Chaosprinz Band 1
Ehe… Ich liebe Bettina, aber manchmal… Sie ist nicht richtig glücklich, ich weiß nicht, was ihr fehlt und ich weiß auch nicht, wie ich ihr noch mehr Liebe geben soll. Ständig renne ich einem Idealbild hinterher und habe immer das Gefühl, zu versagen. Ich gebe mir die allergrößte Mühe, versuche, sie mit Geschenken zu überraschen, gemeinsamen, romantischen Wochenenden und ich überhäufe sie mit Komplimenten… Ich habe keine Ahnung, was ich falsch mache. Sie tut so, als ob sie sich freut, aber kann ich kein richtiges Glück erkennen. Ich renne ständig nur im Kreis.«
Er sieht wirklich verzweifelt aus. Ich habe das Gefühl, als ob ich ihn gerade zum ersten Mal in meinem Leben wirklich sehen würde. Nicht die Figur Joachim Ziegler, sondern den Menschen. Einen einundvierzigjährigen Mann, der unglücklich liebt und nicht weiterweiß.
Vorsichtig mache ich einen kleinen Schritt auf ihn zu. »Hast du ihr das alles schon einmal gesagt?«, frage ich leise.
»Nein. Das ist nicht so einfach…«
»Warum nicht?«
»Ich… ach, keine Ahnung. Wir sind jetzt seit sieben Jahren verheiratet, wir haben eine gemeinsame Familie und der Alltag… ich weiß nicht…« Wieder schweigen wir. »Eines Abends war ich dann alleine bei den Eichels. Ich war schlecht drauf, ich hatte das Gefühl, bei Bettina einfach nicht mehr weiterzukommen. Wir tranken eine Menge Rotwein, Jasmin, Matthias und ich. Dann musste Matthias zu einem Notfall in die Praxis. Jasmin und ich waren allein. Wir fingen an zu reden, über unsere Ehen. Jasmin ist auch unglücklich, weil Matthias so viel arbeitet und fast nie zu Hause ist und… Und so kam eines zum anderen… Das war vor etwa drei Monaten.«
»Schon drei Monate?«
»Ja.«
»Und wo trefft ihr euch immer? Hier in der Schule, wo ihr von irgendwelchen Schülern, Lehrern oder womöglich von Maria und Alex gesehen werden könntet?« Vorwurfsvoll schaue ich ihn an.
»Nein, nein, das ist heute zum ersten Mal passiert. Eigentlich wollte ich sie einfach nur von der Arbeit abholen und zum Essen einladen. Der Kuss war nicht geplant, sowas machen wir eigentlich nicht in der Öffentlichkeit.«
»Das finde ich äußerst sensibel und taktvoll von euch!« Spöttisch ziehe ich beide Augenbrauen nach oben.
Er hebt geschlagen die Arme. »Du hast recht.« Verzweifelt lässt er sich auf einen der Stühle fallen. »Wie geht es nun weiter?« Er blickt mich müde an. Ich zucke mit den Schultern. »Wirst du es Bettina sagen?«, fragt er mit rauer Stimme.
»Ich sollte es wahrscheinlich«, antworte ich tonlos und fühle mich schlecht.
»Sie wird mich verlassen«, haucht er.
»Grund dazu hätte sie.«
Er legt sein Gesicht in die Hände und schweigt.
Er tut mir leid. Egal, was er getan hat, er ist mein Vater, er ist traurig und er tut mir leid. Zögernd gehe ich vor dem Stuhl, auf dem er sitzt, in die Knie. Ich greife nach seinen Händen, ziehe sie von seinem Gesicht weg und schaue ihm in die geröteten Augen.
»Liebst du sie?« Er nickt. »Willst du um sie kämpfen?« Er nickt wieder. Ich denke an Timmy und Emma, an Maria und Alex, an unsere Familie…
»Ich werde dir helfen«, sage ich ernst. »Nicht, weil du es verdient hast, sondern weil wir Kinder es verdient haben, mit Vater und Mutter in einem liebevollen Umfeld aufzuwachsen… Und weil ihr euch liebt!«
Er lächelt schwach, trotzdem kann ich erkennen, wie dankbar er mir ist.
»Die Affäre mit Jasmin ist hiermit beendet«, sage ich streng und sehe ihn herausfordernd an. Er nickt schnell.
»Gut!« Ich halte immer noch seine Hände in meinen und ziehe ihn nun mühsam auf die Beine. Wir stehen uns gegenüber.
»Danke.« Er schaut mir direkt in die Augen.
»Ist schon okay.« Ich kann ein Zögern in seinem Gesicht erkennen, dann scheint er seine Zweifel zu überwinden und zieht mich grob in eine feste Umarmung. Überrascht und verwirrt erwidere ich sie. Wir halten uns einige Sekunden lang fest. Mein Herz klopft laut. So lange habe ich auf diesen Moment gewartet… Mein Vater!
»Wir müssen gehen, Alex und Maria warten am Auto auf mich«, nuschle ich mit roten Wangen, als wir uns voneinander lösen. Er nickt und schweigend verlassen wir den Kunstsaal.
An der gläsernen Eingangstür stolpern wir in Alex und Maria. Überrascht sehen sie von Joachim zu mir. Ich frage mich, ob wir wohl gerade so emotional aufgewühlt aussehen, wie wir uns fühlen.
»Ich dachte schon, du wärst in den Katakomben des Kellers verschollen«, nuschelt mir Alex entgegen, ehe
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