Chaosprinz Band 2
die heiße Stirn. »Dann werde ich dir noch etwas mehr Zeit geben. Melde dich, wenn du weißt, was du falsch gemacht hast.« Ich legte auf.
Marc meinte später, ich hätte mich richtig verhalten, aber warum fühlte sich dann alles so falsch an? Am liebsten hätte ich ihn angerufen, um Verzeihung gebeten und gehofft, dass er meine Entschuldigung annehmen würde.
Alex ließ nichts mehr von sich hören und ich fühlte mich mit jeder neu anbrechenden Stunde elender. Ich hatte meinen Stolz gerettet, doch was brachte es mir?
Doch nun hat sich das Blatt ja gewendet. Alex ist auf dem Weg zu mir. Er macht den ersten Schritt. Ich bin vollkommen aufgeregt.
»Er will endlich mit mir sprechen, Marc«, erkläre ich meinem Freund. »Ich habe so lange darauf gewartet…«
»So lange«, murmelt Marc spöttisch. »Zwei Tage sind doch nicht lang. Und außerdem sollte es nur selbstverständlich sein, dass er sich um dich bemüht.«
Ich habe keine Lust mehr auf diese Diskussion. Das sieht nun auch Marc ein und weil er mit rationalen Argumenten nicht mehr weiter kommt, verlagert er seine Überzeugungskraft auf eine etwas primitivere Ebene.
»Du willst ihn wirklich in die Wohnung lassen?«, fragt er noch einmal.
»Ja.«
»So?« Er sieht mich an. »Na, gut…« Marc zieht vielsagend beide Augenbrauen nach oben und summt leise vor sich hin.
Ich seufze gereizt. »Was willst du mir damit sagen?«
»Nichts«, meint Marc locker. »Du siehst nur ziemlich beschissen aus.«
»Was?« Ich starre ihn überrascht an.
»Ja.« Er nickt. »Deine Haare stehen ab, deine Nase ist knallrot und geschwollen, deine Augen sind klein und tränen, die Lippen trocken und du riechst nach Medikamenten und drei Tagen ohne eine Dusche…«
Entsetzt reiße ich die Augen auf. »Ist das wahr?« Ängstlich taste ich mir durchs Haar. Tatsächlich, ungewaschene Haarsträhnen stehen mir wild vom Kopf ab. »Oh, Gott«, hauche ich.
Klar, ich bin krank und keiner kann sich wohl als besonders sexy und anziehend bezeichnen, wenn er schniefend und hustend im Bett herumliegt. Aber trotzdem will ich nicht, dass Alex mich in diesem Zustand sieht. Er soll von meinem Charme bezaubert werden, nicht von meinen Bakterien.
Eilig schlage ich die Bettdecke zurück und schwinge die Beine vom Sofa.
»Was hast du vor?«, fragt Marc alarmiert.
»Ich gehe und melke eine Seekuh«, zische ich. »Blöde Frage, Marc. Wonach sieht es denn aus?«
»Es sieht so aus, als wolltest du dich gleich der Länge nach auf die Fresse legen«, meint Marc kühl.
Ich taumle tatsächlich. Mein Kreislauf ist im Keller. Mir ist wahnsinnig schwindelig. In meinem Kopf rauscht es wie auf einer dreispurigen Autobahn und irgendwie verschwimmt alles vor meinen Augen. Auf einmal sind da zwei Marcs.
»Vielleicht könnt ihr ja so nett sein und mich ins Badezimmer begleiten. Ich wäre euch wirklich sehr verbunden.«
Marc starrt mich etwas verwirrt an. »Ich denke, du solltest dich sofort wieder hinlegen«, meint er besorgt.
»Ich will mir aber lieber die Zähne putzen.«
»Nichts da, du fällst doch nur um und schlägst dir den Kopf an der Duschwand auf. Blut überall und ich muss die Sauerei dann sauber machen.«
»Du bist und bleibst einfach ein fröhlicher, lustiger Optimist«, murmle ich leise und schiebe mich an Marc vorbei in den schmalen Flur. Marc folgt mir aufgebracht.
»Tobi, wenn sich Alex mit dir versöhnen will, dann wird er das auch tun, wenn du dabei eine laufende Nase hast.«
»Dann hältst du Oberflächlichkeiten für nebensächlich?«
»Absolut.«
»Gut, dann stört es dich ja sicher auch nicht, dass dein Hemd total eingesaut ist.« Ich deute auf die dicken Suppenflecken, die quer über Marcs Hemd verteilt sind. Marc keucht entsetzt auf und besieht sich das ruinierte Kleidungsstück.
»Oh, Scheiße«, flüstert er.
»Ist doch nicht schlimm, Marc«, meine ich und schenke ihm ein böses Lächeln. »Manu wird es nicht interessieren, wenn du vor ihm sitzt und bekleckert bist wie ein sabbernder Zweijähriger.«
Marc schickt mir einen bösen Blick und stößt mich dann grob beiseite, um vor mir ins Badezimmer zu gelangen.
»Hey, ich muss duschen«, fauche ich und bekomme sofort wieder einen Hustenanfall.
»Reg dich nicht auf«, keift Marc und zieht sich das Hemd aus. Er beäugt die Flecken kritisch. »Duschen kannst du auch, wenn ich im Raum bin. Oder hast du Angst, ich gucke dir was weg? Nicht dass viel da wäre, was man wegschauen könnte.«
Ich versuche, empört nach ihm zu treten,
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