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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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entscheiden solle, um angesichts der Krankheit ihres Mannes ein eigenes Einkommen zu haben. Bei dieser Gelegenheit kam es zu einem langen, vertraulichen Gespräch zwischen den beiden. Danach begab er sich wieder in das Chalet, das er im Sommer als Arbeitsort bevorzugte. Dorthin ging er auch am frühen Nachmittag des 8. Juni, um das letzte Kapitel der sechsten Nummer des Romans abzuschließen. Am Abend dieses Tages erlitt er beim Dinner einen Schlaganfall und starb am darauf folgenden Morgen, ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen. Sein Tod fiel auf den gleichen Tag, an dem er fünf Jahre zuvor unverletzt das Eisenbahnunglück überlebt hatte.
    Als letzte Ruhestätte hatte sich Dickens ein einfaches Grab auf dem Friedhof der Kathedrale von Rochester gewünscht, wo das Domkapitel bereits eine Grabstelle für ihn bereithielt. Doch als der Dean of Westminster darauf drängte, den Dichter dort zu beerdigen, wo diegrößten Künstler und Dichter der Nation lagen, nämlich in der Westminster-Abtei, konnte die Familie dies schlecht ablehnen. Dort wurde Dickens am 14. Juni im engsten Familienkreis – so hatte er es testamentarisch verfügt – zu Grabe getragen. Doch da Tausende von dem berühmtesten Autor seiner Zeit Abschied nehmen wollten, entschied der Dean, dass das Grab noch für zwei Tage geöffnet bleiben sollte, damit seine Verehrer sich mit einem letzten Gruß von ihm verabschieden konnten. Die Grabstelle befindet sich gegenüber der von Shakespeare, Chaucer und Dryden und in unmittelbarer Nähe zu der des großen Schauspielers David Garrick. Angemessener hätte der Ort seiner letzten Ruhe nicht sein können. Bei der Wahl des Begräbnisortes hatte man sich über Dickens’ Wunsch hinweggesetzt; doch beim Text auf seinem Grabmal hielt man sich daran. Es sollte nur sein Name, ohne «Mr.» oder «Esq.», darauf stehen; und so liest man dort außer seinem Namen nur das Geburts- und Sterbedatum:
    «Der leere Stuhl». Aquarell von Luke Fildes.
    CHARLES DICKENS.
Geboren am 7. Februar 1812. Gestorben am 9. Juni 1870.
    Sein Vater hatte sich noch bei der Geburtsanzeige des Sohnes als Esq. bezeichnet; der berühmte Sohn, der den Aufstieg in die Gentry tatsächlichgeschafft hatte, wollte diese Klassenbezeichnung nicht mehr hinter seinem Namen haben.
    «Der leere Stuhl» in der Zeitschrift
Judy
vom 22. Juni 1870.
    Unmittelbar nach Dickens’ Tod schuf Luke Fildes ein Aquarell, das den leeren Stuhl in Dickens’ Arbeitszimmer zeigt. Das Bild, das im selben Jahr als Stich in der Weihnachtsausgabe der Zeitschrift
The Graphic
erschien, wurde bald zu einer Dickens-Ikone und ist seitdem ebenso oft reproduziert worden wie das später entstandene Aquarell
Dickens’ Traum
von Robert William Buss, das den Dichter auf eben diesem Stuhl sitzend zeigt, umschwirrt von den bekanntesten Illustrationen aus seinen Romanen. Ebenso bekannt wurde eine andere Zeichnung, die bereits zwei Wochen nach Dickens’ Tod in der satirischen Zeitschrift
Judy
erschienen war und die Motive der beiden zuvor genannten zusammenfassend vorwegnahm.
     
Das Geheimnis um Edwin Drood
    In seinem letzten Roman, von dem nur die Hälfte fertig wurde, bekennt sich Dickens offen zur Form des Detektivromans, die er seit
Oliver Twist
mit zunehmender Deutlichkeit seinen Plots unterlegte. Außer dem Detektivischen weist der Roman aber auch die übrigen typischen Elemente der früheren Werke auf. Der größere Teil der Handlung spielt im Schatten der Kathedrale von Cloisterham, die mit allen Attributen des Gefängnishaften beschrieben wird. Mit der Nennung der Kathedrale setzt die Ouvertüre ein, geht dann aber in das Bild einer Opiumhöhle über, die durch Hinweise auf das Hafenmilieu dem Wasserbereich zugeordnet ist. Im Wasser wird später nach dem Verschwinden Edwin Droods seine Uhr hinter dem Stauwehr des Flusses Weir gefunden.
    Noch weniger zu übersehen ist das Erbschaftsmotiv, das von Anfang an im Zentrum der Handlung steht; denn der früh verwaiste Titelheld wuchs in dem Glauben auf, dass sein Vater und dessen bester Freund testamentarisch verfügt hätten, ihre Kinder miteinander zu verheiraten. Das mutet wie die Neuauflage des John Harmon/Bella Wilfer-Problems aus
Unser gemeinsamer Freund
an. Allerdings erfährt Edwin, nachdem er volljährig geworden ist, dass seine Ehe mit Rosa von den wohlmeinenden Eltern nur erhofft, aber nicht zur Bedingung der Erbschaft gemacht wurde. Trotzdem haben Edwin und Rosa das Gefühl, dass ihnen durch das Testament der Eltern die

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