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Chaos Erde

Chaos Erde

Titel: Chaos Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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die Beine übereinander; ihre Geste hätte ein beträchtliches Maß an Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, wäre sie nicht durch die viktorianischen Kleider weitgehend sabotiert worden.
    »Ich habe keinerlei Pillen abgelehnt!« brauste Quaddel auf. »Mir sind keine angeboten worden! Gesehen habe ich solche Pillen in der Klinik, aber niemand hat mir gesagt, daß ich eine schlucken soll. Welche Wirkung haben sie denn?«
    Eine Wirkung brauchen sie zum Glück nicht zu haben. Meine Emotionen normalisieren sich immer mehr. Gerade bin ich richtig stinksauer gewesen. Jedenfalls wütender als vorher.
    »Miss Anangaranga-Jones«, wandte sich Holmes nach kurzer Gesprächspause an Nixy, »es verdrießt mich, einer Klientin womöglich Vorwürfe zu machen, aber ich glaube, vorhin hörte ich Sie erwähnen, daß Sie ein HyperMemo mitführen.« Sie nickte. »Ist es Ihnen nicht in den Sinn gekommen, Ihrem Begleiter eine Komformation vorzuschlagen?« Holmes’ Blick fiel auf Quaddel. »Die geläufige Kurzform von >Kompaktinformation<, Mr. Quaddel.«
    Verstimmt enthielt Quaddel sich die Bemerkung, daß manche modernen Abkürzungen keiner Erklärung bedurften.
    Aber sollte Nixy ihm gegenüber wirklich so achtlos gewesen sein? Das mochte er nicht glauben.
    Mit trübsinniger Miene schüttelte Nixy den Kopf. »Ich konnt’s nicht. Multi-Opa hat mein HyperMemo so adjustieren lassen, daß nur ich es benutzen kann. Manchmal glaube ich, er ist der schäbigste Typ der Galaxis. Aber in diesem Fall will ich zu seinen Gunsten mal annehmen, er hat’s bloß getan, damit es für ‘n Dieb unbrauchbar ist.«
    »Nicht daß ein HyperMemo hier auf der Erde allzu verläßlich wäre«, brummte Carnacki. »Ich vermute, bislang sind Sie der meisten Informationslücken noch gar nicht gewärtig geworden, die auf die Tatsache zurückzuführen sind, daß die Yelignesen den Sektor >Solarsystem und Erde< einer der Spezies zur Beaufsichtigung übertragen haben, die von ihnen beim Wettbewerb um den Terra-Sanierungsvertrag aus dem Feld geschlagen wurde. Um auf hinterlistige Weise zu zeigen, daß die Yelignesen…«
    »Bitte!« Quaddel bemerkte, daß er die Hände zu Fäusten ballte. »Ich weiß nichts über all diese Spezies, nicht einmal über die Yelignesen. Dr. Watson! Wie wär’s, wenn sie mir jetzt eine der Pillen geben, die ich hätte nehmen müssen?«
    »Hmm…« Mit einer Würde, wie sie sonst nur ein Sechzigjähriger an den Tag legte, rieb Watson sich am Kinn. »Holmes, Sie verstehen davon wahrscheinlich mehr als ich. Könnte die Pille auf jemanden, der schon multisensorische Echtzeiterlebnisse hinter sich hat, eine gesundheitsschädliche Wirkung haben?«
    »Nicht daß ich wüßte. Allerdings wäre es vielleicht vorteilhaft, er ißt vorher noch eine Kleinigkeit.«
    Quaddel schnappte sich ein Räucherlachsschnittchen und verschlang es.
    »Tja, also gut«, meinte Watson mit einem Seufzen. »Wir können’s ja versuchen. Aber eines muß ich Sie zuvor noch fragen, Mr. Quaddel. Haben Sie im Anschluß an Ihre Auferstehung eine gewisse Dumpfheit Ihrer Emotionen wahrgenommen?«
    »Äh…« Quaddel hielt Rückblick. »Ich weiß nicht so recht… Mittlerweile kann ich wieder ganz schön wütend werden, würde ich sagen. Sie haben mich ja eben herumschnauzen hören… Bitte entschuldigen Sie übrigens meine Erregtheit… Also denke ich mir, ich bin darüber hinweg.«
    »Das ist leider nicht so.« Holmes hatte sich an seinem Platz vorgebeugt und musterte Quaddel mit einem Ausdruck geradezu grenzenloser Reife und Klugheit. »Freilich könnte Watson Ihnen etwas verabreichen, das Ihre Sensitivität in vollem Umfang wiederherstellt, aber…«
    »Es würde Ihnen überhaupt nicht behagen.« Auch der zwölfjährige Watson war jetzt tiefernst geworden.
    Schweigen folgte.
    Schließlich spürte Quaddel, daß er zitterte. Anfangs war es ein rein inwendiger Tremor, tief in seinem Innern hatte es angefangen, als wollten seine Eingeweide, das Herz und die Lungen sich ausschütteln, obwohl es ihnen dazu an den Voraussetzungen fehlte. Gerade als sein Gehirn, vom Ursprung der Reaktion am weitesten entfernt, seiner Zunge und den Lippen befahl, trotzig die Antwort zu formulieren, er sei zu diesem Risiko bereit, griff das Schlottern auf seine oberen Körperzonen über, auf die Stimmbänder, so daß er die Gewalt über sie verlor, und erfaßte als nächstes sein Gebiß, so daß ihm die Zähne klapperten wie die Kastagnetten einer Flamencotänzerin. Seine Augen blieben starr und weit

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