Chaosprinz Band 2
unsere Wohnung«, fügt Uwe weniger wortgewandt hinzu. »Du warst noch nie bei uns, oder, Tobi?«
»Nein.« Ich schüttle den Kopf.
»Dann bist du hiermit herzlich eingeladen.« Janosch strahlt.
»Gerne, vielen Dank.« Ich erwidere sein Lächeln.
»Hm, die Canapés sind wirklich lecker«, lobt Michael Marc und beißt von einem runden, kleinen Blätterteighäppchen mit Crème fraîche und Schinkenstückchen ab.
»Danke. Es tut mir leid, dass das Essen immer noch nicht fertig ist, aber der Ofen ist ziemlich langsam. Er braucht eine halbe Ewigkeit, bis er richtig heiß wird. Ich wollte ja längst einen Handwerker kommen lassen, aber…« Er seufzt.
»Ich habe doch gesagt, ich werde ihn reparieren…«, murmelt Manu etwas gereizt und sieht seinen Freund ernst an.
»Ja, die Frage ist bloß, wann…«, meint Marc zickig. Janosch stöhnt und Jens gießt sich schnell noch etwas Wein nach.
»Das überlebe ich nur betrunken«, nuschelt er leise vor sich hin. Natürlich haben wir es alle gehört. Oh Gott, das entwickelt sich wirklich zu einer mittelgroßen Katastrophe. Jemand muss was tun.
»Und du bist dir sicher, dass die Hähnchen noch nicht fertig sind?«, frage ich Marc.
»Ja, ich bin mir sicher.«
»Wollen wir vielleicht mal nachschauen? Es wäre doch eine Schande, wenn sie uns anbacken würden, meinst du nicht auch?« Ich starre Marc mit festem Blick an.
»Ich denke, das ist nicht nötig.« Marc starrt zurück.
»Ich denke aber doch.« Mit einem Ruck schiebe ich meinen Stuhl nach hinten, stehe auf und gehe zur Tür. Sehr langsam und sehr unwillig folgt mir Marc.
»Wir sind gleich wieder da«, flötet er mit einem falschen Lächeln.
Schweigend gehen wir den langen Flur entlang und in die Küche. Marc bückt sich, wirft einen einzigen Blick durch das Ofenfenster und richtet sich wieder auf.
»Alles okay, wir können wieder zurück«, meint er kühl.
Ich schließe die Küchentür und sehe ihn eindringlich an. »Was ist los mit dir?«, frage ich ruhig. »Und sag jetzt nicht wieder nichts !«
»Es ist aber nichts«, presst er zwischen den Zähnen hervor.
»Und warum verhältst du dich dann wie ein Arschloch?«
Er antwortet nicht.
»Warum machst du Manu so fertig?« Ich gehe einen Schritt auf ihn zu.
»Ich mache ihn nicht fertig«, widerspricht Marc mit rauer Stimme.
»Doch, das tust du. Er versucht, dir alles recht zu machen, er gibt sich solche Mühe…«
»Ich glaube nicht, dass dich das alles etwas angeht, Tobi.«
»Ihr seid meine Freunde«, werfe ich rasch ein.
»Und unsere Beziehung ist privat«, erwidert Marc streng.
»Andere würden vor Freude vergehen, wenn sie so einen lieben Freund hätten, der ihnen jeden Wunsch von den Augen abliest, und du…«
»Ich hasse es!« Er ist laut geworden. Aufgebracht stehen wir einander gegenüber und starren uns an.
»Du hasst es, wenn dein Freund nett zu dir ist?«, frage ich und kann ihn nicht verstehen.
»Ich hasse den Grund für seine Nettigkeit.« Marc zittert.
»Seinen guten Charakter?« Ich begreife es immer noch nicht.
»Sein schlechtes Gewissen«, klärt mich Marc auf.
Sekundenlang sehen wir uns einfach nur an.
»Du meinst, er hat ein schlechtes Gewissen wegen der Sache mit Ben? Aber das ist so lange her…«
»Ich weiß. Ich habe ihm tausendmal gesagt, er soll es endlich vergessen.« Seine Stimme klingt rau.
»Wie könnte er… wie könnte er es vergessen, wenn du es nicht kannst…?«
»Was? Wie kommst du da drauf, dass ich…?«, widerspricht mir Marc schnell.
»Weil es die Wahrheit ist. Egal, ob zwei Jahre vergangen sind oder zehn, du kannst es nicht vergessen.«
»Wer bist du? Ein Paartherapeut? Ich lasse mir von einem achtzehnjährigen Grünschnabel bestimmt nicht sagen, wie meine Beziehung funktioniert.« Böse funkelt er mich an.
»Nur weil ich jung bin, bedeutet das noch lange nicht, dass ich keine Ahnung von der Liebe habe«, verteidige ich mich laut. »Du bist es doch immer, der mit klugen Ratschlägen um sich wirft. Wie wäre es, wenn du sie selbst auch mal beachtest und befolgst?«
»Du und Ahnung von der Liebe.« Marc schnaubt verächtlich. »Du machst mit einem Kerl rum und denkst dabei die ganze Zeit an einen anderen. Das ist natürlich sehr erwachsen und vernünftig.«
Au! Schmerz… Mein wunder Punkt… Das hat wehgetan…
»Wenigstens weiß ich, was ich fühle, und bin auch bereit, dazu zu stehen. Es läuft nicht alles perfekt, das ist mir schon klar, aber ich kämpfe für mein Glück und will etwas ändern, will
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