Chaosprinz Band 1
Geburtstag bekommen, das ist das Meißner Porzellan meiner Urururgroßmutter…«, erklärt Martin leicht genervt.
»Und das wolltest du uns einfach mal zeigen? Wie nett!« Lena beugt sich über die hässlichen, kleinen Tassen und hebt den Deckel der Teekanne etwas an. Grob stößt Martin ihre Hand beiseite.
»Sehr witzig. Nein, das Geschirr haben wir eben aus dem Wohnzimmerschrank gerettet.«
»Steht der Wohnzimmerschrank in Flammen oder besteht der Verdacht, dass er in den nächsten fünf Minuten in sich zusammenfallen wird?« Gelangweilt öffne ich eine neue Bierflasche.
»Blödsinn«, fährt mich Martin an. »Ich hab nur völlig vergessen, dass der Schrank sich ebenfalls in einer Gefahrenzone befindet.«
»Gefahrenzone?« Ich ziehe beide Augenbrauen nach oben.
»Jaha! Das Wohnzimmer ist eigentlich eine einzige Gefahrenzone. Überall, wo die Leute stehen, tanzen, essen und trinken, kann etwas passieren…« Stöhnend sehen Lena und ich uns an. »Aus diesem Grund habe ich das Geschirr schnell in Sicherheit gebracht. Nicht, dass es ihm so ergeht wie den Sofakissen.«
»Was ist denn mit den Sofakissen?«, fragt Lena vorsichtig.
»Ihr habt doch den Kerl gesehen, der in den Pool gefallen ist?« Als wir nicken, fährt Elena fort. »Sie haben gewettet, wer die Kissen am weitesten in den Pool werfen kann.«
»Autsch!« Lena verzieht das Gesicht.
»Und der Typ, der reingefallen ist, hat gewonnen?«, frage ich grinsend. Elena und Martin sehen mich böse an. Ich ziehe schnell den Kopf ein und verstecke mich ein wenig hinter Lena.
»Wie dem auch sei, das Geschirr muss ordentlich verpackt und in Kartons an einem sicheren Ort gelagert werden!« Martin hebt den Blick.
»Was denn? Warum siehst du mich dabei an?« Ich drehe mich genervt weg und knabbere an ein paar Salzstangen.
»Tobi, bitte!« Elenas treue Augen suchen nach meinen.
»Oh nee, oder?«
»Ich helfe dir, dann geht's schneller.« Lena schnappt sich sofort eine der Tassen.
»Aber seid ja vorsichtig und nehmt zwei Lagen Zeitungspapier.«
»Boah, Martin…« Ich verdrehe die Augen.
»Jaja, ist ja schon gut…«
»Ey, Martin, Alter, geile Party, Mann!« Der große, breite Kerl mit dem Allerweltsgesicht, der zu Alex' Clique gehört, betritt mit zwei Kumpels und einer extremen Bierfahne die Küche. Grob schlägt er Martin mit der flachen Hand auf den Rücken.
»Danke, Dirk…«, nuschelt der etwas verschüchtert. Dirk grinst dreckig, mustert uns andere und schiebt sich dann ein halbes Brötchen auf einmal in den Mund.
»Ey, Lena, was geht?«, schmatzt er mit vollem Mund.
»Nicht viel…«, brummt Lena abweisend und nimmt Elena einen Stapel Altpapier aus der Hand.
»Was macht ihr da?« Dirk deutet auf das Meißner Porzellan.
»Wir bereiten ein Partyspiel für später vor«, lüge ich lächelnd.
»Aha.« Er starrt mich eine Weile an, will dann gemeinsam mit seinen Kumpels und knapp einem Dutzend belegter Brötchen die Küche verlassen.
»Äh, Leute, könntet ihr eventuell das Zeug hier drinnen essen… Ihr versteht schon, wegen der Krümel und so weiter…« Nervös blickt Martin von dem einen zum anderen.
Etwas irritiert bleiben die drei stehen und schauen auf die Brote in ihrer Hand.
»Das wäre wirklich spitze, danke!« Martin strahlt, schiebt sich an seinen Klassenkameraden vorbei und geht mit den Worten, er müsse mal eben nach dem Goldfisch gucken, wieder ins Wohnzimmer. Schweigend mampfen die drei ihre Brötchen, während wir immer noch Tassen und Teller in Zeitungspapier wickeln.
»Hey, Lena, hast du schon Alex' Bruder gesehen?«, fragt Dirk nach einer kurzen Weile. Lena schaut ihn überrascht an, blinzelt dann unauffällig in meine Richtung und schüttelt letztendlich stumm den Kopf.
»Mist, ich auch nicht…«, murmelt der Dicke. »Wär ja eigentlich nicht schlecht zu wissen, wer der Kerl ist, nicht, dass ich ihm noch aus Versehen eine in die Fresse schlage.« Er lacht laut und seine Kumpels machen es ihm nach.
»Hm, warte mal… ist das nicht dieser Typ mit den roten Haaren und den Sommersprossen… gleich da vorne…« Ich deute auf einen der Kerle, der ziemlich besoffen mitten im Wohnzimmer steht und sich völlig ohne Rhythmus zur Musik bewegt. Elena und Lena müssen schmunzeln.
»Echt, der?« Dirk mustert den Rothaarigen in seinem gestreiften Poloshirt.
»Meinte Tom nicht vorhin, Alex' Bruder sei klein und süß?«, fragt nun einer der anderen beiden. Ich strahle. Tom findet mich süß…
»Tom hat doch überhaupt keinen
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