Chaosprinz Band 1
setzt konzentriert einen Klotz neben den nächsten.
»Warum?«
»Damit ich meine Ruhe vor dir habe.«
Ich starre auf die winzige Barriere zwischen uns. »Die hält mich nicht auf!« Ich tippe mit dem Zeigefinger an eine Stelle der Mauer und dort fällt sie in sich zusammen.
»Hey!« Empört fährt Alex zusammen und funkelt mich an. Ich muss lachen. Gott, er ist so herrlich, wenn er wie ein kleiner Junge guckt. Mit zusammengezogenen Augenbrauen repariert er das Loch in seiner Mauer und ich sehe ihm vergnügt dabei zu.
»Okay, du hast es ja nicht anders gewollt: Jetzt gibt's Krieg!« Er kramt in einer großen Kiste, die neben ihm steht, und holt ein paar Playmobilfiguren heraus. Langsam und bedächtig stellt er sie hinter seiner Mauer auf wie ein kleines Heer.
»Ist das deine Armee?«, frage ich lachend.
»Ja.« Er beugt sich wieder über die Kiste und drückt dann den kleinen Soldaten Schwerter, Besen und Mistgabeln in die Händchen. Ich wirble herum und suche nun meinerseits nach Kriegern.
»Na warte, ich mach dich fertig«, murmele ich, sprinte mit großen Schritten durch den Raum und sammele hier und da Dinge ein, die mir passend erscheinen.
»Das werden wir ja noch sehen.« Alex lacht verächtlich. Ein paar seiner Ritter sitzen nun auf Pferden und weil's nicht für alle gereicht hat, müssen drei von ihnen sich auf Ponys setzen. Ich baue meine Soldaten auf der anderen Seite der Mauer auf.
»So, das hier ist Killer-Dolly, schön aber gefährlich.« Eine blonde Barbiepuppe, die einen roten Badeanzug trägt.
»Hier haben wir Luke Skywalker, er kämpft Seite an Seite mit seinem Vater Darth Vader.« Ich stelle die beiden Plastikfigürchen aus den Star-Wars-Filmen nebeneinander.
»Wir haben einen Dinosaurier gezähmt und dieses Segelboot verhext, es kann nun fliegen.« Ich setze Tyrannosaurus Rex, zusammen mit Luke, Darth Vader und der Barbie in das Schiff und hebe es in die Höhe.
»Was soll das?«, fragt Alex misstrauisch.
»Na, das Boot ist doch verzaubert: Wir fliegen jetzt über deine doofe Mauer…«
»Nein, es ist nicht verzaubert…« Alex zieht einen Schmollmund. »Ich spiele nicht mehr mit dir, wenn du dauernd so albern bist«, sagt er und hält schützend die Hände über seine Armee, als ich gerade mit meinem Schiff auf ihr landen will.
»Aber…«, maule ich, ehe mir etwas ins Auge fällt, das mich alles andere vergessen lässt.
»Gustav«, brülle ich, springe auf und eile zum Puppenhaus hin. Gustav sitzt in der Küche, lugt vorwitzig aus dem mit Gardinen behängten Fenster und sieht mich mit dunklen Knopfäuglein an.
Blitzschnell umrunde ich das Haus, greife nach dem kleinen Tier und halte es vorsichtig fest, damit es nicht erneut entwischen kann. Ich setze den Hamster zurück in seinen Käfig, wo er sich sogleich völlig verängstigt in seinem Häuschen versteckt.
»Ha! Was sagst du nun? Hatte ich recht oder hatte ich recht?« Ich strahle Alex herausfordernd an. »Hamster lieben nun mal große Villen mit drei Schlafzimmern, Küche und zwei Bädern…«
Alex verdreht die Augen und formiert stumm seine Soldaten neu.
»Sag, dass ich recht hatte oder ich mach dich und deine winzigen Männchen platt.« Ich streife mir eine plüschige Handpuppe über, bei der ich nicht genau weiß, was sie darstellen soll. Vielleicht einen Yeti oder so was in der Art…
Alex reagiert immer noch nicht. Auch nicht, als ich ihm mit der Handpuppe vor der Nase herumtanze. Meine Müdigkeit ist wie weggeblasen und auch die Kopfschmerzen von heute Früh sind verschwunden. Warme Impulse der guten Laune schießen durch meine Adern. Ich muss laut lachen. Alex will den Plüsch-Yeti davon abhalten, ihm ungestüme Küsse auf die Nase zu geben. Ich mache dabei laute Schmatzgeräusche und nun ist es Alex, der leise kichert, weil ihn das Fell der Handpuppe kitzelt.
»Hör auf, Bambi!« Er drückt meine Hand beiseite oder versucht es zumindest.
Ich wehre mich so gut ich kann und brumme dann so, wie es die Yetis eben tun: »Lass mich, ich werde dich zu Tode knutschen!«
Alex lacht wieder. Wir beginnen ein bisschen zu rangeln. Er ist viel stärker als ich, hält meine Hand nun mit einem festen Griff umklammert und drückt meinen Arm zur Seite. Ich versuche, mich loszumachen, und hebe grinsend den Kopf.
Ein heißer Blitz durchzuckt mich. Scheiße! Alex' Gesicht ist keine dreißig Zentimeter von meinem entfernt. Offen und blitzend sehen mich seine grauen Augen an. Der rosige Mund ist leicht geöffnet, die hellen Zähne
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