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Charles Dickens

Charles Dickens

Titel: Charles Dickens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Dieter Gelfert
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sich die ständigen An- und Abreisen von Gad’s Hill zu ersparen. Außerdem war es für ihn von London aus leichter, schnell einmal mit dem Zug zu Nelly nach Peckham zu fahren. Am 9. März kam es zur ersten und zugleich letzten ganz persönlichen Begegnung des berühmten Dichters mit Königin Viktoria, als diese ihn im Buckingham-Palast empfing. Die Audienz war für Dickens eine schmerzhafte Ehre; denn aus Gründen der Etikette musste er die neunMinuten trotz seines schmerzenden Fußes stehend vor der Königin verbringen. Danach gab er am 15. März seine letzte öffentliche Lesung.
    Mit dem Roman war er bis dahin gut vorangekommen. Nachdem mit Chapman & Hall seit dem vorangegangenen Herbst alles abgesprochen war, hatte er am 2. Februar den Vertrag unterzeichnet. Das Original des Dokuments ist nicht erhalten, aber man weiß, dass Dickens bei einer Mindestauflage von 25.000 ein Honorar von 7500 Pfund garantiert wurde. Vorher hatte er bereits ein Angebot des amerikanischen Verlagshauses Harper & Brüder angenommen, die ihm 2000 Pfund für das Übersenden der Druckfahnen boten. Dabei hatte er allerdings vergessen, dass er dies bereits drei Jahre zuvor vertraglich Ticknor & Fields zugesichert hatte. Das führte zu längeren Misshelligkeiten, die zuletzt juristisch geklärt werden mussten. Am 31. März erschien dann wie geplant die erste Nummer des Romans. Er versprach ein großer Erfolg zu werden; denn sogleich waren 50.000 Exemplare verkauft. Die Kritik sah darin eine Rückkehr zu Dickens’ früherem Stil und begrüßte den humoristischen Ton. Danach hatte Dickens trotz des langen Vorlaufs Mühe, seinen weiteren Zeitplan einzuhalten.
    Am 25. April erreichte ihn die Nachricht vom Tode seines alten Freundes Maclise. Obwohl sich der einst so lebhafte Maler zuletzt ganz von seinen Freunden zurückgezogen hatte, war Dickens tief betroffen und hielt ihm eine rühmende Nachrede auf dem Gedenkbankett der Royal Academy. Früher hatte er sich durch solche öffentlichen Auftritte in seiner Prominenz bestätigt gefühlt. Jetzt wurden sie ihm lästig, und er sehnte sich danach, in ungestörter Ruhe zu Hause an seinem Roman arbeiten zu können. Dennoch genoss er die Ehre, Anfang Mai zum Frühstück bei Premierminister Gladstone eingeladen zu werden. Weitere Einladungen folgten, so bei Lord Stanhope, wo er mit seinem früheren Schriftstellerkollegen Disraeli zusammentraf, der jetzt als konservativer Politiker der große Gegenspieler Gladstones war. Die Teilnahme an einem Ball der Königin am 17. Mai, zu dem er mit seiner Tochter eingeladen war, musste er aber kurz vorher aus gesundheitlichen Gründen absagen. Auch für das Dinner des
General Theatrical Fund
, bei dem der Prince of Wales anwesend war, entschuldigte er sich. Doch als er kurz darauf zu einem Essen bei Lord Houghton in Anwesenheit des Königs von Belgien und des Prince of Wales eingeladen wurde, gab er dem Drängen von Freunden widerwillig nach.
    Dickens bei seiner letzten Lesung. Zeitgenössischer Stich.
    Am Tage seines letzten Treffens mit John Forster, dem 22. Mai, erreichte ihn eine weitere Todesnachricht. Mark Lemon war gestorben, mit dem ihn lange Zeit ein herzliches Verhältnis verbunden hatte. Doch als der Freund während der Trennungsaffäre ein faires Wort zugunsten von Catherine einlegte, war es zu einem lang anhaltenden Bruch gekommen, der erst fünf Jahre später am Totenbett des gemeinsamen Freundes Stanfield förmlich gekittet, aber nie wirklich geheilt worden war. Forster berichtet, dass er sich am Abend mit Dickens über die Todesfälle der letzten Jahre unterhalten habe, wobei dieser sagte: «Und keiner von ihnen älter als sechzig.» Als Forster erwiderte, dass es nicht gut sei, darüber zu reden, habe Dickens geantwortet: «Wir werden dennoch nicht weniger daran denken.» Zur Ahnung, dass auch er dem Tode näher rückte, kam noch die Sorge um seinen jüngsten Sohn, der sich in Australien nicht recht eingewöhnen konnte. Ein Lichtblick war dagegen sein Sohn Henry, der in Cambridge zum zweiten Mal ein Stipendium von 50 Pfund gewonnen hatte, was Dickens seinem Freund Forster voller Stolz mitteilte.
    Dickens auf dem Totenbett. Zeichnung von Sir John Millais.
    Dass sich sein Gesundheitszustand stetig verschlechterte, wurde inzwischen von allen in seiner näheren Umgebung bemerkt. Seine Töchter versuchten ihn von allen Anstrengungen abzuhalten. Am 4. Juni besuchte ihn Katey, die seinen Rat suchte, ob sie sich ernsthaft für die Schauspielerei

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