Chaosprinz Band 2
mich auf Noresund hin und her.
»Das war's! Die Elfe ist weg«, motzt Alex am anderen Ende der Leitung. »Sie ist auf ihr Pferd gestiegen. Die beiden haben gesagt, sie wollen lieber zurück in den Regen, als sich hier von dir auslachen zu lassen. Und sie kommen nie wieder.«
»Warte mal, das Pferd konnte auch sprechen?«, frage ich kichernd. »Oh bitte, hol sie zurück, ich will auch mit dem Pferd reden.«
»Ich glaube, ich lege jetzt auf.« Alex klingt sehr gekränkt.
»Nein…« Ich habe mich wieder gefangen. »Wenn du jetzt auflegst, dann wirst du doch nicht erfahren, was heute Abend passiert ist.«
Er legt nicht auf. Schweigend wartet er darauf, dass ich mit meiner Erklärung beginne.
»Ich hatte Streit mit einem sehr engen Freund… und mit Kim.« Seufzend schließe ich die Augen.
»Warum?«, fragt Alex ernst.
»Mit Marc habe ich mich gestritten, weil ich ihm Dinge gesagt habe, die ich wohl lieber nicht hätte sagen sollen. Ach, das ist kompliziert. Ich wollte es nicht, nicht so...«
Meine Gedanken sind bei Marc. Wie er Manu angeherrscht hat. Wie gereizt er auf jedes Thema reagiert hat, dass irgendwie mit Ben und ihnen zu tun hat. Wie traurig er gewesen ist… Er hat gesagt, Manu hätte ihm so wehgetan. Er hat gesagt, er würde ihn wahnsinnig lieben. Er hat gesagt, ich soll aufhören…
»Meine Freunde haben Beziehungsprobleme und das, obwohl sie sich lieben…«, sage ich sehr leise. Ich kuschle mich in das weiche Kissen. Den Telefonhörer presse ich an mein rechtes Ohr. »Eigentlich wollte ich ihnen nur helfen, aber ich glaube, das ist ziemlich nach hinten losgegangen. Marc wird mich jetzt ganz sicher hassen.«
»Ach, ich weiß nicht. Ich fürchte, du bist zum Hassen vollkommen ungeeignet, Bambi. Dein Freund wird dir schnell verzeihen«, meint Alex locker.
Ich muss lächeln. Ein Kompliment… ziemlich versteckt und verdreht, aber immerhin… Süß.
»Und was war nun mit Kim?«, fragt er ruhig.
»Mit dem habe ich mich auch gestritten«, sage ich leise. »Er hat nach meinem ersten Mal gefragt. Ich habe ihn angelogen und heute ist die ganze Sache aufgeflogen.«
»Das war ziemlich dämlich, Bambi«, meint Alex direkt.
»Was?«
»Alles, die ganze Lüge.«
»Wäre es dir lieber gewesen, ich hätte ihm erzählt, dass du mein erster Mann gewesen bist?«, frage ich bissig.
»Nein«, antwortet er mit rauer Stimme. »Aber warum hast du nicht behauptet, noch Jungfrau zu sein?«
»Ich… keine Ahnung. Vielleicht wollte ich nicht ganz so unerfahren rüberkommen.« Nun schäme ich mich für meine Dummheit. Aber das ist ja immer so, im Nachhinein ist man immer schlauer.
»Denkst du, er wird sich wieder beruhigen?«
Ich kann den Klang in Alex' Stimme einfach nicht deuten. Ist er froh über Kims und meinen Streit oder will er, dass wir uns vertragen?
»Keine Ahnung«, gebe ich offen zu. »Aber egal, was passiert, eine Antwort wird er auf jeden Fall fordern.«
»Die Wahrheit kannst du ihm nicht sagen«, meint Alex ernst.
»Hast du Angst, er verrät es Pa und deiner Mutter oder er kommt in die Schule gestürmt und schreibt die Neuigkeit während des Mathe-unterrichts an die Tafel?«, frage ich spöttisch.
»Nein, ich habe keine Angst«, erwidert Alex mit tiefer Stimme. »Aber ich denke, dass er es niemals akzeptieren könnte. Eure Beziehung wäre im Arsch. Ich habe ihn nur zweimal gesehen, ich kenne ihn nicht wirklich, aber eine Sache weiß ich: Kim ist abartig eifersüchtig!«
»Ich will nicht, dass du so von ihm sprichst, du kennst ihn doch gar nicht«, verteidige ich meinen Freund hastig. Eine kleine Stimme in meinem Kopf flüstert mir aber zu, dass Alex höchstwahrscheinlich wieder mal recht hat.
»Wie du meinst«, nuschelt Alex undeutlich.
Ich blicke in den verregneten Himmel über mir und genieße die kuschelige Wärme unter meiner Bettdecke. Wir schweigen. Auch das ist schön. Ich bin nun viel ruhiger und entspannter. Diese tiefe Stimme an meinem Ohr macht, dass ich mich gut fühle.
Ich betrachte die leere Matratze auf meiner linken Seite. Es wäre schön, wenn ich ihn nicht nur hören, sondern auch sehen könnte… Meine linke Hand streicht sacht über den leeren Platz neben mir. Wenn er dort liegen würde…
Ich setze mich im Bett auf. Eine wilde, erregende Sehnsucht ist wie ein großer, heller Blitz durch mich hindurch gefahren und hat mich unter Strom gesetzt. Mein Herz pocht verlangend in der Brust. Es ruft, es protestiert, es fordert, es will Alex…
»Bist du in deinem Zimmer?«,
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