Charles Dickens
englischer Sprache. Auch zu ihr unterhielt Dickens ein freundschaftliches Verhältnis, und er hatte die beiden öfter bei sich zu Gast.
Edward Bulwer-Lytton. Zeitgenössischer Stich.
In Gore House verkehrte auch Edward Bulwer, der sich ab 1844 Bulwer-Lytton nannte, als er nach dem Tod seiner Mutter den Familiensitz der Lyttons erbte. Der 1803 geborene Autor hatte bereits zahlreiche erfolgreiche Romane und Theaterstücke herausgebracht, war seit 1831 Mitglied des Parlaments und hatte dort die
Reform Bill
unterstützt. Neben dem noch heute gelesenen Klassiker
Die letzten Tage von Pompeji
(1834) hatte er mit
Paul Clifford
(1830) und
Eugene Aram
(1832) zwei Romane geschrieben, die im Gefängnismilieu spielen und einen Romantypus begründeten, der später nach dem Londoner Strafgefängnis als
Newgate novel
bezeichnet wurde. Dickens hatte den schonberühmten älteren Kollegen bereits früher kennengelernt und schätzte ihn sehr, was beim Autor von
Oliver Twist
nicht verwundern kann.
Miss Angela Burdett-Coutts. Zeitgenössischer Stich.
Verwunderlicher ist aber, dass aus der Bekanntschaft erst in den 1850er Jahren eine tiefe Freundschaft wurde. Man gewinnt den Eindruck, dass sich Dickens vor allem um die Freundschaft solcher Künstler und Autoren bemühte, die nicht auf seinem eigenen Felde tätig waren. Das galt für die Essayisten Landor und Carlyle, für den Lyriker Tennyson und für den Schauspieler Macready. Den unmittelbaren Konkurrenten wie Thackeray und Bulwer-Lytton gegenüber hielt er erst einmal Distanz, bis sich seine eigene Kunst und auch sein Ansehen soweit gefestigt hatten, dass er sich als Herr in seinem Revier fühlen konnte.
Eine andere bedeutende Persönlichkeit, die Dickens bereits 1839 kennengelernt hatte und mit der ihn danach zwanzig Jahre lang eine enge Freundschaft verband, war Angela Burdett-Coutts (1814–1906), die durch zwei Erbschaften zur zweitreichsten Frau nach Königin Viktoriageworden war und danach beschlossen hatte, ihren Reichtum für wohltätige Zwecke einzusetzen, wofür sie Dickens um Rat und Mithilfe bat. Miss Coutts war eine ungewöhnliche Frau, die als die bedeutendste Philanthropin in die englische Geschichte einging und zuletzt sogar mit der Peerswürde geadelt wurde. Dabei gab es in ihrem Leben Dinge, die zu einem Muster an viktorianischer Moral kaum zu passen scheinen. Ab 1826 lebte sie mit ihrer Gouvernante Hannah Meredith, die 1844 Dr. William Brown heiratete, 52 Jahre lang jeden Sommer wie in einer Ehe zusammen. Später machte sie nach Aussage von Zeitzeugen dem 78-jährigen Herzog von Wellington, dem Sieger von Waterloo, einen Heiratsantrag, den dieser dezent zurückwies. Drei Jahre nach dem Tode Hannahs – «Liebling, Gefährtin und Sonnenschein meines Lebens» – heiratete sie als 67-Jährige ihren 29 Jahre alten Sekretär, einen gebürtigen Amerikaner, der Mitglied des englischen Parlaments geworden war. Die Frau, die solch extravagante Lebensstationen durchlief, war trotzdem eine bibeltreue Christin von untadliger Moral. Für Dickens war sie lange Zeit neben Carlyle der zweite Leitstern, an dem er seine politische und soziale Einstellung orientierte.
Neben den gesellschaftlichen Aktivitäten widmete sich Dickens intensiv der geplanten Wochenzeitschrift, für die er die ersten drei Nummern bereits im Februar fertig hatte, obwohl der Vertrag mit Chapman & Hall erst am 31. März abgeschlossen wurde. Auf der Suche nach einem neugierig machenden Titel entschied man sich für
Master Humphrey’s Clock
. Die Grundidee war, dass eine Gruppe einsamer Männer sich bei Master Humphrey, einem verkrüppelten alten Mann, am Kaminfeuer regelmäßig treffen sollte, um sich dort aus Manuskripten von Geschichten, Briefen, Essays und Skizzen vorzulesen, die sich in Humphreys Standuhr befinden. Der Vertrag sah vor, dass Dickens für jedes Heft ein Honorar von 50 Pfund und darüber hinaus 50 Prozent vom Reingewinn der Zeitschrift erhalten sollte. Die erste Nummer kam bereits am 4. April heraus und erreichte auf einen Schlag eine Auflage von 70.000. Die Nachricht erreichte Dickens in Birmingham, wohin er mit seiner Frau für vier Tage gereist war, weil sich in ihm der Aberglaube festgesetzt hatte, dass er beim Start einer neuen Zeitschrift nicht am Erscheinungsort sein dürfe. Die Erfolgsmeldung, die ihm Forster überbrachte, machte ihn euphorisch, und er rechnete sich bei gleichbleibendem Absatz bereits Jahreseinkünfte von 10.000 Pfund aus.Anders als bei Bentleys monatlich
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