Chaos über Diamantia
irgendeinem Grund nicht mit allen Schichten ihres Bewußtseins akzeptieren konnte, dann war es sehr wahrscheinlich, daß das Verhängnis über sie kommen würde.
Er ließ eine Frau zurück, die sich in einem echt diamantischen Zustand weiblicher Verwirrung befand.
Fort war ihr Patriotismus. Vergessen ihre Rolle als Drahtzieherin hinter den Kulissen. Verschwunden ihre Loyalität zu ihren Gefährten. Verdrängt aus ihrem Bewußtsein das wahrscheinliche Schicksal des diamantischen Volkes. Die Möglichkeit einer Heirat beherrschte alles.
Es war das verhängnisvolle Syndrom der diamantischen Frau, und sie war von ihm eingesogen worden, während ihre Intelligenz in die andere Richtung geblickt hatte.
Und als ihre Intelligenz zurückblickte, hatte sie nichts anderes zu tun, als an einem verrückten Plan nach dem anderen mitzuwirken.
32.
In Neu Neapel war es beinahe zwanzig Uhr.
Sergeant Struthers saß in seinem Büro. Er war am Arbeitsplatz geblieben, weil er von Sorgen geplagt wurde. Seit Stunden sagte er sich, daß jede Minute das Telefon läuten müsse und daß es Leutnant Bray oder Oberst Morton sein würde.
Als er diesen Gedanken zum dutzendsten Mal hatte, bewegte sich das Gebäude unter ihm.
Struthers war ein erfahrener Mann und dachte sofort, es sei ein Erdbeben. Er tauchte unter seinen Stahlschreibtisch …
Spezialinstrumente in der nahen Universität zeigten später, daß ein Magnetfeld sich um den rückwärtigen Teil des Palastes gebildet hatte. Das Feld war so stark, daß die massiven Stahlträger, deren Skelett den Bau aus Stein, Holz und Glas trug, volle drei Meter in die Höhe gerissen wurden.
So plötzlich das Feld sich gebildet hatte, löste es sich wieder auf. Sofort fielen vier Stockwerke Palast krachend drei Meter abwärts. Die meisten Träger des Stahlskeletts verbogen sich nur. Hier und dort fielen ganze Gebäudeteile relativ intakt auf ihren Platz zurück. Aber nur hier und dort. Die ganze restliche Rückfront stürzte in sich zusammen.
Einer von den neun Männern, die später lebend geborgen werden konnten, war Struthers …
Zwanzig Uhr … Die Privatpraxis des ehemaligen Dr. Fondier, die er unter dem Namen Dr. Charles Morton betrieb, war ein schmalbrüstiges, zweigeschossiges Haus in einer etwas heruntergekommenen Gegend der Altstadt.
An diesem zweiten Abend seit Eröffnung der Praxis hatten sich mehrere Patienten von einem Schild mit der Aufschrift KOSTENLOSE BEHANDLUNG anlocken lassen. Um zwanzig Uhr saßen noch sieben Personen im Wartezimmer.
Sie wurden zu Augenzeugen, als der ganze Block von alten Gebäuden auf der anderen Straßenseite plötzlich in die Luft gehoben wurde. Zwei-, drei- und vierstöckige Häuser rissen sich von ihren Fundamenten und sprangen hoch. Weil sie vom Alter gebrechlich waren, barsten die Trägerverbindungen fast sofort und begannen Böden, Decken, Wände, Mobiliar und Bewohner abzuwerfen. Donnerndes Prasseln, dumpfe Erschütterungen, das Kreischen von zerreißendem Holz und menschliche Schreie vermischten sich in einem wüsten Inferno, das schließlich in einer dicken Wolke von pulverisiertem Mörtel, Verputz und anderem Staub erstickte. Dr. Fondier-Mortons Patienten vergaßen ihre Leiden und flüchteten in Panik. Was den Arzt selbst anging, so war er zum Zeitpunkt der Katastrophe gar nicht im Haus; eine halbe Stunde zuvor war er essen gegangen und hatte seine wartenden Patienten vergessen.
Fondier-Mortons Praxis war das Ziel des zweiten Schlages, den die Dunkelheit gegen alle Mortons führte. Die anderen Schläge richteten sich gegen etwa dreihundert weitere Mortons und erfolgten in einem Zeitraum von fünfundzwanzig Minuten. In jedem Fall entstanden Verheerungen, die Hunderte von Todesopfern forderten. Aber sie alle verfehlten ihre Ziele um zwei oder mehr Häuserblocks, und so erfuhren die meisten der falschen Mortons erst hinterher von den Katastrophen. Und keiner von ihnen ahnte auch nur, daß er das anvisierte Opfer eines Gegners war, der normalerweise nichts treffen konnte, das kleiner als ein Berg war.
Um 20.22 Uhr fand die Zerstörungswelle unvermittelt ihr Ende.
Morton öffnete seine Augen in seinem eigenen Körper. Sofort stand er von der Bahre auf und wandte sich an den Irsk-Führer. »Mgdabltt«, sagte er, »die Zeit drängt. Wichtige Ereignisse geschehen. Wir brauchen eine dringende Diskussion zur Lösung der strittigen Fragen.«
Der Irsk starrte ihn frostig an. »Wann sind Sie zu sich gekommen? Eben waren Sie noch
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