Chaosprinz Band 1
gehüllt. Aber es geht ihm schon viel besser und er kann die Hand ohne Probleme bewegen.
Er hält mir die Kamera unter die Nase und drückt auf den Auslöser. Helles Blitzlicht lässt mich blinzeln. Oh Mann, auf dieses Foto hätte die Welt bestimmt auch verzichten können.
Kurzzeitig blind tapse ich mit ausgestreckten Armen durch den Flur und stolpere fast über die herumliegenden Rucksäcke, was Timmy unheimlich komisch findet. Er lacht sich schlapp und ich reibe mir die tränenden Augen.
»Ich mach noch eins«, brüllt er und ich höre den Zoom surren, als er mich erneut fixiert.
»Timmy, Kleiner, willst du mit den Fotos nicht vielleicht warten, bis wir unterwegs sind, hm? Im Zoo gibt es doch noch ganz viele tolle Tiere, die du fotografieren kannst«, schlage ich ihm schnell vor.
»Warum denn warten, wo es doch auch hier schon so ein prächtiges Warzenschwein gibt.« Maria grinst mich böse an.
Alex kommt mit Emma an der Hand in den Flur, schnappt sich einen Rucksack und ignoriert unser Gekeife und Gerangel. Er hilft Emma, ihren kleinen, rosafarbenden Hello-Kitty -Rucksack aufzusetzen, und lässt sich dabei ohne Murren von Timmy fotografieren. Er sieht toll aus. Wie immer eigentlich.
Er trägt ein schlichtes, weißes T-Shirt mit einem unauffälligen grauen Aufdruck. Das Shirt ist nicht zu eng, betont aber perfekt seinen schlanken, durchtrainierten Oberkörper. Mir kommt es vor, als hätte der blöde Designer das Teil nur für ihn entworfen und direkt auf seinen Traumkörper zugeschneidert. Muss derselbe Kerl gewesen sein, der auch diese hellblaue Jeanshose angefertigt hat. Sie sitzt perfekt an seinen schmalen Hüften, umschmeichelt die langen Beine und…
Herrgott, wie soll sich ein normaler Mensch mit zwei funktionierenden Augen im Kopf denn bitte schön verhalten, wenn sein Hintern in diesen verfickten Jeans so aussieht… Er bückt sich, um Timmys Rucksäckchen aufzuheben, und ich kann nicht anders und muss starren… Oh Mann…
Maria hat meine kurze mentale Abwesenheit natürlich gleich ausgenutzt und ist mir mit ihren schicken High Heels auf den Fuß getreten. Ich jaule auf und halte mir die Zehen, während ich auf einem Bein herumhüpfe. Timmy und Emma lachen begeistert. Tolle Kinder! Ich glaube, sie schauen zu viele Zeichentrickserien.
»Was hast du überhaupt solche Schuhe an? Wir müssen eine Menge laufen, das ist dir hoffentlich klar«, motze ich Maria an und betrachte dann ihr sommerlich luftiges Outfit.
»Ich weiß, dass wir viel laufen werden, und ich weiß auch, dass das deine verdammte Schuld ist. Warum willst du denn unbedingt mit der U-Bahn fahren, wieso können wir nicht, wie alle kultivierten Menschen, das Auto nehmen?« Sie funkelt mich böse an.
»Aber das ist doch das Schöne an Ausflügen, dass man erst mal eine Weile braucht, bis man sein Ziel erreicht hat. Dadurch wird doch alles viel aufregender und bekommt so einen besonderen Touch .« Ich sehe schon, ich habe sie nicht wirklich überzeugen können.
»Du hast auch einen besonderen Touch!«, sagt sie und zeigt mir einen Vogel. Ich schüttle resigniert den Kopf.
»Alex, ich will ein Foto von dir und Tobi machen.« Timmy zieht Alex am Handgelenk und zeigt dann offen auf mich. Ich glaube, Alex weiß, wer Tobi ist…
»Was? Ach nee, nachher vielleicht…« Kurz strubbelt Alex seinem kleinen Bruder durchs Haar. Mit roten Wangen versuche ich, ein unbeteiligtes Gesicht zu machen. Ist irgendwie peinlich. Seltsame Situation.
»Bitte, Alex! Ich will ein Foto machen…«, jammert der Kleine und sieht seinen Bruder eindringlich an. Die großen, braunen Augen lassen ihn nicht mehr los.
»Wollen wir damit nicht lieber warten, bis wir im Zoo sind?« Alex klingt ein bisschen überfordert. Laut verneint Timmy und zieht weiter an Alex' Handgelenk herum.
»Na komm, dann machen wir halt schnell ein Foto. Wenn er unbedingt will…« Mir ist die Situation richtig unangenehm, je schneller wir das Thema wechseln können, desto besser…
Alex sieht mich kurz an, dann kommt er auf mich zu. Ich bekomme schon wieder Herzrasen. Wow, warum ist es denn so heiß hier drinnen? Könnte mal jemand ein Fenster öffnen, bitte? Ich schwitze!
Er stellt sich neben mich. Eng neben mich. Ich halte die Luft an. Wahnsinn, wie intensiv ich seine ganze Gestalt, seine Präsenz gerade wahrnehme. Seine Größe, der unverwechselbare Duft, die Wärme seines Körpers. Ich spüre eine schlanke Hand auf meiner Schulter, lange, feingliedrige Finger, die mich festhalten.
Weitere Kostenlose Bücher