Chaplins Katze, Clintons Kater
verbrachte manchen häuslichen Abend zufrieden auf dem Schoß des Kanzlers. Gar nicht dumm, diese Katze, sich gleich ein Zuhause ganz oben auf der politischen Leiter zu suchen.
Mieze (eigentlich kein besonders fantasievoller Name) verdiente sich ihren Lebensunterhalt, indem sie dem Kanzler ruhige Abende im Heim beschert und unpolitisch geschnurrt hat. Kohl gewann eine Katzen liebende Wählerschaft für sich, als er einmal zugab, der beste Ausklang eines Tages sei für ihn, »nach Hause zu kommen, nichts zu tun, die Katze auf dem Schoß zu haben und zu streicheln«.
In der deutschen Politik wimmelt es nur so vor Katzen, die auch mit Leichtigkeit über alle politischen Grenzen springen.
Kohls Arbeitsminister Norbert Blüm wurde nicht nur mit seinen Kollegen und politischen Gegnern fotografiert, sondern auch zufrieden auf dem Sofa liegend, während Lea, eine langhaarige braunschwarze Katze ihm über die Schulter kletterte und ins Ohr linste. Leas vierbeiniger Gefährte ist der Kater Habibi.
Blüms Frau Marita ist keineswegs eifersüchtig auf die enge Beziehung ihres Mannes zu Lea. »Wenn das Auto meines Mannes noch drei Straßen entfernt ist, springen unsere beiden Katzen schon auf und rennen zur Tür. Dann weiß ich, dass Norbert in zwei Minuten nach Hause kommt.«
Blüm ist ganz einer Meinung mit Kohl, was die
Katzentherapie angeht. »Vielen Leuten würde es gut tun, wenn sie eine Katze hätten. Katzen bringen Frieden ins Haus und ihr Schnurren klingt wie Musik.« Soso. Und wie kommt es dann, dass die vielen Katzen, die es auf der ganzen Welt gibt, es bis jetzt nicht geschafft haben, dieser Welt auch Frieden zu bringen?
EDWARD LEAR (1812-1888), englischer Maler und in seinem unsterblichen zweiten Leben Meister der Nonsens-Dichtung.
Generationen von Kindern (wie Lewis Carroll hatte auch Lear selbst keine Kinder) sind mit seinen unvergleichlichen Geschichten groß geworden, zum Beispiel mit ›Der Kauz und die Katze‹ oder ›Die Geschichte der Sieben Familien vom Pippel-Poppel-See‹. Lears eigener Kater, den er so oft als wild und aggressiv beschrieben und gezeichnet hat, hieß Foss. Er lebte die letzten 17 Lebensjahre des Künstlers mit ihm zusammen und wurde oft in Briefen an seine Freunde erwähnt.
Die Briefe und Tagebücher Lears füllen übrigens mehr als dreißig dicke Bände.
»Wie angenehm, Herrn Lear zu kennen«, so beginnt eines seiner persönlichen kleinen Gedichte, das er für ein kleines Mädchen schrieb, welches ihm gegenüber die
schmeichlerischen Worte eines jungen Freundes zitiert hatte.
Aber das ist wohl eine Untertreibung. Es ist mehr als angenehm, ihn zu kennen. Es ist eine Wonne für diejenigen, die ihn längst kennen, und eine sensationelle Entdeckung für alle, die das Vergnügen bisher noch nicht hatten.
Eine Kritik auf der ersten Seite der ›New York Times‹
bespricht eine 1995 erschienene Biografie dieses Königs Lear und erweckt dabei auch Foss zu neuem Leben. Die zuerst in einem Brief aus dem Jahre 1883 »mit wenigen kratzigen Strichen« skizzierte Katze verfolgt ihren verdutzten, dickbäuchigen Gefährten, der seine Brille verliert. Eine weitere der vielen Foss-Skizzen in einem anderen Brief zeigt den Kater im biblischen Alter von 16 Jahren, wie er sich an seinen ältlichen Herrn heranpirscht und schon zum Sprung ansetzt. Er sieht viel fitter aus als Lear, der nur drei Beine hatte – seine beiden eigenen dürren plus einen Spazierstock. Aber Foss ist auch keine Schönheit, ein schlichter getigerter Kater, der nie einen Preis gewonnen hat und nur sehr wenig Schwanz aufzuweisen hatte.
Lear war das zwanzigste von 21 Kindern und wurde in einem Ort geboren, der damals noch ein Dorf in der Nähe von London war, doch bald von der rasch wachsenden Stadt geschluckt wurde. Sein Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann, verlor aber sein ganzes Vermögen, als Lear vier Jahre alt war. Die große Familie wurde in alle Winde zerstreut. Der Junge wurde von einer älteren Schwester großgezogen, die er als seine Mutter betrachtete. Er war einsam und schüchtern und litt an Asthma und Epilepsie. Lear genoss wenig formale Schulbildung und verbrachte seine Kindheit damit, Gedichte zu schreiben und Vögel, Blumen und Muscheln zu zeichnen.
Als Teenager begann Lear, Skizzen und Gemälde von Vögeln und Pflanzen anzufertigen. Mit zwanzig Jahren brachte er eine Monografie heraus, deren Abbildungen von Papageien man damals für mindestens so gelungen hielt wie die Illustrationen von Audubon.
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