Chaosprinz Band 1
Geschmack, der findet auch Gollum aus Herr der Ringe süß«, mault Dirk, beißt dann noch einmal von seinem Brötchen ab und geht zurück ins Wohnzimmer. Seine Kumpels folgen ihm. Sie lassen den betrunken Rothaarigen nicht mehr aus den Augen.
»Hat Tom echt keinen Geschmack?« Ich drehe mich zu den Mädels um und ziehe einen Schmollmund. Die beiden lachen.
»Du bist sehr süß«, bestätigt mir Lena und strubbelt durchs Haar. Ich werde ein bisschen rot und lächele glücklich. Oh, es tut so gut, mal ein Kompliment zu bekommen.
»Tolles Buffet!« Ein hübsches Mädchen betritt die Küche, an ihrer Hand hängt ein gut aussehender Typ Marke Sportskanone, durchtrainiert, mit kurzem, dunkelblondem Haar und Zahnpastalächeln.
»Danke!« Elena nimmt das Kompliment strahlend an, obwohl sie ja eigentlich gar nichts mit den Fressalien zu tun hat. Das Mädchen schiebt ihrem Freund eine Weintraube in den Mund und probiert dann selbst von den verschiedenen Käsesorten.
»Achtung! Aus dem Weg!« Plötzlich rennt eine Horde Jungs durch die Küche. Grölend und lachend werfen sie sich einen Football zu, versuchen, ihn sich gegenseitig abzunehmen. Leicht hysterisch werfen sich Elena, Lena und ich über das Meißner Porzellan. Wir atmen erst wieder aus, als die Typen schreiend die Küche verlassen haben.
»Jaja, unsere Partys sind immer ein bisschen extrem…«, kichert das Mädchen entschuldigend. Ich brauche einige Sekunden, ehe ich realisiere, dass sie eigentlich mit mir spricht.
»Oh, aha…« Ich lächle etwas verwirrt.
»Du kennst das ja, Lena.« Sie grinst Lena an, doch diese nickt nur kurz und wickelt dann den kleinen Deckel der Teekanne in einen Werbeprospekt von Aldi.
»Wir gehen alle in eine Klasse. Martin, Lena, Jan, ich und die Verrückten von eben… Gott, wie unhöflich, ich hab mich ja noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Melanie.« Sie streckt mir ihre Hand entgegen. Ich schüttle sie.
»Und das ist mein Freund Jan.« Auch er begrüßt mich. »Wie schon gesagt, wir gehen alle in eine Klasse«, wiederholt sich Melanie. Ich nicke stumm.
»Und du bist?«, fragt mich Jan und schenkt mir wieder ein Zahnpastalächeln.
»Äh… ich bin…«
»Hey, Jan, hast du Alex gesehen? Sein Bruder hat hinters Sofa gekotzt…« Es ist einer von Dirks Kumpels.
»Nee, sorry, Alex hab ich schon eine Weile nicht mehr gesehen.« Ich schlucke. Soll ich das alles aufklären? Ist ja eigentlich nur als dämlicher Scherz gedacht gewesen, aber ich bezweifle, dass irgendeiner meinen verqueren Humor verstehen würde… Ach, was soll's.
Ich hab keine Lust auf Rechtfertigungen… Ich bin es so müde, mich immer erklären zu müssen, zu sagen, was ich will, was ich fühle, was ich denke, warum ich dies und das gesagt oder getan habe… Ich bin müde… Nee, sollen sie doch alle glauben, was sie wollen. Ich bin Alex doch sowieso nur peinlich, von daher… Der Kerl verzieht sich wieder und Melanie beugt sich zu mir herüber.
»Wir sind alle ganz aufgeregt wegen Alex' Bruder… nicht wahr, Lena?« Melanie lächelt Lena an, diese nickt nur grinsend.
»Wie gesagt, wir sind ein ziemlich schräger Haufen, aber haben auch eine wahnsinnig gute Klassengemeinschaft«, erklärt mir Melanie. »Unsere Klasse hält zusammen wie Pech und Schwefel, da kann nichts dazwischen kommen. Und Alex, also Alexander Ziegler, ist halt so was wie unser… hm, ja Anführer… klingt jetzt komisch, oder?« Sie lacht, Jan lacht, sonst lacht keiner. »Aber ist irgendwie so… er hält uns zusammen.«
Alex, der Anführer… Was soll ich davon halten?
»Kennst du Alex?«, fragt mich nun Jan.
»Nein.«
Was heißt denn hier kennen? Wir haben vor einer Woche miteinander geschlafen und leben im selben Haus. Das würde ich aber noch nicht als kennen bezeichnen…
»Naja, wir gehen seit der fünften Klasse alle gemeinsam zur Schule, nicht wahr, Lena?« Lena nickt und Melanie quasselt weiter. »Ich bin die beste Freundin von Alex' Freundin Anja.« Aha… Merkt die eigentlich, dass sich keiner für ihr Gelaber interessiert? Warum erzählt die mir das alles?
»Fertig«, brüllt Lena auf einmal und deutet auf die eingepackten Tassen und Teller. »Komm… äh, Horst, wir müssen eine Kiste finden, in die wir das ganze Zeug reintun können.« Lena schnappt meine Hand und zieht mich mit sich aus der Küche ins Wohnzimmer.
»Was hast du? Was war das eben? Und was ist denn das für eine gruselige Schnalle?«, frage ich Lena, als wir endlich nach unserer Flucht mitten auf der
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