Chaosprinz Band 2
Ich liebe ihn.
Es war so verwirrend. Seine Nähe schien mir in diesem Moment einfach unangebracht zu sein. Ich fühlte mich schuldig und hinterhältig und wünschte ihn weit, weit weg. Aber dann war da auch noch diese starke, warme Sehnsucht. Seine Unterstützung bedeutete mir so viel und das Wissen, dass er für mich da war, schenkte mir Kraft und Stärke.
»Da kommt er«, rief Tom plötzlich und ich zuckte erschrocken zusammen. Kims Golf rollte auf den Platz.
»Okay, Tobi.« Lena nahm mich kurz in den Arm. »Viel Glück!«
»Danke«, hauchte ich leise. Langsam kam ich mir wirklich wie in einer Art Prüfung vor.
Aufgabe Nummer siebenundzwanzig: Trenne dich von deinem Freund, ohne dass a) jemand körperlich verletzt wird, b) einer heult und c) öffentliches Eigentum beschädigt wird.
Mit zitternden Knien wankte ich auf Kims Wagen zu.
»Viel Spaß!«, rief mir Tom hinterher. Ich hätte ihn gerne geschlagen.
Kim stieg nicht aus, er wartete im Auto auf mich. Meine Hände waren mehr als nur feucht, als ich die Beifahrertür öffnete.
»Hi«, sagte Kim.
»Hi«, krächzte ich. Schwer ließ ich mich auf den Sitz fallen und wollte gerade die Tür zu ziehen, als ich Alex' Stimme hörte.
»Bambi…«
Mein Herz klopfte wild. Ich blickte nervös auf. Er stand ein paar Meter entfernt, schaute mich aus seinen grauen Augen an und lächelte nervös.
»Bis später«, meinte er schließlich. Mir wurde sehr warm…
»Ja…«, flüsterte ich. Er hat es bestimmt nicht richtig gehört, denn Kim hatte den Motor gestartet und ich musste die Autotür schließen.
***
Hier muss ich raus. Die Bahn wird langsamer. Das vertraute Quietschen kündigt den nächsten Halt an. Ich erkämpfe mir einen Weg durch die aneinander gedrängten Fahrgäste. Die Türen öffnen sich automatisch. Zusammen mit einem Strom Leute werde ich nach draußen geschoben. Ich lasse mich treiben, mitziehen, immer weiter in Richtung der Rolltreppen.
Meine Anschlussbahn fährt mir vor der Nase weg. Perfekt. So was liebe ich. Seufzend studiere ich den Fahrplan. Zehn Minuten Wartezeit. Na, das geht ja noch. Ich bin wirklich froh, wenn ich zu Hause bin.
Kim war wenig verständnisvoll. Er begriff scheinbar nicht, was ich ihm sagen wollte. Vielleicht lag es aber auch nicht an ihm, sondern an mir und ich war einfach nicht in der Lage, ihm zu erklären, was in mir vorging.
»Hast du einen anderen?« Das war seine erste Frage, als ich ihm meine Entscheidung mitgeteilt hatte.
»Nein«, sagte ich schnell. Ich war ein bisschen entrüstet – und fühlte mich ertappt.
»Lüg mich nicht an«, knurrte Kim wütend. »Da ist ganz sicher ein anderer Kerl.«
»Kim«, meinte ich und versuchte, möglichst ruhig zu bleiben. »Unsere Beziehung ist nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Vielleicht… Nein, ganz sicher bin ich selbst daran schuld. Ich habe Dinge erwartet, die unrealistisch und naiv sind. Der Fehler liegt also im Grunde bei mir…«
»Was hast du erwartet?«, unterbrach er mich barsch.
»Ich… keine Ahnung…« Mann, war ich überfordert. »Manchmal hatte ich das Gefühl, dass du mich nicht richtig verstanden hast…«
»Wann? In welchem Zusammenhang?«
»Ähm… mir fällt jetzt kein richtiges Beispiel ein…« Ich schwitzte sehr.
»Dann müssen es ja prägende Ereignisse gewesen sein«, spottete Kim.
»Es… es waren eher Kleinigkeiten… Aber die haben sich eben summiert und dann…«
»Nenn mir ein Beispiel«, forderte er.
Ich war verzweifelt. »Ich weiß nicht… Auf der Einweihungsparty… Du warst ständig unterwegs, hast mit irgendwelchen Leuten geredet und… Ich kam mir so minderwertig und überflüssig vor… Du hast nicht bemerkt, dass ich vollkommen alleine war…«
»Herrgott, Tobi, ich war der Gastgeber. Was sollte ich denn tun? Mich mit dir in mein Zimmer verziehen und dich mit Trauben füttern?« Er war wütend.
»Nein, natürlich nicht… Das war ein dummes Beispiel… mir fällt nichts Besseres ein…« Wo war Marc, wenn man ihn brauchte?
»Dann machst du also mit mir Schluss, weil ich dich auf dieser Party nicht genug beachtet habe?«, schlussfolgerte er provozierend.
»Kim, das ist Blödsinn«, widersprach ich schnell. Seufzend raufte ich mir die Haare. »Vielleicht bin ich ja wirklich ein verwöhntes Sensibelchen… Aber ich brauche eben das Gefühl, dass mir jemand wirklich zuhört und mich versteht…«
»Und ich verstehe dich nicht? Ich höre dir nicht zu?« Nun war er beleidigt.
Verwirrt und eingeschüchtert zuckte ich
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