Charlie + Leo
Feuerwehrmänner gerade fertig waren, kam Papa Saxofon spielend aus seinem Zimmer und hat sie erst mal gefragt, ob ihnen das Lied gefällt. Mann, die müssen vielleicht dämlich geguckt haben. Schade, dass ich das nicht gesehen habe, da war ich gerade in der Schule. Aber wenn ich zu Hause gewesen wäre, wäre das gar nicht erst passiert, dann hätte ja ich gebügelt. Was ich selbstverständlich auch heute tun werd e – Haustüren sind nämlich ganz schön teuer.
»Nein!«, rufe ich meinem Vater schnell hinterher. »Lass mal! Das mache ich schon!«
»Aber ich kann das auch machen!«, ruft er zurück.
»Nein, ich mach das!«, erwidere ich energisch. »Du hast nur noch das eine blaue Hemd. Wann musst du weg?«
»Ich muss um acht da sein, glaube ich.«
»Dann musst du so um Viertel nach sieben los«, sage ich. »Bis dahin hab ich das erledigt, kein Problem. Okay?«
»Wie du willst«, sagt er, zuckt mit den Schultern und geht wieder raus.
Na, endlich. Ich werfe kurz einen Blick auf die Uhr. Noch zwei Stunden, bis das Hemd gebügelt sein muss. Ein Bild sollte ich vorher noch schaffen, also an die Arbeit. Aber vorher noch mal ganz kurz auf »Senden/Empfangen« klicken. Könnte ja sein. Ist aber nicht so. Mist. Und das bleibt auch die nächsten zwei Stunden so, bis ich schließlich das Hemd gebügelt habe und mit meinem Vater auf dem Flur stehe.
»Hast du alles?«, frage ich.
»Glaub schon«, sagt mein Vater und nickt.
»Dein Handy? Geld für die S-Bahn? Frisches Hemd zum Wechseln?«
»Oh, das hab ich vergessen!«
»Na, dann hol schnell noch eins.«
Wie gesagt, manchmal weiß ich echt nicht so genau, wer hier der Vater und wer der Sohn ist. In den meisten anderen Familien wäre dieses Gespräch mit Sicherheit genau andersrum verlaufen. Aber bei uns bin ich eben derjenige, der den Überblick hat und an alles denken muss. An ein frisches Hemd zum Wechseln nach dem Auftritt zum Beispiel.
Mein Vater spielt jeden Dienstagabend im Kempinski und jeden Donnerstag im Jazzkeller, jeweils mit verschiedenen Musikern. Ein festes Engagement, die einzig regelmäßige Einnahmequelle, unser tägliches Brot quasi. Zwischendurch kriegt er manchmal Jobs als Studiomusiker, das wird sehr gut bezahlt, macht ihm aber nicht so viel Spaß, weil er da spielen muss, was ihm vorgeschrieben wird, und darauf steht er gar nicht.
Als Musiker ist er echt Weltklasse, zumindest in Deutschland, da gibt es nicht viele, die so gut sind wie er. Manchmal wünschte ich mir, er wäre im normalen Leben genauso gut wie als Musiker, das würde mir einiges leichter machen.
Aber im Großen und Ganzen ist schon alles okay so, ich habe mich längst daran gewöhnt, ihn an alles Mögliche erinnern zu müssen.
»Okay, Hemd hab ich«, sagt er, als er aus seinem Zimmer zurückkommt.
Er stopft ein Hemd in seinen Saxofonkoffer.
»Hast du auch genug Geld für ein Taxi?«, will ich wissen. »Falls es wieder sehr spät wird und du die letzte S-Bahn verpasst.«
So wie letzte Woche, als ich um drei Uhr nachts von der Türklingel geweckt wurde. Da hatte er nicht nur das Geld fürs Taxi, sondern auch noch seinen Schlüssel vergessen. Oh, apropos: »Hast du deinen Schlüssel?«
Er kramt in seiner Hosentasche herum und zieht klimpernd seinen Schlüsselbund hervor.
»Okay«, sage ich zufrieden. »Du musst los, sonst verpasst du noch die S-Bahn.«
»Alles klar. Und du bist um zehn im Bett, verstanden? Spätestens. Morgen ist schließlich Schule. Oder? Was für ein Tag ist heute?«
»Dienstag, Papa«, stöhne ich. »Es ist immer noch Dienstag, sonst wärst du ja nicht gerade auf dem Weg ins Kempinski.«
»Stimmt, Dienstag«, sagt er und nickt. »Also ist morgen Schule und du bist um zehn im Bett. Ist das klar? Ich verlass mich drauf!«
Gott, er ist ja so niedlich, wenn er alle Schaltjahre mal versucht, einen auf autoritär zu machen. Dabei weiß er ganz genau, dass ich ins Bett gehe, wann ich will, selbst wenn er zu Hause ist. Aber wenn ich für ihn den pubertierenden Sohn spielen soll, das kann er gern haben.
»Och, menno!«, erwidere ich quengelnd. »Um zehn schon? Kann ich nicht noch bis elf fernsehen? Bitte, bitte, bitte!«
Mein Vater grinst mich an und zwinkert mir zu.
»Verarschen kann ich mich allein«, sagt er.
Okay, er hat’s gemerkt. Blöd ist er ja nicht, nur manchmal ein bisschen verwirrt.
»Das stimmt«, sage ich und zwinkere zurück. »Aber wenn ich das mache, ist es meistens lustiger. Jetzt aber los, sonst verpasst du echt noch die
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