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Chaosprinz Band 2

Chaosprinz Band 2

Titel: Chaosprinz Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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Stunde der Wahrheit
    Ich hätte niemals gedacht, dass Schlussmachen eine dermaßen nervenaufreibende Angelegenheit ist. Allein der Gedanke daran bringt mich schon ins Schwitzen. Meine Hände werden feucht und in meinem Magen entsteht eine heftige Übelkeit, die sich in meinem gesamten Körper ausbreitet. Ich kann gar nicht sagen, wie froh ich bin, dass ich die ganze Scheiße nun hinter mir habe. Seufzend schließe ich die Augen. Für ein paar Sekunden verschwinden die vielen Leute, verschwindet die ruckelnde U-Bahn und verschwindet der dunkle Schacht, durch den wir blind hindurch rauschen.
    Es geht mir eigentlich ganz gut. Ich bin zwar recht müde und erschöpft, aber irgendwie auch erleichtert. Ich fühle mich, als wäre ich einen riesigen Berg hochgeklettert, allein, ohne Seil und Absicherung, und nun sitze ich stolz und zufrieden neben dem Gipfelkreuz und esse ein Käsebrot. Natürlich esse ich im Moment nicht wirklich ein Käsebrot – ist nur metaphorisch gemeint.
    Gestern rief ich Kim an und bat ihn um ein Treffen. Er holte mich dann heute Nachmittag nach dem Sportunterricht ab. Wir machten einen langen Spaziergang durch den Englischen Garten. Frische Luft, Ruhe und eine neutrale Umgebung, die uns Zeit und Raum geben sollte, um alles zu klären.
    So hatte ich mir das zumindest gedacht. Im Endeffekt stellte sich heraus, dass wir uns auch bei ihm in der Wohnung oder bei mir zu Hause hätten treffen können, das Gespräch wäre so oder so unangenehm geworden. Eine Trennung ist immer scheiße, daran kann auch der Ort nichts ändern.
    Alex hatte durch einen seltsamen Zufall – wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, er hätte unser Gespräch belauscht – mitbekommen, dass ich mich von Kim trennen wollte, und er war nicht besonders traurig darüber. Eigentlich hatte er den gesamten Nachmittag erschreckend gute Laune.
    Er nannte Martin seinen Kumpel , lachte herzhaft über die plumpen Witze von Dirk, gab den Mädchen eine Runde Kaffee aus und meinte ein paar Mal, dass er sich sehr auf den Sportunterricht bei Herrn Wolf freuen würde.
    Diese Aussage brachte ihm einige schockierte und auch besorgte Blicke seiner Freunde ein, doch schienen sie ihn nicht wirklich zu stören.
    »Sollen wir mitkommen?«, fragte Tom grinsend, als ich nach dem Unterricht auf dem Parkplatz stand und auf Kim wartete.
    »Was?« Ich sah ihn nur verständnislos an. »Wohin?«
    »Wohin wohl? Blöde Frage. Ich spreche von deinem Treffen mit Kim. Vielleicht brauchst du Unterstützung«, meinte er und setzte einen besonders unschuldigen Blick auf. »Wir können ja im Hintergrund bleiben. Ihr werdet uns überhaupt nicht bemerken… Naja, bis auf die Schilder, die wir in die Höhe halten und auf denen geschrieben steht: Go, Tobi! Schick ihn in die Wüste! Go! «
    Ich hatte keine Lust, mich auf irgendeine Art von Diskussion einzulassen, dafür war ich einfach nicht in Stimmung. So seltsam es auch klingen mag, aber im Grunde hätte ich nichts dagegen gehabt, wenn die anderen mich bei diesem schweren Gang hätten begleiten können.
    Ich weiß, es kommt nicht besonders gut an, wenn man Schluss macht und seine ganzen Freunde zum Zuschauen einlädt. Sieht ein bisschen brutal und arschlochmäßig aus. Aber ich sehnte mich sehr nach Unterstützung und jemandem, der mir das Gefühl gab, das Richtige zu tun.
    Ich hatte große Angst. Was sollte ich tun, wenn mir plötzlich die richtigen Worte fehlen und ich nicht in der Lage sein würde, meine Gefühle und Gedanken verständlich auszudrücken? Es ist mir wichtig, dass Kim meine Gründe nachvollziehen kann.
    Er sollte mich nicht hassen, bloß nicht, dafür bedeutet er mir immer noch viel zu viel. Er ist doch mein Kim. Mein Teenieschwarm. Mein Mr. Traummann. Ein Teil meiner Kindheit und meiner Pubertät. Ich will ihn nicht verletzen.
    Lena schenkte mir einen mitleidigen Blick. »Mach dir keine Sorgen, Tobi«, meinte sie leise. »Sei einfach ehrlich.«
    »Ja.« Ich lächelte schwach.
    Meine Kehle war schrecklich trocken und das Gefühl der Übelkeit wuchs und wuchs. Ich hatte wirklich Angst, mich mitten auf dem Parkplatz übergeben zu müssen. Lena und Tom kabbelten sich nun leise über sensible und unsensible Trennungsarten, Martin las in einem der Schulbücher und Alex rauchte schweigend eine Zigarette.
    Alex! Ich wusste einfach nicht, wie ich in diesem Moment mit ihm umgehen sollte. Schließlich war er einer der Gründe, wegen denen ich mich von Kim trennen wollte und musste. Der wichtigste Grund.

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