Charade - Bittersueßes Spiel
Bett. Andy fragt mich ungefähr eine Millionen Mal, was los ist, aber ich antworte ihr nicht. Ich wüsste nicht, wie ich mein Verhalten erklären sollte, selbst wenn ich wollte. Und das tue ich nicht. Nicht ihr gegenüber und auch nicht vor Colt. Aus genau diesem Grund bereue ich, was ich zu ihm gesagt habe.
Mit Gregory war ich zwei Jahre zusammen, doch nicht mal er kennt diese Seite an mir. Er hat nie gesehen, wie ich zusammenbreche, kannte nie meine wahren Gefühle. Ich war gut darin, dieses Spiel zu spielen.
Colt gegenüber habe ich meine Abwehr bröckeln lassen, und ich hasse diese Tatsache.
Ich will vergessen. Das ist alles. Die Dinge sind ohnehin nie, wie sie scheinen. Die letzten zehn Jahre meines Lebens waren nichts weiter als eine Farce, der ich zu viel Kontrolle über mich gegeben habe. Ebenso, wie meine Beziehung mit Gregory eine Farce gewesen ist. Ich werde meine Fehler nicht wiederholen.
Meine Augen brennen, weil ich nicht schlafen kann. Die Dunkelheit mochte ich nie besonders, aber jetzt verabscheue ich sie. War es bei ihr auch dunkel? Ist sie sofort gestorben? Hat …
Stopp!
Ich blicke in den Spiegel und trage weiter Eyeliner auf.
»Wie geht es dir? Gibt’s etwas Neues über Freund Nummer zwei?«, fragt Andy. Diese Frage ist zumindest besser, als all die von Samstag und Sonntag.
Ich zwinge mich zu einem Lächeln; eines der wenigen Dinge, die ich kontrollieren kann. »Nein, Colt und ich haben Schluss gemacht.«
»Schade. Er ist heiß. Viel heißer, als der andere Typ.«
Meine Haut kribbelt plötzlich, als ich mich an das Gefühl seiner Hände auf mir erinnere. An das Gefühl seines Mundes. Es kribbelt bis in meine Zehen, doch dann schiebe ich diese Gedanken beiseite. Er hatte seine Chance.
»Na ja. Er sieht ganz okay aus.«
Andy lacht. »Und du bist eine Lügnerin. Der Kerl sieht besser aus als nur
okay
, und das weißt du.«
»Du solltest mit ihm ausgehen, wenn du ihn so toll findest.«
»Ich bin vergeben, weißt du noch?«
Ja, ich weiß. Keine Ahnung, warum ich das gesagt habe.
Ich drehe mich zu ihr um. »Ist dieses Wochenende irgendwas los? Weißt du was?«
Andy zuckt die Schultern. »Ich weiß nur von einer Party außerhalb des Campus’. Da wollen wir hingehen. Du kannst gern mitkommen, wenn du willst.« Sie zieht ihr Shirt aus und streift sich ein anderes über.
»Ja, das klingt gut. Ich könnte mal wieder etwas Spaß vertragen.« Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei, aber ich ignoriere es auf dieselbe Weise, wie ich das Gefühl ignoriere, das mich überkommt, wenn ich Tante Lily erneut versichere, dass es mir gut geht.
»Cool.« Andy hebt ihre Tasche auf und öffnet die Tür. Sie ist schon halb draußen, als sie sich wieder umdreht und mich ansieht. »Sicher, dass du okay bist? Du lächelst zwar, aber … du hast dich die letzten zwei Nächte im Bett hin und her gewälzt. Wenn du dann doch einschläfst …, weinst du.«
Ich lasse den längst vergessenen Eyeliner in meiner Hand fallen. Innerlich bebe ich. Ich kann fühlen, wie mein Herz ein bisschen mehr zerbricht, aber ich zwinge mich zu einem weiteren Lächeln. »Es ist schon in Ordnung. Ich hatte Streit mit meiner Tante, aber inzwischen ist alles wieder gut.«
Es gibt also zwei Orte, an denen ich mich nicht verstecken kann. Während ich schlafe und bei Colt.
Die nächsten zwei Tage vergehen wie im Nebel. Ich lache, wenn ich soll, und rede, wenn ich muss. Ab und zu lächle ich sogar. Aber nichts davon ist echt.
Lily ruft so oft an, dass ich angefangen habe, sie zu ignorieren.
»Hallo, Chey«, sagt Gregory als unser Kurs vorbei ist.
»Hi.«
Er blinzelt. »Wow! Ich hatte nicht erwartet, dass du so normal sein würdest, wenn ich mit dir rede.«
Ich zucke die Schultern. »Ich bin über uns hinweg.« Während ich ihn ansehe, frage ich mich, warum ich er so viel Einfluss auf mich hatte. Warum unsere Trennung und sein Verrat einen derartigen Effekt auf mich hatten. Ich lag nicht tot im Wald. Ich habe nur einen Freund verloren.
Ich lächle ihn an und gehe weiter.
»Warte!« Er versperrt mir den Weg.
»Ich muss gehen. Sonst komme ich zu spät zum Unterricht.«
Ich gehe allerdings nicht zu einem Kurs. Ich kehre in mein Zimmer zurück und versuche, zu schlafen, bevor Andy wieder auftaucht.
»Hey.« Colt holt zu mir auf, als ich mich auf den Weg zum Café mache.
Mein Herz setzt ein paar Schläge aus. »Hey.« Ich laufe weiter, und er tut dasselbe.
»Ignorierst du alle deine Exfreunde so vehement?«
Er hat gestern ein
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