Charade - Bittersueßes Spiel
unter meiner Matratze hervor und die Decke über meinen Kopf. Sofort muss ich wieder daran denken. Wie jede Nacht, mir die Frage stellen, ob sie wusste, was mit ihr geschehen würde, als sie mich verließ. Ob sie mich verlassen wollte und wie ihre letzten Minuten abliefen.
18. Kapitel
Colt
Ich höre in meinem Kurs noch weniger zu, als ich es sonst tue. Ich bin ohnehin nur hier, weil es Mom wichtig ist, und ich tue nur so viel, um durchzukommen. Glücklicherweise fällt mir die Uni nicht schwer. Ob meine Noten die besten sind? Nein, aber sie sind gut genug, um die Stipendien und finanzielle Hilfe zu bekommen, die ich brauche, um weiter hier eingesperrt zu sein.
Und es funktioniert. Die Professoren haben das Gefühl, sie täten ihren Job. Mom denkt, irgendwann werde ich dieses unglaubliche Leben führen, das sie nie hatte – und das alles wegen eines Stücks Papier, das mir nicht mal ansatzweise einen Job garantieren kann, sobald ich es habe. Es macht sie glücklich, und mich macht es glauben, ich wäre zumindest nicht der nichtsnutzigste Sohn der Welt. Der Plan geht auf – für uns alle.
Heute ist mir allerdings noch weniger danach, hier zu sein, als sonst. Gott, Cheyenne hat sich neulich so gut angefühlt. All die kleinen Lustlaute. Ihr Körper, der sich an meinen presst. Noch immer versuche ich, herauszufinden, warum ich die Bremse gezogen habe. Klar, ihre Mitbewohnerin ist nach Hause gekommen, allerdings ist sie wieder gegangen, und dann gab es nichts, das mich davon hätte abhalten können, zu bleiben und zu beenden, was wir begonnen haben.
Selbst jetzt spüre ich noch das Verlangen, es zu beenden, und zugleich fühle ich mich wie ein Arsch. Wenn ich mit einem Mädchen zusammen bin, tue ich es, um nichts zu empfinden, doch gestern habe ich etwas empfunden, und das gefällt mir nicht. All diese ungewollten Emotionen haben mich dazu gebracht, die Flucht zu ergreifen.
Allerdings wollen wir es beide. Wollen es so sehr, dass mir meine Schuldgefühle noch alberner erscheinen.
Als der Kurs vorbei ist, schnappe ich mir meine Sachen und mache mich auf den Weg nach draußen. Mein Auto funktioniert im Moment wieder, also gehe ich zum Parkplatz, steige ein, drehe die Zündung, aber fahre nicht los.
Ich habe keine Ahnung, warum zur Hölle ich hier sitze und mein Handy in meiner Hand hin und her drehe. Mein Kopf ist voller verwirrender Gedanken, und ich weiß nicht mal, warum, was mich umso wütender macht.
Mein Handy piept. Ich drehe es mit dem Display nach oben und sehe eine SMS von Cheyenne.
Was gibt’s Neues?
Ich warte auf dich
, schreibe ich zurück. Diese Antwort ist nur halb gelogen, und sie klingt gut. Meine Kurse haben heute erst spät begonnen, inzwischen ist es bereits nach drei. Ihren Stundenplan kenne ich nicht. Soweit ich weiß, ist sie nicht mal auf dem Campus.
Ich habe noch eine Stunde … Danach?
Mein Puls zieht an, als wäre ich ein Sechzehnjähriger, der kurz davor ist, zum ersten Mal Sex zu haben.
Wir treffen uns vor deinem Wohnheim
.
Mehr schreibe ich nicht, danach fahre ich wahllos durch die Gegend, als hätte ich irgendeinen Grund, auf sie zu warten, obwohl sie selbst fahren könnte.
Als sie eine Stunde später auf mich zukommt, lehne ich an meinem Wagen und warte auf sie. Sie ist wieder in die Rolle der öffentlichen Cheyenne geschlüpft: enge Jeans, die wahrscheinlich mehr gekostet haben als meine gesamte Garderobe, und ein Shirt, das großzügig ausgeschnitten ist, sodass man einen netten Blick auf den Ansatz ihrer Brüste erhaschen kann.
»Kommst du mit zu mir?«, frage ich und verschränke die Arme.
»Ist das eine Einladung?«, fragt sie zurück und tut es mir nach.
Ich halte das Lächeln zurück, ich kann es nicht leiden, es ihretwegen so oft tun zu wollen. »Das habe ich gerade gemacht.«
Sie verdreht die Augen. »Ich hätte es schon geschafft, zu dir nach Hause zu finden.«
Da ich nicht weiß, wie ich darauf antworten soll, ohne wie ein Idiot zu wirken, zucke ich bloß die Achseln.
»Du machst mich verrückt«, sagt sie, während sie zur Beifahrerseite meines Autos marschiert. Ich steige ebenfalls ein, dann fahren wir los.
Wir sind noch keine zwei Minuten unterwegs, als ihr Telefon läutet. Aus dem Augenwinkel beobachte ich Cheyenne, wie sie die Stummtaste drückt.
»Hast du Hunger?«, frage ich.
»Ja, eigentlich schon.«
»Wir können durch den Drive-In fahren.«
Erneut läutet ihr Handy. Sie lässt es verstummen.
Nachdem wir uns unser Essen geholt haben, piept ihr
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