspension geholt worden. Du hast noch nicht mal sämtliche Daten deiner Info-Pille geistig verarbeitet. Und trotzdem findest du hier Dinge heraus, die…«
    Ihr erstickte die Stimme.
    »Noriko, stehen Sie auf«, sagte Quaddel barsch. Ihm fröstelte, obwohl die Luft lau war, zweifellos wohl dank einer Stadtklimatisierung, die man kurz nach seinem Tod eingeführt hatte. »So, und nun möchte ich wissen, ob ich die Sache richtig sehe. Haben Sie dieses Transferverfahren etabliert, weil Sie sich einsam fühlen?«
    Ein Schweigen höchster Anspannung entstand. Dann ging in geschmeidiger Aufeinanderfolge, so daß es wirkte, als streifte ein frischer Wind die Halme eines Kornfelds, ein vielfaches Lächeln der Erleichterung durch die Reihen der Gesichter.
    »Warum? Zu meiner Zeit lebten viele Japaner, über hundert Millionen.«
    Plötzlich ergab sich eine kurze Diskussion, die ebenso schlagartig aufhörte. Ein männliches Simulacrum mit distinguiertem Äußeren und dem Gebaren eines Gelehrten hob die Arme zu einer Geste, die das Stimmengewirr sofort beendete, während Quaddel sich noch mit der Frage beschäftigte, wie es möglich war, daß Maschinen diskutierten. Als wäre der Simu-Mann Telepath, war genau das auch die erste Frage, die »er« ansprach, sobald er sich an Quaddel wandte.
    »Quaddel- san, wir möchten Ihnen gegenüber kollektiv unser Kompliment für Ihre Einfühlsamkeit in bezug auf unsere nichtmenschliche Spezies zum Ausdruck bringen, denn Ihre Diagnose trifft im wesentlichen zu. Bitte beachten Sie, daß wir Exemplare des besten und fortgeschrittensten Simulacrum-Modells sind, das Sie auf der Erde finden können, und wir sind den qualifiziertesten Modellen der Galaxis durchaus ebenbürtig. Allen Simulacren sind stets eigene Namen zugestanden worden, aber wir sind die einzigen, die sie sich von Anfang an selbst aussuchten konnten. Mein Name lautet Misuaki Miki. Ich bin es gewöhnt, daß gaijin mich Mick rufen.«
    Quaddel nickte zurückhaltend. Er sah Nixy an, die die Achseln zuckte, was soviel sagte wie: Ich bin ratlos.
    »Na schön«, antwortete Quaddel trockenen Munds. »Als erstes hatten Sie uns nach unserer >langen Reise< ein wohltuendes Bad angeboten. Sicher, ich wollte schon immer mal in einer ryokan wohnen, in ein Gemeinschaftsbad steigen, mir den Bauch mit Nudeln vollschlagen und auf ‘m futon mit hölzerner Kopfstütze schlafen, das alles hab ich mit gewünscht, aber…«
    »Sie sind abgetautes Gefrierfleisch, oder? Sie müssen schon in Japan gewesen sein.« Mick war offensichtlich »fortgeschritten« genug, um nach dem Vorbild schlechterzogener Menschen, indem er die vollauf naturgetreuen Hände faltete, seinen Gesprächspartner zu unterbrechen. »Sie sind hier gewesen, als alles, was wir betreiben, noch echt war, keine Fassade. Was für ein Glück. Dann wundert mich Ihre Einfühlsamkeit nicht mehr.«
    Quaddel rang sich ein trockenes Lächeln ab. »Das tut mir leid, aber es war nur so, daß meine Eltern in Kalifornien in der Nähe eines Japanerviertels gewohnt haben.«
    »Aha.«
    Pause.
    »Sind Sie müde von der Reise?« fragte Noriko schließlich in untertänig-schüchternem Ton. »Wünschen Sie das vorgeschlagene Bad zu nehmen, yukata zum Anziehen, heißen oder warmen Sake als Getränk, sushi, sashimi oder chawan-mushi zu essen?«
    »Nixy, hast du Hunger?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mein Wissensdurst ist größer als mein Hunger. Ich habe das Gefühl, hier könnten wir in Sicherheit sein. Sagen Sie mal… äh… Mick, leben gar keine Menschen mehr in Japan? Ich meine biologische Menschen.«
    »Nein, Anangaranga-Jones- san. Nicht in dem Sinne, den Sie ansprechen.«
    Diese Auskunft verblüffte Quaddel. »Moment mal. Gestern bin ich einem Exoplanetaren-Paar begegnet« – es stimmte, er paßte sich den neuen Lebensumständen in erstaunlich kurzer Zeit an –, »das eigens die Erde besucht hatte, um in Hiroshima atomisiert zu werden, nur wird diese >Touristenattraktion< nicht mehr veranstaltet. Wie war’s denn damit? Mußte nicht jemand da sein, der es organisierte?«
    »Diese Konzession«, antwortete Mick, als wollte er schleunigst über diese Angelegenheit hinweggehen, »ist an die Koreaner weiterverkauft worden.«
    Ich erinnere mich daran, gedacht zu haben, daß sich am Auftreten flegelhafter Touristen nichts geändert hat. Vielleicht gibt es auch an Japan manches, das sich nie ändert.
    »Warum ist denn jetzt niemand mehr hier

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