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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Kopfweh auslösen kann, und ich sage dir, er besteht darauf, es gäbe keine unangenehmen Nebenwirkungen und könne niemals welche geben.«
    »Regierungen und Großkonzerne haben auch zu meiner Zeit schon viel gelogen«, versicherte Quaddel.
    »Na, daß er lügen kann, glaube ich nicht. Ich…«
    Nixy verstummte mitten im Satz. Vor ihr und Quaddel war eine Gestalt von der Zierlichkeit einer Porzellanpuppe materialisiert: ein rundgesichtiges Mädchen, dessen Aussehen beinahe einer Parodie der überlieferten herkömmlichen japanischen Schönheitsnormen glich, gekleidet in kimono und obi, die Füße auf hohen, aber nur scheinbar wackligen Schuhen, im Haarknoten schwarzlackierte Stäbchen. Es verbeugte sich; verbeugte sich anschließend noch wiederholte Male.
    »Tut uns sehr leid ja, tut uns sehr leid ja, Direktheit-Rauheit von Militärperson verständlich, aber unverzeihlich, bitte vergeben Sie, erlauben Sie der unwerten Takanori Noriko, durch unverdienten Glücksfall, den sie durch Makellosigkeit im Dienst zu rechtfertigen versucht, Empfangsperson fürs Willkommenheißen von Besuchern, sich vorzustellen. Vielleicht sollte ich zuerst erklären, vergeben Sie bitte, warum Sie hier im Zeitalter des Sei Shonagon no Makura no Soshi sind, was heißt Sei Shonagons Kopfkissenbuch.«
    »Das habe ich mich«, gestand Quaddel, »allerdings auch schon gefragt.«
    »Es ist eine Sache kluger Zweckmäßigkeit, Quaddel- san.« Daß das Mädchen seinen Namen kannte, überraschte Quaddel, doch nur im ersten Moment; zweifelsfrei hatte sie ihn auf die gleiche Weise wie Mieze erfahren. »Wenn auf der Erde Duckmannsche-Direkttranslokatoren-Benutzer mit Absicht oder aus Versehen keinen Zielort nennen, ist es unser Privileg, diese Benutzer in unserem geliebten, aber von Touristen und anderen Reisenden beklagenswert vernachlässigten Nihon in Empfang zu nehmen.«
    »Ja wahrhaftig, stimmt«, sagte Nixy. Ihr geistesabwesender Blick bezeugte, daß sie wieder ihr HyperMemo konsultierte. »Aus irgendeinem Grund ist Japans Popularität praktisch auf null gesunken… Auaaa!«
    Erbitterten Blicks hob sie die Hände an die Schläfen.
    »Weißt du, manchmal wünsche ich mir, ich könnte das Ding einfach herausreißen und wegschmeißen.
    Ach, wahrscheinlich hast du recht, Rimski. Die Behauptung, es gäbe keine Nebenwirkungen, muß gelogen sein.«
    »Die Dame leidet Beschwerden«, rief Noriko betroffen. »Tut uns so leid ja, tut so leid! Gestatten Sie der Unwürdigen, Sie hinzuführen, wo Sie Erholung und Stärkung finden.«
    Nach einem halben Dutzend Schritte, während der die Landschaft rundum sich mit beunruhigender Schnelligkeit wandelte, betraten sie einen mit von Wasser geglätteten Steinen und in Porzellangefäße gepflanzten bonsai geschmückten Garten, in einer in traditioneller Architektur erbauten Herberge, mitsamt Wänden aus Ölpapier und allem Drumherum. Wie im Traum merkte Quaddel, wie er und Nixy Norikos Vorbild nachahmten und die Schuhe abstreiften, bevor sie die Schwelle überquerten.
    »Nach langer Reise gebührt dem Gast als erstes ein erfrischendes Bad«, meinte Noriko, schob eine Innenwand beiseite, so daß mit Kiefernextrakt aromatisierter Dampf hervorquoll. »Bitte legen Sie die Kleidung ab.«
    Quaddel machte Anstalten, dem Ersuchen nachzukommen, aber zögerte. »Sagen Sie mir erst mal eins«, sagte er nach einem Moment des Überlegens. »Warum haben Sie es so eingerichtet, daß jeder Reisende, der keinen Zielort angibt, hier hergelangt? Daß es eine sinnvolle Regelung ist, kann ich mir denken, sonst besuchten die Leute ja alles mögliche, nur Japan nicht, oder?«
    Spielte ihm die Phantasie einen Streich, oder bewegten sich hinter jeder der Papierwände menschenähnliche Schatten?
    »Leider Irrtum«, antwortete Noriko mit starrem Lächeln. »Wenn ein Reisender früher keinen Zielort gewählt hat, ist er nirgendwo hingelangt, tut mir sehr leid ja.«
    Hinter den Wänden lauerten menschliche Schatten, und zwar zu Dutzenden! Wie Geister wallten sie lautlos umher, verschmolzen einer mit dem anderen, zerflossen zu wieder getrennten Schemen…
    Eine Szene aus einer uralten Fernsehserie kam Quaddel in den Sinn: ein kluger Samurai überlistete dank so verräterischer Umrisse hinter einer Papierwand einen Ninja-Attentäter…
    »Rimski, was ist denn mit dir?« rief Nixy. »Du siehst ja plötzlich ganz schrecklich aus.«
    »Das ist ‘ne Falle!« brüllte Quaddel, warf sich, den Kopf gesenkt, die Fäuste nach vorn gestreckt, durch die nächste

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