Chaosprinz Band 2
durch die geschlossene Tür.
»Will der uns verarschen?« Kim grinst mich unsicher an. Dann öffnet sich die Tür ein zweites Mal und Manu lächelt uns etwas verlegen an.
»Das war nur ein kleiner Scherz. Kommt rein, ihr seid bestimmt ganz durchnässt, bei diesem Sauwetter.«
Wir treten ein. Ich küsse Manu auf die Wange, dann ziehe ich meine feuchte Jacke aus und hänge sie an die Garderobe.
»Wo ist denn unser Scherzkeks?« Ich schaue ins Wohnzimmer, kann Marc aber nirgends entdecken.
»Küche«, meint Manu leise. »Er hat ganz schlechte Laune.«
»Schon wieder?«
»Schon eine ganze Weile. Seit dem Wochenende… seit…« Manu räuspert sich und schaut betreten zu Boden.
»Er hat es dir gesagt? Er hat dir gesagt, dass wir Ben gesehen haben?«, frage ich flüsternd.
»Ja.« Wir sehen uns schweigend in die Augen.
»Was tuschelt ihr denn da? Redet ihr über mich?« Marcs Stimme erschallt lautstark aus der Küche.
»Wie kommst du denn da drauf?« Ich gehe zu ihm. Er kniet vor dem Herd, schaut hinein und macht ein grimmiges Gesicht.
»Was gibt's denn da so Spannendes zu sehen?« Ich stelle mich hinter ihn, beuge mich runter, lege beide Arme um seinen Hals und gebe ihm einen Kuss auf die linke Wange. »Ist euer Fernseher kaputt?«
»Nein, ich betrachte gerade nur unser ruiniertes Essen«, nuschelt er brummig.
»Ruiniert?« Ich gehe nun ebenfalls in die Knie. »Hm, ja du hast recht. Igitt, schau mal, die Hähnchenschenkel sind knusprig zart überbacken, die Soße hat eine appetitliche Farbe und alles riecht ganz ausgezeichnet. Einfach widerlich. Hast du noch ein paar verschimmelte Eier im Kompost oder ein altes Brot im Mülleimer? Hm, darauf hätte ich jetzt Hunger.«
Marc drückt mich zur Seite und steht auf. »Witzig. Sehr, sehr witzig.«
»Tut mir leid, aber ich weiß einfach nicht, wo dein Problem ist. Das Essen sieht wirklich köstlich aus.«
Er erwidert nichts. Auf dem langen Küchentisch steht ein großer, runder Teller mit leckeren Häppchen, Käse und Weintrauben. Marc fängt an, sie hin und her zu rücken.
»Was hast du?«, frage ich ihn. »Du bist so komisch.«
»Du bist auch komisch, aber sage ich dir das so offen ins Gesicht? Nein.«
»Hast du dich mit Manu gestritten?«
»Wieso sollte ich?«, zischt Marc ungehalten.
»Keine Ahnung. Du hast ihm von dem Treffen mit Ben erzählt?« Eine rhetorische Frage, Manu hat mir die Antwort ja bereits gegeben. Marc dreht sich zu mir um. Seine dunklen Augen glitzern. Er fixiert mich wütend.
»Natürlich habe ich es ihm gesagt, warum auch nicht?«
»Und wie hat er reagiert?«, frage ich vorsichtig weiter.
»Ich denke nicht, dass dich das etwas angeht.« Marc holt zwei Flaschen Weißwein aus dem Kühlschrank und sucht in einer Schublade nach einem Korkenzieher.
Ich beuge mich über den Teller mit den Canapés und warte den Moment ab, in dem Marc mir seinen Rücken zudreht. Hastig lasse ich eines der Häppchen in meinem Mund verschwinden. Hm, Thunfisch… lecker…
Marc stellt die Flaschen auf den Küchentisch. Zwischen seinen Augen hat sich eine tiefe Falte gebildet. Seine Ich-bin-sauer-und-grübele-über-mein-achso-schreckliches-Leben-nach- Falte. Als er aufschaut und mich mit vollem Mund und unschuldiger Miene neben dem Tisch stehen sieht, muss er sich aber doch ein Grinsen verkneifen.
»Du sollst nicht naschen«, tadelt er mich streng.
»Das sieht aber alles so köstlich aus und ich habe Hunger.« Ich seufze und werfe noch schnell einen sehnsüchtigen Blick auf den Teller, ehe Marc ihn außerhalb meiner Reichweite auf die Küchenzeile stellt. »Willst du mir wirklich nicht sagen, wie Manu auf die ganze Sache reagiert hat?«, traue ich mich, noch einmal dieses unangenehme Thema anzusprechen.
»Mein Gott, Tobi, ich kann das ganze Theater nicht verstehen. Wie soll er denn schon groß reagiert haben? Diese Sache ist so lange her und spielt keine Rolle mehr.« Marcs Stimme klingt gereizt.
»Dann hat er also überhaupt nichts dazu gesagt?«
Marc stöhnt, verdreht die Augen und schiebt sich ein Canapé in den Mund. »Er hat sich natürlich gleich Sorgen gemacht und sofort wieder ein schlechtes Gewissen bekommen.«
Ich gehe zu ihm, lege ihm einen Arm um die Hüften und lehne mich an seinen Rücken. »Braucht er doch nicht, oder?«
»Natürlich nicht, und das habe ich ihm auch gesagt.«
»Im selben Ton, wie du es mir und den anderen immer wieder gesagt hast?«
»Wie meinst du das?«, fragt er misstrauisch.
»Ach egal.« Ich drücke ihn noch
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