Chaosprinz Band 2
schaut sich neugierig um. »Wenn nicht alle so sehr damit beschäftigt wären sich korrekt und standesgemäß zu verhalten, dann könnten sie vielleicht auch diese heftige Anspannung wahrnehmen, die über diesem Raum liegt.« Ich schnaube nur. »Und deine Ausrede?« Sie sieht mir nun direkt in die Augen.
»Meine was?«
»Ich dachte, du überschüttest mich sofort mit Erklärungen, die Alexanders Verhalten verharmlosen sollen.« Überrascht starre ich sie an.
»Ich… Was meinst du?«
»Er tanzt mit diesem Mädchen, seiner Ex-Freundin, und tut so, als wäre er der perfekte, heterosexuelle Stammhalter einer ehrbaren Familie.« In Mas grünen Augen blitzt es.
»Er…« Ich ertappe mein Hirn wirklich dabei, wie es panisch nach Erklärungen sucht, um Alex vor Mas Anschuldigungen in Schutz zu nehmen.
»Tobi, manche Menschen können eben nicht aus ihrer Haut«, seufzt Ma leise. »Ich mag Bettina sehr, sehr gerne, doch wie du siehst, ist auch sie nicht in der Lage, sich aus dem von ihren Eltern auferlegten Gefängnis zu befreien. Sie tut, was von ihr verlangt wird, ohne sich dagegen aufzulehnen. Und dein Vater ist auch nicht besser. Er hat nicht einmal die Kraft, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen.«
Sie schüttelt ernst den Kopf. »Alex ist so aufgewachsen. Wahrscheinlich wird er sich nie ändern, selbst wenn er es gerne möchte.«
Ihre Worte machen, dass sich mein Herz schmerzhaft zusammenzieht. Ich höre auf, zu tanzen. Das Atmen fällt mir schwer. Der Raum erscheint mir auf einmal nicht mehr groß und gemütlich. Die Wände sausen auf mich zu, wollen mich erdrücken. Die stimmungsvolle Dunkelheit verwandelt sich in eine bedrohliche Finsternis und die wohlklingende Musik in das schrille Lachen des Teufels. Ich muss hier raus.
Hastig löse ich mich von Ma und eile quer durch den Raum und auf die breiten Flügeltüren zu. Die kalte Luft in der stillen Eingangshalle beruhigt mich ein bisschen. Ich hole tief Luft. Der Schmerz ist immer noch da. Hat Ma recht? Ja…
Eilig suche ich nach meiner Jacke… Da ist sie.
»Wo willst du hin?« Alex. Keine Ahnung, wo er so plötzlich herkommt. Ich zucke zusammen und starre ihn überrascht an.
»Weg.«
»Aha.« Er mustert mich kritisch. »Ist was passiert?«
»Irgendwie schon, ja.« Ich nicke. Zitternd versuche ich, mir die Jacke anzuziehen. »Ich habe begriffen, dass sich manche Dinge eben doch nicht ändern. Niemals ändern…«
Alex erwidert nichts. Immer noch sieht er mich ernst an. Dann öffnet er langsam den Mund.
»Nein, bitte spar dir das«, sage ich laut. »Ich kann nicht mehr… nicht immer diese Erklärungen, die nichts erklären… keine neuen Versprechen, die niemals wahr werden… ich…«
Stimmen dringen aus der Küche. Es sind die Stimmen von Pa und Bettina. Sie reden… streiten… Alex dreht sich sofort um und eilt auf die Tür zu.
»Lass sie allein!«, sage ich scharf.
»Wenn Mom mich braucht…« Er wirkt besorgt.
»Deine Mutter ist alt genug.« Ich greife nach seinem Arm.
»Du bist nicht für sie verantwortlich. Du musst nicht ihre Entscheidungen treffen. Es ist ihr Leben.«
Er bleibt vor der Tür stehen. Langsam und vorsichtig öffnet er die helle Holztür, betritt die Küche jedoch nicht. Pa und Bettina stehen einander gegenüber. Sie hat die Arme vor der Brust verschränkt und starrt stur aus dem Fenster. Ihre Haltung ist mehr als nur abweisend. Er wirkt ein bisschen verzweifelt.
»Bettina, ich…«
»Du wolltest mit mir sprechen«, faucht sie leise. »Dann tu es gefälligst auch und hör auf, hier so herumzustammeln.«
Er nickt und rauft sich die dunklen Haare. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll…«
»Da kann ich dir auch nicht helfen«, blafft sie.
Er seufzt tief. »Ich habe… ich habe etwas Schlimmes getan…«
Sie reagiert nicht. Nur ihre Augen fangen an zu glitzern.
»Ich wollte nicht…«
»Ach?«, zischt sie mit halberstickter Stimme. »Du wolltest nicht? Du wolltest nicht mit Jasmin ins Bett gehen? War es ein Unfall, oder was?«
»Nein«, murmelt er beschämt. »Aber ich wollte dir nicht wehtun…«
»Natürlich«, giftet sie. »Du konntest ja auch nicht ahnen, dass es mich verletzt, wenn du mit meiner besten Freundin schläfst.« Nun rinnen ihr doch Tränen über die Wangen.
Pa sieht sie hilflos an. »Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe…«, murmelt er schwach.
Sie lacht humorlos auf. »Toll! Du weißt, dass du Scheiße gebaut hast. Na, das ist doch super. Ich glaube, ich verzeihe dir sofort.«
Er
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